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Tierbücher
Buch Leseprobe Reiterhotel Amperauen, Martina Sein
Martina Sein

Reiterhotel Amperauen


Grüne Weihnachten und viele Überraschungen

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Christian schaute beim Fenster seines Klassenzimmers hinaus. Dort war es grau in grau. Ein leichter Nieselregen war seit Tagen zugegen. Es war Anfang Dezember. In dreieinhalb Wochen war Weihnachten, aber von Schnee konnte überhaupt keine Rede sein. Neben Christian saß sein Zwillingsbruder Andreas. Auch er konnte dem Vortrag ihres Lehrers, Herrn Trignat, nicht im Mindesten folgen. Der hatte aber auch eine Art zu reden! Wenn man im Duden unter Monotonie nachschlug, fand man neben dem Wort vermutlich ein Foto von Herrn Trignat, wie er gerade über Betriebswirtschaftslehre sprach. Endlich erlöste der Gong die Klasse für heute. Die Schüler flohen förmlich aus ihrem Klassenzimmer. Auf dem Flur vereinigte sich der Strom mit den Jugendlichen aus anderen Räumen. Die Zwillinge entdeckten Goran, einen kroatischen Jungen aus der achten Klasse. Er war ein wenig ein Außenseiter. Daher war er sehr dankbar, wenn die Zwillinge und deren bester Freund Hannes sich im Bus zu ihm setzten. Vor allem einer der Mitschüler – Gregor – hatte es auf Goran abgesehen. Gregor war bereits sechzehn, besaß den Führerschein für ein kleines Motorrad und kam sich daher schrecklich wichtig vor. Dennoch ging er mit den Zwillingen erst in die neunte Klasse. Die große Schülerschar drängte sich nun durch den Eingang, um sich anschließend auf die Busse zu verteilen. Goran lief ein kurzes Stück vor den Brüdern. Sie wollten ihm gerade einen Gruß zurufen. Da kam von hinten wieder einmal Gregor. Er drängelte sich durch die Leute und entdeckte Goran. „Du kommst mir ja gerade recht!“, rief er. Christian und Andreas war sofort bewusst, was Gregor zu seiner schlechten Laune Anlass gegeben haben musste. Er war immer ziemlich fies, doch nun rauchte er förmlich. Am Anfang der Stunde hatte nämlich Herr Trignat die letzte Schulaufgabe herausgegeben. Bei seiner Ermahnung, dass manche Schüler sich mehr anstrengen müssten, sofern sie das Klassenziel erreichen wollten, hatte er vor allem Gregor angesehen. Also konnte die Note nicht gerade zufriedenstellend ausgefallen sein. Ehe sich Goran versah, stürzte Gregor sich von hinten auf den deutlich Kleineren und drückte ihn gegen die Hauswand. „Ich krieg noch zehn Euro von dir! Wehe, wenn du die Kohle morgen nicht hast!“ So schnell es die Menschenmenge nur zuließ, eilten die Zwillinge und Hannes Goran zu Hilfe. Die meisten anderen strömten einfach weiter. Ob es ihnen egal war oder sie in Vorfreude auf ihre Freizeit am Nachmittag gar nicht mitbekamen, dass hier Unrecht geschah, konnte man nicht sagen. „Lass Goran gefälligst in Ruhe!“, rief Andreas. Nun blieben doch ein paar Schüler stehen und verursachten sogleich einen Stau hinter sich. „Geht da vorn gefälligst weiter!“, rief einer, der direkt hinter der Türe feststeckte. Gregor jedoch fuhr zu Andreas herum. „Sieh zu, dass du Land gewinnst! Das geht dich nichts an!“ „Wenn du einen Schwächeren bedrohst, dann geht das jeden hier etwas an!“, gab Andreas zurück. Auch Hannes hatte die kleine Gruppe erreicht. Auf ihn hatte Gregor es auch gerne abgesehen, wenn auch nur verbal: „Der Gaulstinker! Vielleicht sollte ich mir ja eher überlegen, ob ich in dir nicht eine zweite Einnahmequelle nebenbei haben könnte.“ „Das heißt, du gibst zu, dass du Goran sein Taschengeld abnimmst?“, mischte sich nun auch Christian ein. „Das sind Geschäfte zwischen dem Zwerg und mir. Geht euch nichts an“, entgegnete Gregor selbstgefällig. Die Zwillinge nahmen nun Goran zwischen sich und führten ihn in Richtung Bushaltestelle. Hannes folgte ihnen. Gregor rief ihnen hinterher: „Morgen oder es gibt keines mehr für dich. Merk dir das!“ „Du darfst dir das nicht gefallen lassen“, sagte Christian, sobald sie außer Hörweite waren. „Was soll ich denn machen?