Das Essen schmeckte vorzüglich. Ben störte die Vorgabe seines neuen Freundes nicht, fleischlos zu kochen, zumal er es liebte, sich in der geräumigen Küche des Schriftstellers nach Lust und Laune auszutoben. „Es ist nicht gut zu töten, um zu leben.“ Servaes trocknete seine Mundwinkel mit einer Stoffserviette. „Ich bin aus diesem Grund schon lange Vegetarier. Leid zufügen, erzeugt Leid an dir selbst.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Karen deswegen so verzweifelt war, weil sie gerne Lamm gegessen hat.“, warf Ben ein. Er stand auf, ging auf den Balkon der Dachgeschosswohnung und zündete sich eine Zigarette an. Servaes folgte ihm.
„Wohl nicht.“, bestätigte dieser, „Die sieben Armeen Maras, Buddhas Versuchers, sind vielschichtig und kraftvoll. Sieh dich mal an. Du bist getrieben von Süchten, von Begierden. Du hast Verlangen nach einer Zigarette, gibst sofort nach.“
„Ich könnte aufhören.“
„Dann willst du wieder irgendetwas anderes konsumieren oder begibst dich in eine Aktivität, die dir Lust bereitet.“
„Ich sehe darin keinen Fehler.“ Ben horchte auf.
Servaes sprach weiter, ruhig aber bestimmt. „Du läufst immer Reizen hinterher. Wenn du sie nicht erreichst, leidest du oder suchst dir Alternativen. Du wirst gelebt von deinen Trieben oder triffst Entscheidungen, von denen du glaubst, sie wären deine eigenen.“
„Meine Triebe bereiten mir Genuss. Wofür sind wir Menschen mit Sinnen geboren, wenn wir uns nicht daran erfreuen sollen?“
„Um die Sinne zum rechten Erkennen und Handeln einzusetzen. Um zu lernen, dass vergängliche Genüsse nicht unser Ziel sind. Unser Verlangen wird immer wieder erwachen, unerfüllt bleiben. Du suchst stets nach mehr, nach anderen Befriedigungen. Du erhältst sie nicht, deine Sehnsucht wird nie gestillt. Und dann leidest du. Du verlierst einen geliebten Menschen. Du kannst ihn nicht halten. Er ist nicht dein. Und du leidest. Dieses Spiel geht endlos weiter und kann nur durch Erkenntnis, meditative Versenkung und rechtes Handeln beendet werden.“
Servaes sah Ben prüfend an.
Dieser wusste aus einschlägigen Büchern um die buddhistische Auffassung, dass Leid aus Begierden und Abneigungen entstehe. „In der Meditation gelingt mir die Befreiung von Wünschen ganz gut.“, antwortete Ben augenzwinkernd. „Doch im Alltag duften Frauenhaare zu verführerisch.“ Er wusste um die enthaltsame Lebensweise seines italienischen Freundes.
„Sex ist genauso zerstörerisch, wenn wir ihm verfallen sind. Glaub mir,“ Servaes blickte wie abwesend in die Ferne. „selbst der schönste Orgasmus wird schal, wenn man ihn wiederholt sucht. Er wird erzwungen und schmerzt. Auch dieses Glück ist nicht bleibend.“
Dass sexueller Stau ziemlich versklaven kann hatte Ben oft genug an sich erfahren. Nicht nur einmal hatte er onaniert, unter Druck und mit Hilfe irgendwelcher Fotos, Videos oder Phantasien von unerreichbaren, ständig geilen Frauen. Obwohl er Sex genoss, wenn er verliebt war. Er schnippte seinen Glimmstängel in die Dunkelheit, ging ins Wohnzimmer, nahm eine CD heraus und legte sie in den Player.
