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Belletristik
Buch Leseprobe Neues von Gut Birkenfeld, Martina Sein
Martina Sein

Neues von Gut Birkenfeld


Alles neu macht der Sommer

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„Guten Morgen zusammen“, grüßte Tanja Allenfels fröhlich, als sie die Küche betrat. Es war Sonntag, und sie hatte beim Hauptmann übernachtet, was in letzter Zeit immer häufiger vorkam. Kerstin half bereits Tanta Frieda dabei, das Frühstück herzurichten. Die schlug vor: „Was haltet ihr denn davon, wenn wir heute auf der Terrasse essen?“ „Eine Menge“, rief Kerstin sofort aus. Endlich hatte der Sommer Einzug in der Lüneburger Heide gehalten. Da musste man doch jede freie Minute draußen verbringen. Zumindest fand Kerstin das. Gemeinsam trugen sie alles hinaus. Da kam auch schon der Hauptmann von seiner täglichen Joggingrunde nach Hause. „Ach, Frühstück draußen?“, fragte er. Tanja gab ihm einen Kuss und strahlte ihn an: „Na klar! Draußen sein zu können muss man doch jetzt echt ausnutzen.“ „Als wenn wir in unserem Beruf nicht genug draußen wären“, brummte der Hauptmann, womit er nicht Unrecht hatte. Sowohl er als auch Tanja waren Reitlehrer beziehungsweise Trainer von ambitionierten Turnierreitern. Sie verbrachten viel Zeit auf den Plätzen von Gut Birkenfeld, um ihre Schützlinge auf deren nächste Prüfungen vorzubereiten. Kerstin lachte: „Man kann nie zu viel draußen sein, sondern nur zu wenig.“ „Siehst du?“, merkte Tanja auf. „Deine Tochter ist auch ganz meiner Meinung.“ „Ich habe mir eindeutig zu viele Frauen in mein Haus geholt“, knurrte der Hauptmann und hörte sich dabei wie ein wütender Dobermann an. Er hatte unter seinen Schülern den Ruf, mit militärischem Drill zu arbeiten und vermutlich stramm liegend zu schlafen. Dass es durchaus hinter dieser Fassade einen Menschen mit Gefühl und Herz gab, konnten sich viele nicht vorstellen. Dennoch war es so. Allerdings versuchte der Hauptmann auch, diesen Umstand mit allen Mitteln zu verbergen. Als alle gemeinsam an dem viereckigen Gartentisch saßen, wandte Tanja sich an Kerstin: „Ich habe mir deine Bounty gestern einmal genauer angeschaut. Sie ist ziemlich zusammengefallen.“ „Das sehe ich auch“, gab Kerstin zu. „Ich füttere doch schon, so gut ich nur irgend kann. Was soll ich denn noch machen?“ „Das Fohlen absetzen“, brummte der Hauptmann. Bounty war ein braunes Fellpony und früher im Rücken so breit gewesen, dass sie bequem wie ein Sofa auch ohne Sattel zu reiten war. Im vergangenen Herbst hatte sie jedoch ihr Stutfohlen Buffy bekommen, das aus einem Weideunfall hervorgegangen war. Seitdem baute sie sichtbar an Substanz ab. Die Wirbelsäule, welche früher gar nicht zu sehen war, stand nun zentimeterhoch heraus. „Es gibt doch keine gleichaltrigen Fohlen auf Birkenfeld“, jammerte Kerstin. „Echt doof, dass Buffy im Herbst geboren ist.“ „Ich würde an deiner Stelle einfach mit jemandem aus der Zucht reden. Wenn die Fohlen erst einmal ein Jahr alt sind, wachsen sie nicht mehr so schnell. Vielleicht könntest du Buffy ja zu den jetzigen Jährlingen tun. Die sind doch auch erst im Januar abgesetzt worden“, schlug Tanja vor. Kerstin entgegnete: „Aber die waren schon vorher mit ihren Müttern gemeinsam eine Herde und sind jetzt ein eingeschworenes Team. Ich habe echt Angst, was sie mit Buffy machen könnten, wenn die als Kleinste und Jüngste nachträglich noch dazu kommt.“ „Ich bin sicher, dass es eine Möglichkeit gibt“, beharrte Tanja. „Aber so tust du deiner Bounty wirklich keinen Gefallen. Die muss dringend aufbauen, und um das zu können, darf sie ihre Kraft nicht mehr in die Muttermilch stecken. Da steht dir auch noch einiges an Training für die Muskulatur bevor. Nur mit Ausritten und laufen lassen wird das nichts. Ich helfe dir gerne dabei, wenn du magst.“ „Okay, dann werde ich mich gleich morgen darum kümmern“, gab Kerstin ein wenig zerknirscht zurück. Sie hatte ganz genau gewusst, dass der Tag kommen musste, an dem Buffy nicht mehr bei ihrer Mutter und damit direkt unter Kerstins Obhut stand, doch ihr graute davor. „Warum nicht gleich heute?