“, fragte Goran. „Mit deinen Eltern reden“, schoss es sofort aus Christian heraus. Andreas ergänzte: „Oder mit deinem Klassenlehrer, zur Not auch mit der Direx.“ Hannes wusste beizusteuern: „Und den Mund aufmachen, sobald Gregor dich bedroht, dass jeder auf euch aufmerksam wird.“ „Ich bin doch für alle der Außenseiter“, erwiderte Goran. „Ist euch noch nicht aufgefallen, dass ich keine Freunde an der Schule habe? Alle halten mich für komisch und wollen nichts mit mir zu tun haben.“ „Das stimmt überhaupt nicht!“, entrüstete sich nun Andreas. „Wir wollen sehr wohl etwas mit dir zu tun haben.“ „Da seid ihr aber die rühmliche Ausnahme“, meinte Goran zerknirscht. Christian hatte eine Idee: „Komm doch heute am Nachmittag zu uns! Wir könnten zusammen die Hausaufgaben machen. Danach zeigen wir dir die Pferde, die zum Hotel gehören.“ Gorans Augen leuchteten plötzlich. „Ist das euer Ernst? Ich würde euch sehr gerne besuchen.“ „Von uns aus kannst du gleich in Eching aus dem Bus steigen. Erna verköstigt uns immer so großzügig, dass es ohne Probleme auch für dich reicht.“ „Wer ist denn Erna?“, wollte Goran wissen. „Das ist die Köchin in Papas Hotel. Mama muss oft auch so viel arbeiten, dass sie gar nicht zum Mittagessen in unsere Wohnung kommt. Dann dürfen wir uns immer etwas in der Restaurantküche holen“, erklärte Andreas grinsend. „Wenn ihr das wirklich ernst meint“, gab Goran zurück. „Und wie!“, bestätigte auch Christian. „Ruf doch bei dir zu Hause an und sag Bescheid, dass du nicht kommst.“ „Ich nehme mein Handy nicht mit in die Schule. Gregor würde es mir bestimmt sofort abnehmen“, erklärte Goran. „Außerdem ist es ein altes Tastenhandy. Damit würde ich nur noch mehr ausgelacht.“ „Auch kein Problem“, tröstete Andreas. „Kannst gern meines nehmen oder von uns zu Hause aus anrufen.“ „Dann bei euch daheim“, entgegnete Goran. In der Wohnung, die zwar im Gebäude des Reiterhotels Amperauen untergebracht war, jedoch über einen eigenen Eingang auf der Rückseite verfügte, erlebten die Zwillinge eine Überraschung: Mama stand in der Küche und kochte, während Papa den Tisch deckte. „Ja hallo!“, rief Andreas aus. „Was ist denn hier los? Warum arbeitet ihr beide nicht?“ Mama setzte zu einer Erklärung an: „Ich bin für heute durch und nur auf Abruf, falls sie mich im Hotel brauchen. Ja, und selbst bei Papa ist es heute ruhig genug, dass für die Familie einmal ein schönes Mittagessen drin ist. Wen habt ihr uns denn da mitgebracht?“ „Das ist Goran“, stellte Christian sogleich vor. „Wir haben euch schon von ihm erzählt. Heute war es wieder besonders schlimm mit Gregor, dem alten Rowdy. Deshalb haben wir Goran zu uns eingeladen.“ „Hallo Goran, schön, dass du da bist“, begrüßte Mama den Jungen. „Hier ist das Telefon“, meinte Andreas und drückte seinem Freund das Gerät in die Hand. „Goran muss noch zu Hause Bescheid sagen.“ Das Gespräch war kurz. Danach berichtete Goran: „Tata hat nichts dagegen. Er muss sowieso noch einmal aufs Arbeitsamt. Da ist es ihm ganz recht, dass er mich nicht allein daheim lassen muss.“ „Was will er denn da?“, hakte Andreas nach. „Es gibt Probleme mit den Leistungen. Tata hat irgendwelche Belege zu spät eingereicht“, erklärte Goran bereitwillig. „Tata, sorry, das heißt Papa auf kroatisch, ist Langzeitarbeitsloser. Das ist auch so eine Sache. Deshalb kann ich halt klamottenmäßig nicht mit den anderen in der Schule mithalten und so. Für Gregor natürlich auch ein gefundenes Fressen.“ „Und was macht deine Mama?“, wollte nun Frau Moosleitner wissen. „Ich habe keine mehr“, gab Goran Auskunft. „Sie ist an einer Hirnhautentzündung gestorben, als ich ganz klein war. Damals haben wir noch in Kroatien gelebt. Tata ist bald darauf mit mir nach Deutschland gegangen.“ Betretenes Schweigen herrschte. Obwohl die Zwillinge sich meistens mit Goran und Hannes die Plätze im Bus teilten, hatten sie sich bisher nur über Belangloses oder die Pferde unterhalten. Nun wurde ihnen erst bewusst, dass sie über Goran eigentlich gar nichts wussten. Mama bat nun alle, sich die Hände zu waschen und dann am Tisch Platz zu nehmen. Dort wollte sie wissen: „Was hat dein Papa denn für einen Beruf gelernt?