„Vielleicht hast du recht.“, sprach er zu Servaes, der ihm gefolgt war und sich auf das Sofa gesetzt hatte. „Genuss kann aber auch Feingefühl und Ästhetik in uns verstärken. Hör dir diese wunderschönen Tabla-Rhythmen an, die von der Flöte
umspielt werden. Warum sollten wir diese Klänge nicht genießen?“
Der Befragte schwieg einige Minuten. „Du darfst den Augenblick, den du bewusst gestaltest, liebend nehmen.“
Ben hörte die Worte, wusste aber nicht, ob er sie auch verstanden hatte. Trotzdem mochte er solche Gespräche sehr. Lange hatte er sich danach gesehnt.
Auf dem Nachhauseweg dachte er über die Worte Servaes’ nach. Die Zusammenhänge schienen ihm einzuleuchten. Wenige Wochen kannte er nun den Schriftsteller, war ein paar Mal in dessen Wohnung gewesen und fühlte sich diesem bereits sehr nahe. Vielleicht stimmte dessen Ahnung, dass beide in einem früheren Leben Kameraden gewesen waren?
Er empfand eine tiefe Sehnsucht, eine bewusstere Lebenshaltung einzunehmen. Gleichzeitig war ihm mulmig zumute, kannte er sich selbst doch nur zu gut. Kein Fleisch, keine Zigaretten, keinen Alkohol, keinen Sex? Er zweifelte daran, dieses Mammutprogramm durchzustehen. Gleichzeitig jedoch empfand er eine stille, wie intensive Freude.
Würde er weiterleben wie bisher, bliebe alles beim Alten. Diese Vorstellung gefiel ihm gar nicht. Vielleicht sollte er den Schritt in die Heimatlosigkeit und Askese wagen, den Siddharta vor zweieinhalbtausend Jahren voranging, um die Erleuchtung zu erlangen? Womöglich war es gar nicht so anstrengend, wie gedacht, zumal der Buddha den ‚Mittleren Weg’ predigte. Also der Lustverfallenheit zwar abschwor, aber extreme Askese auch
ablehnte. Servaes zumindest wirkte überaus zufrieden und mit sich im Reinen.
Zuhause angelangt schloss er die Tür zur WG auf. Es war schon spät, Python saß in der Küche und las gerade. Er süffelte an einer Flasche Pils. „Das Leben ist intensiver, wenn man keiner Handlung, keinem Geschehen Sinn beimisst.“ Python legte das Buch beiseite. „Sinnentleert genießen....“ Er dachte nach. „Apropos entleert. Hi, Ben. Haste nicht Lust, mit mir eine Flasche Bier zu leeren.?“
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'Sinn liegt in der Sinnlichkeit', im Ausleben von Trieben, im Genießen. In Wien lebt der junge Ben Dienhart, Gitarrist der bekannten Pop-Band Fame4U, exzessiv: Drogen, Sex, Spaß pur. Er schlittert jedoch mehr und mehr in persönliche Leiderfahrung. Verzweiflung, Ängste, Tod - die dunklen Seiten des Lebens nagen grausam an der Leichtigkeit des Seins. Schließlich lernt er den Dichter Servaes kennen, der ihn mit dem mittleren Pfad des Buddha konfrontiert - das Leid entsteht durch Abneigungen und Begierden. Meditation, Askese, Bewusstheit bereichern Dienhart, bewirken jedoch mit der Zeit starke innere Konflikte: Das Ausleben der Triebe versklavt ihn, während ihn Meditation und Enthaltsamkeit zum Beobachter des Lebens abstempeln. Dienhart erfährt von der neuartigen Mystik Georg Amthors. Die Bestimmung des Menschen ist, alles in sich zu vereinen: Sinn und Sinnlichkeit, Geist und Materie, Sex und Religion - vermittelt von einem christlich-westlichen Mystiker! Er übernimmt die Betreuung des blinden Neunzigjährigen und taucht ein in ungeahnte Welten, von der Mystik geküsst.............