“, hakte der Hauptmann nach. „Weil Sonntag ist“, gab Kerstin zu bedenken. „Ja und? Die Pferde in der Zucht müssen heute ganz genauso versorgt werden wie an allen anderen Tagen auch. Das ist wie bei den Reitern. Schau einfach dort vorbei! Wenn keiner da ist, mit dem du das ausmachen kannst, dann sagt man dir das schon“, beharrte der Hauptmann. Da klingelte es an der Türe. „Das wird Tobias sein“, meinte Kerstin. „Wir wollen gleich zusammen mit Regina nach Birkenfeld.“ Sie rief nach ihrem Hund Fine. Der Jack Russel Terrier kam in einen extra gepolsterten Fahrradkorb auf dem Gepäckträger von Kerstin und wurde dort gesichert. So ging es ein Stück durch Langeloh bis zum Haus der Familie Dibholtz. Hier wohnte Kerstins beste Freundin Regina. „Was machst du denn für ein Gesicht?“, fragte Tobias, der im Nachbarort wohnte und die Mädchen meistens mit dem Rad abholte. „Tanja hat wieder mit dem Thema Buffy absetzen angefangen, und der Hauptmann macht langsam richtig Druck deswegen. Ich soll mich noch heute in der Zucht erkundigen, wie wir das machen können.“ „Vielleicht solltest du eine Anzeige aufgeben, dass du ein anderes Herbstfohlen suchst. Die beiden könnten doch zusammen stehen. Da wird sich auf dem großen Birkenfeld auch noch ein Plätzchen finden.“ Kerstin wiegte ihren Kopf hin und her. „Zwei Pferde sind keine Herde“, meinte sie schließlich. „Wenn, dann sollte Buffy schon richtig aufwachsen. Ich weiß, dazu hätte sie auch Fohlen zum Spielen gebraucht. Es hilft nichts, ich muss mich nachher einfach erkundigen.“ Zu dritt radelten die Freunde weiter den Radweg, welcher neben der Landstraße verlief, entlang, dann durch Schneverdingen und schließlich über die Birken gesäumte Allee, die zum Gut führte. „Kommen Julia und Jonas auch gleich?“, fragte Tobias. „Hast du wieder einmal nicht in der Gruppe mitgelesen?“, warf Regina ihm vor. „Julia will mit Jens reiten. Der kann aber erst gegen Abend. Dann macht sie auch den Stall, weil sie ja heute dran ist. Wir sind also nur zu viert.“ Da piepte Kerstins Handy. Sie grinste. „Vielleicht hat Julia es sich ja noch anders überlegt.“ Sie rief die Nachricht auf. Die stammte allerdings nicht von ihrer Freundin, sondern von Paula. Kerstin und die anderen hatten sie und ihren Freund Volker an Ostern bei einem Turnier an der Nordsee kennengelernt. „Paula hat geschrieben“, verkündete Kerstin nun. „Und? Was gibt es bei ihr Neues?“, wollte Tobias wissen. „Sie fragt, ob wir uns nach zwei freien Stellplätzen in der dritten Juliwoche erkundigen können“, gab Kerstin weiter. Regina horchte auf. „Soll das heißen, dass sie uns wirklich besuchen kommen wollen? Das wäre ja klasse.“ Sarkastisch gab Kerstin zurück: „Nein, sie wollen bestimmt nur zwei Zwergelefanten hier parken.“ Künstlich beleidigt zog Regina ein saures Gesicht. Dafür hellte sich das von Kerstin auf. „Sie wollen wirklich herkommen! Ich hätte nicht gedacht, dass sie das ernst meinen.“ „Warum denn nicht?“, fragte Tobias. „Schließlich haben sie ihren Aufenthalt damals auch für uns verlängert, um den Tagesritt durchs Watt mitzumachen.“ „Das wird cool!“, freute Regina sich weiter. „Wie lange kommen sie denn?“ „Nur die eine Woche“, antwortete Kerstin. „An dem Wochenende gehen sie ein Turnier hier in der Nähe und wollen anschließend mitkommen“, berichtete Kerstin. „Moment mal! Da sind wir doch auch dabei.“ Tobias dachte kurz nach. „Klar! Das ist ja perfekt. So können sie uns direkt hinterherfahren.“ „Holst du gleich Mary Lou oder kommst du erst noch mit zu uns hinter?“, erkundigte Kerstin sich. „Lasst uns als Erstes reiten!“, schlug Tobias vor. „Ich hole euch mit Mary Lou dann ab. Gehen wir auf die Geländestrecke?“ „Dann sollte ich aber nicht Bounty, sondern lieber Gloria nehmen“, dachte Kerstin laut nach. „Eigentlich war ich jetzt auf Ausritt eingestellt.“ „Auch wieder wahr. Wenn wir schon an einem Sonntag kein Turnier gehen, dann können wir es uns und den Pferden auch gutgehen lassen. Okay, dann vielleicht doch eher Heide“, schlussfolgerte Tobias. „Wir holen dich ab“, bestimmte Regina und wandte sich zum Gehen. Kerstin folgte ihr. Sie freute sich darauf, Bounty und Buffy gleich zu sehen. Zur Überraschung der Mädchen war Jonas bereits da und putzte Valentino. Als er die beiden Freundinnen kommen sah, meinte er: „Könnt ihr euch bitte mal den Sattel von Valentino anschauen? Ich habe so das Gefühl, der passt nicht mehr.