“ „Er ist Automechaniker. Allerdings war er schon in Kroatien arbeitslos. Den Sprung in die Elektronik hat er nicht geschafft. Seit wir hier sind, hat er sich mehr mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Er musste sich ja auch immer noch um mich kümmern und konnte gar nicht ganztags arbeiten gehen“, gab Goran freundlich Auskunft. Mama trug nun den Eintopf auf. Das war genau das richtige Essen bei dem Wetter draußen. Es wärmte herrlich von innen, wenn man durchgefroren in die Wohnung kam und einem die klamme Kälte in den Gliedern saß. Beim Essen wechselte Papa das Thema: „Hat diese Lorelei eigentlich noch die Lamas vom Tierheim?“ „Könntest du vielleicht einmal aufhören diese Lorelei zu sagen?“, bat Andreas. Lorelei war eine alternative Tierärztin und ließ Andreas gerne zu sich kommen. Dieser war begierig, alles zu lernen, was Lorelei ihm beibringen konnte. „Und außerdem sind es keine Lamas, sondern Alpakas. Warum?“ „Ich hab zwischen den Ferien angefangen, mit jedem Mitarbeiter ein Gespräch zu führen“, antwortete Papa. „Schließlich möchte ich meine Belegschaft kennen. Heute war die Leiterin der Kinderbetreuung aus dem Familien- und Reiterbereich bei mir. Die hat mir erzählt, dass ihre Großeltern diese Tiere züchten. Sie bieten Kindern an, mit ihnen spazieren zu gehen. Gemeinsam sind wir auf die Idee gekommen, dass wir das bei uns auch einführen könnten. Die gute Frau kennt sich mit diesen Alpakas selber gut aus, weil sie viel bei den Großeltern war. Ihr habt doch einmal erzählt, dass man nun einen Platz für die Tiere suchen muss. Einen Teil würde also das Hotel übernehmen, wenn man sie dazu erziehen könnte, dass Kinder mit ihnen umgehen.“ „Das wäre die Lösung!“, rief Christian begeistert aus. „Wir müssen sofort mit der Lorelei darüber reden. Die wird heilfroh sein, wenn sie ein paar Tiere in guten Händen weiß. Wie viele würden wir denn nehmen?“ „Ich hab so an fünf gedacht“, entgegnete Papa. „Schließlich muss so eine Gruppe klein genug sein, dass man sie beim Spazierengehen beaufsichtigen kann.“ „Fünf sind eine kleine Herde“, dachte Andreas laut nach. „Ich denke, das müsste gehen. Wer soll die dann versorgen? Joe und Carlos sind ausgelastet.“ „Das würde Frau Hartmann auch übernehmen. Die Sache ist nämlich die, dass sie eine Halbtagskraft hat, die gerne ihre Stunden aufstocken möchte. Dadurch würden Kapazitäten frei.“ „Dann haben die beiden sicher nichts dagegen“, meinte Christian grinsend. „Wenn du magst, reden wir gleich nachher mit Joe.“ Joe war die Hauptverantwortliche für die Pflege der Pferde, die dem Hotel gehörten, sowie den Gastpferden, die meist während der Ferien hier waren. Sie gab auch Reitstunden und machte selbst eine ausgezeichnete Figur im Sattel. Carlos bildete dagegen junge Pferde aus, begleitete hauptsächlich geführte Ausritte und unterrichtete ebenfalls. Neben den Pferden für und von den Gästen unterhielt das Hotel nämlich eine kleine Zucht. Zusätzlich wurde von anderen Pferdebesitzern der Nachwuchs zur weiteren Aufzucht und Ausbildung zu ihm gebracht. „Wenn die Hausaufgaben fertig sind, könnt ihr das gerne machen“, stimmte Papa zu. „Und ich rufe dann auch bei der Lorelei an. Die muss das mit dem Tierheim abklären. Kann denn diese Frau Hartmann die Alpakas auch ausbilden? Weißt du, die sind im Moment noch ziemlich scheu. Sie sind auf viel zu engem Raum gehalten worden, und beschäftigt hat man sich dabei auch nicht mordsmäßig mit ihnen“, meinte Andreas. „Ihr würdet mir einen riesigen Gefallen tun, wenn ihr mir diese Informationen alle beschaffen könntet. Ich frage noch einmal Frau Hartmann, wie weit ihre Erfahrung mit diesen Tieren wirklich geht“, bot Papa an. „Dann wissen wir ja schon, was wir heute zu tun haben“, warf Christian grinsend ein. Er wandte sich an Goran: „Du siehst, bei uns ist immer etwas los. Fangen wir mit den Hausaufgaben an, dass wir uns so bald wie möglich um die wichtigen Dinge des Tages kümmern können.“


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