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> Belletristik > Der Kuss des Mystikers
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Belletristik
Buch Leseprobe Der Kuss des Mystikers, Friedrich Gföllner
Friedrich Gföllner

Der Kuss des Mystikers



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Das Essen schmeckte vorzüglich. Ben störte die Vorgabe seines neuen Freundes nicht, fleischlos zu kochen, zumal er es liebte, sich in der geräumigen Küche des Schriftstellers nach Lust und Laune auszutoben.
„Es ist nicht gut zu töten, um zu leben.“ Servaes trocknete seine Mundwinkel mit einer Stoffserviette. „Ich bin aus diesem Grund schon lange Vegetarier. Leid zufügen, erzeugt Leid an dir selbst.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Karen deswegen so verzweifelt war, weil sie gerne Lamm gegessen hat.“, warf Ben ein. Er stand auf, ging auf den Balkon der Dachgeschosswohnung und zündete sich eine Zigarette an. Servaes folgte ihm.

„Wohl nicht.“, bestätigte dieser, „Die sieben Armeen Maras, Buddhas Versuchers, sind vielschichtig und kraftvoll. Sieh dich mal an. Du bist getrieben von Süchten, von Begierden. Du hast Verlangen nach einer Zigarette, gibst sofort nach.“

„Ich könnte aufhören.“

„Dann willst du wieder irgendetwas anderes konsumieren oder begibst dich in eine Aktivität, die dir Lust bereitet.“

„Ich sehe darin keinen Fehler.“ Ben horchte auf.

Servaes sprach weiter, ruhig aber bestimmt. „Du läufst immer Reizen hinterher. Wenn du sie nicht erreichst, leidest du oder suchst dir Alternativen. Du wirst gelebt von deinen Trieben oder triffst Entscheidungen, von denen du glaubst, sie wären deine eigenen.“

„Meine Triebe bereiten mir Genuss. Wofür sind wir Menschen mit Sinnen geboren, wenn wir uns nicht daran erfreuen sollen?“

„Um die Sinne zum rechten Erkennen und Handeln einzusetzen. Um zu lernen, dass vergängliche Genüsse nicht unser Ziel sind. Unser Verlangen wird immer wieder erwachen, unerfüllt bleiben. Du suchst stets nach mehr, nach anderen Befriedigungen. Du erhältst sie nicht, deine Sehnsucht wird nie gestillt. Und dann leidest du. Du verlierst einen geliebten Menschen. Du kannst ihn nicht halten. Er ist nicht dein. Und du leidest. Dieses Spiel geht endlos weiter und kann nur durch Erkenntnis, meditative Versenkung und rechtes Handeln beendet werden.“

Servaes sah Ben prüfend an.

Dieser wusste aus einschlägigen Büchern um die buddhistische Auffassung, dass Leid aus Begierden und Abneigungen entstehe. „In der Meditation gelingt mir die Befreiung von Wünschen ganz gut.“, antwortete Ben augenzwinkernd. „Doch im Alltag duften Frauenhaare zu verführerisch.“ Er wusste um die enthaltsame Lebensweise seines italienischen Freundes.

„Sex ist genauso zerstörerisch, wenn wir ihm verfallen sind. Glaub mir,“ Servaes blickte wie abwesend in die Ferne. „selbst der schönste Orgasmus wird schal, wenn man ihn wiederholt sucht. Er wird erzwungen und schmerzt. Auch dieses Glück ist nicht bleibend.“

Dass sexueller Stau ziemlich versklaven kann hatte Ben oft genug an sich erfahren. Nicht nur einmal hatte er onaniert, unter Druck und mit Hilfe irgendwelcher Fotos, Videos oder Phantasien von unerreichbaren, ständig geilen Frauen. Obwohl er Sex genoss, wenn er verliebt war. Er schnippte seinen Glimmstängel in die Dunkelheit, ging ins Wohnzimmer, nahm eine CD heraus und legte sie in den Player.

„Vielleicht hast du recht.“, sprach er zu Servaes, der ihm gefolgt war und sich auf das Sofa gesetzt hatte. „Genuss kann aber auch Feingefühl und Ästhetik in uns verstärken. Hör dir diese wunderschönen Tabla-Rhythmen an, die von der Flöte

umspielt werden. Warum sollten wir diese Klänge nicht genießen?“

Der Befragte schwieg einige Minuten. „Du darfst den Augenblick, den du bewusst gestaltest, liebend nehmen.“

Ben hörte die Worte, wusste aber nicht, ob er sie auch verstanden hatte. Trotzdem mochte er solche Gespräche sehr. Lange hatte er sich danach gesehnt.



Auf dem Nachhauseweg dachte er über die Worte Servaes’ nach. Die Zusammenhänge schienen ihm einzuleuchten. Wenige Wochen kannte er nun den Schriftsteller, war ein paar Mal in dessen Wohnung gewesen und fühlte sich diesem bereits sehr nahe. Vielleicht stimmte dessen Ahnung, dass beide in einem früheren Leben Kameraden gewesen waren?

Er empfand eine tiefe Sehnsucht, eine bewusstere Lebenshaltung einzunehmen. Gleichzeitig war ihm mulmig zumute, kannte er sich selbst doch nur zu gut. Kein Fleisch, keine Zigaretten, keinen Alkohol, keinen Sex? Er zweifelte daran, dieses Mammutprogramm durchzustehen. Gleichzeitig jedoch empfand er eine stille, wie intensive Freude.

Würde er weiterleben wie bisher, bliebe alles beim Alten. Diese Vorstellung gefiel ihm gar nicht. Vielleicht sollte er den Schritt in die Heimatlosigkeit und Askese wagen, den Siddharta vor zweieinhalbtausend Jahren voranging, um die Erleuchtung zu erlangen? Womöglich war es gar nicht so anstrengend, wie gedacht, zumal der Buddha den ‚Mittleren Weg’ predigte. Also der Lustverfallenheit zwar abschwor, aber extreme Askese auch

ablehnte. Servaes zumindest wirkte überaus zufrieden und mit sich im Reinen.

Zuhause angelangt schloss er die Tür zur WG auf. Es war schon spät, Python saß in der Küche und las gerade. Er süffelte an einer Flasche Pils. „Das Leben ist intensiver, wenn man keiner Handlung, keinem Geschehen Sinn beimisst.“ Python legte das Buch beiseite. „Sinnentleert genießen....“ Er dachte nach. „Apropos entleert. Hi, Ben. Haste nicht Lust, mit mir eine Flasche Bier zu leeren.?“

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