“ „Willkommen im Club“, gab Kerstin zurück. „Das geht mir mit Bounty genauso.“ „Nur mit dem Unterschied, dass sie wieder zunehmen wird, während Valentino eher noch mehr Gewicht verlieren soll“, gab Regina zu bedenken. Valentino war ein Palomino, der – so unglaublich das klingt – auf Birkenfeld ausgesetzt worden war. Jonas hatte seine Eltern überredet, dass er den Wallach behalten durfte. Der war massiv übergewichtig gewesen und hatte inzwischen eine halbwegs ansehnliche Pferdefigur bekommen, wobei er immer noch als recht moppelig durchging. „Weißt du was?“, meinte Kerstin. „Wir fragen Ingrid. Die ist doch als Pferdephysio mit so etwas ganz gut vertraut. Sicher ist sie kein Sattler, aber beurteilen, ob ein Sattel vielleicht gar nicht mehr geht, kann sie bestimmt.“ „Heute am Sonntag?“, zweifelte Jonas. „Herr Stroo ist zwar nicht da, aber bestimmt kümmert Ingrid sich um ihre eigenen Pferde“, gab Kerstin zu bedenken. Bald darauf führten die drei ihre Pferde zum Hauptstall. Dort sah Kerstin gleich nach, ob Ingrid vielleicht da war. Semper und Herzblatt waren allerdings auf der Koppel und von ihrer Besitzerin weit und breit nichts zu sehen. Also machten sie zunächst ihren Ausritt. Bounty lief nicht mehr so frei und entspannt, wie das früher der Fall gewesen war. Ob sich Valentino genauso anfühlte, konnte Kerstin im Moment nicht beurteilen. Sie ließen es jedenfalls recht ruhig angehen. Buffy war als Handpferd mit dabei, was Kerstin sonst jedoch nicht vom Traben und Galoppieren abhielt. Heute war es vielmehr die Sorge um die Sättel und auch die Hitze, welche man noch gar nicht gewohnt war. Als die kleine Gruppe zurückkehrte, führte Ingrid tatsächlich gerade ihre Pferde über den Parkplatz. Kerstin parierte Bounty zum Stand durch und sprach die Physiotherapeutin an: „Hi Ingrid. Wir hätten da ein Attentat auf dich vor. Könntest du dir vielleicht einmal anschauen, ob die Sättel von Bounty und Valentino noch passen?“ „Klar, das mache ich gerne. Kommt ihr gerade oder geht ihr erst noch?“ „Wir haben unsere Runde schon gedreht“, antwortete Kerstin. „Dann ist das ja perfekt. Ich schmeiße meine beiden schnell in ihre Boxen und komme mit zu euch. So kann ich gleich den Abdruck sehen“, erklärte Ingrid. Kurz darauf nahmen Kerstin und Jonas ihren Pferden die Sattel ab. Ingrid zeigte ihnen, was ihr auffiel: „Hier liegt der Sattel bei Valentino überhaupt nicht auf. Dafür drückt er an dieser Stelle etwas. So kann er unmöglich Muskeln aufbauen.“ Dann wandte sie sich Bounty zu: „Die Wirbelsäule hat nicht mehr genügend Freiheit, und die Auflagefläche ist auch viel zu wenig. Die ist nur punktuell. Da würde ich bei Bounty aber erst einmal mit einem Korrekturpad arbeiten. Sie soll ja schließlich wieder aufbauen, wenn das Fohlen abgesetzt ist. Frag am besten bei Frau Lange im Laden! Die weiß dann schon, was du brauchst.“ „Geht so etwas bei Valentino auch?“, erkundigte Jonas sich. Ingrid schüttelte den Kopf. „Nein, ich fürchte, für den brauchst du einen anderen Sattel.“ „Macht das jetzt überhaupt Sinn, wenn er eh noch weiter abnehmen soll?“, hakte Jonas nach. „In so einem Fall würde ich tatsächlich zu einem Sattel raten, den man entweder verstellen kann oder der sich sogar selbst anpasst. Ich gebe dir da die Telefonnummer und Webseite von jemandem, der so etwas vertreibt“, versprach Ingrid. „Okay, dann fahre ich morgen gleich bei Julias Mutter vorbei“, beschloss Kerstin. „Und ich gehe noch heute zur Zucht, damit ich Buffy absetzen kann. Mir tut Bounty ja auch schon richtig leid. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass sie jemals so aussehen würde.“ „Man unterschätzt das, wie sehr ein Fohlen die Mutterstute auszehren kann“, stimmte Ingrid zu. „Ich denke auch, dass es höchste Zeit ist, die Kleine auf eigene Beine zu stellen. Viel Erfolg dabei!


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