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Dieses Buch ist eine Perle in der modernen Literatur. Es verbindet wahres Leben im Alltag mit tiefgehender Spirtualität. Während Hermann Hesses Siddharta ein Pfeiler zum weisheitsvollen Denken von Buddha darstellt, schlägt dieses Buch eine Brücke zum Geistchristentum von Jesus, wie es im Urchristentum als Feuer noch gebrannt hat. Der mutige Autor scheut sich auch nicht, die Schattenseiten unser menschlichen Daseins in seinem Buch aufzuzeigen! Ist ihm dabei die Weisheit des Psychologen Carl Gustav Jung, welcher der Integration des eigenen Schattens im Individuationsprozess die entscheidende Rolle auf dem Weg zur Ganzheit des Menschen zuschreibt, wegweisend gewesen? Der Autor geht jedoch einen entscheidenden Schritt weiter, indem er aufzeigt, dass dieser Schritt ohne die göttliche Hilfe aussichtslos ist. Bei dieser Entwicklung ist die Sexualität, die aus Gott kommt, wie dies in den Büchern des westlichen, modernen Tantras dargestellt wird, der Anker im weissen Land der Seele. Ich kann dieses Buch von ganzem Herzen weiterempfehlen und dem Leser liebevoll wünschen, sich mit dem Mystiker Amthor auf eine Reise der Wunder zu begeben!
Ich habe das Buch in einem "Rutsch" durchgelesen was bei mir sehr selten vorkommt.So wie das wahre Leben, hat auch dieses Buch zahlreiche überraschende Wendungen auf Lager.Der Erzählstrom reisst nie ab und man bleibt bis zur letzten Seite der Lektüre gespannt.Aber auch inhaltlich hat es einiges zu bieten und regt zum Nachdenken an.Ich kann es nur empfehlen!
Der Romanheld Ben Dienhart lebt sein Leben exessiv: Drogen, Sex, Spaß... Vielleicht lässt ihn dieses Leben sensibel und offen werden für das Leid, das so oft im Schatten eines solchen Lebens einhergeht. Ben lernt einen alten Mystiker kennen und schätzen, der seinem Leben eine entscheidende Wendung gibt. Die Botschaft des alten Mannes ist überraschend und lebensbejahend: "Sinn liegt in der Sinnlichkeit". Es ist ein mitreißendes Buch. Perfekt geeignet für die nun kommenden langen Winterabende. Denn es fällt schwer, es aus den Händen zu legen. Eine wunderschöne Sprache, die einfühlsam, witzig, und manchmal melancholisch den Alltag und die Wandlung des Helden nachzeichnet. Ein Buch, dass viele Menschen ansprechen kann. Es hat mir sehr gut gefallen!
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Friedrich Gföllner Friedrich Gföllner
(geb. 1961)ist hauptberuflich seit zwei Jahrzehnten in der Behindertenhilfe tätig. Aus diesem Berufsfeld zeichnet er sich verantwortlich für Produktionsleitung und Drehbuchmitgestaltung eines kreativen Spielfilmprojekts mit körperlich und mehrfach-behinderten Menschen. Bisherige Veröffentlichungen im ORF (Musik/Gesang), wie in einer Anthologie des 'Literarischen Cafés', Schloss Puchberg bei Wels, Österreich. (Puchberger Anthologie 6, Wilhelm Ennsthaler Verlag Steyr/A) In den Achtzigern betreut und begleitet er mehrere Jahre einen christlich -westlichen Mystiker in Süddeutschland. Aus dieser Zeit bezieht er authentisches Hintergrundwissen über den Themenbereich moderne Mystik. Das literarische Erstlingswerk Der Kuss des Mystikers entsteht nach einer mehrjährigen Pause künstlerischen Schaffens.
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ISBN13-Nummer: |
9783902546326 | Ausstattung: |
2006. 284 S. 19 cm, Kartoniert/Broschiert | Preis: |
17,90 € | Kontakt zum Autor oder Verlag: |
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