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Tierbücher
Buch Leseprobe Die Biedermanns und ihre Pferde, Martina Sein
Martina Sein

Die Biedermanns und ihre Pferde


Da liegt was in der Herbstluft

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„Tag der Wahrheit“, verkündete Mama beim Frühstück. Sandra wollte sofort wissen: „Wie meinst du das?“ Mama lächelte. „Es geht um Tobino. Heute kommt Charlotte noch einmal, um ihn sich anzusehen. Wenn sie derselben Meinung ist wie ich, dann kann ich endlich mit dem Reiten bei ihm anfangen.“ Seit Monaten arbeitete Mama unter anderem mit dem dunkelbraunen Wallach, der seiner Besitzerin im Galopp immer und sogar oft im Trab durchgegangen war. Zumindest mit für die Probleme verantwortlich war eine einseitige Bemuskelung, welche von einer entweder verschwiegenen oder gar nicht entdeckten Verletzung bei den Vorbesitzern stammen musste. Mama hatte mit dem Wallach immer wieder Bodenarbeit gemacht, wobei er sich viel biegen, die Hand wechseln und über Hindernisse hatte steigen müssen. Außerdem hatte sie ihn als Handpferd mit ins Gelände genommen. Dabei war sie an den Seiten von Hohlwegen hoch und runter oder hatte ihn andere steile Hänge nehmen lassen. Außerdem war sie regelmäßig mit ihm im Wasser unterwegs gewesen. Zuletzt hatte sie in ihr übliches Programm auch die Arbeit mit der Doppellonge genommen. Abgerundet war dieses Training durch gezielte Massagen und Bewegungen der Gliedmaßen worden. „Kann ich dabei sein?“, erkundigte Sandra sich. Solche Dinge interessierten sie brennend. „Klar“, gab Mama zurück. Noch waren schließlich Ferien, und Sandra musste nicht zur Schule. In wenigen Tagen sollte dann auch noch ihr großer Bruder Josef zur Europameisterschaft der Junioren fahren, welche in diesem Jahr ungewöhnlich spät ausgetragen wurde. Sie hatten allerdings Glück. Veranstaltungsort war Deutschland. So mussten sie keine weite Reise in Kauf nehmen. Die ganze Familie wollte auf den Zuschauerrängen sitzen und Josef vor Ort die Daumen drücken. Er selbst hatte seinen Kopf nur noch beim Training mit Don Santa. Der Wallach war das beste Pferd im Stall der Biedermanns und bereits mit Mama bei Championaten angetreten. Aufgrund der Verletzung von Josefs eigentlich geplantem Pferd Brigade hatte er nun Don Santa in den Beritt bekommen. Mama selbst hatte dem Turniersport aktiv den Rücken gekehrt. Sie hatte im Februar – ausgerechnet an Sandras Geburtstag – die kleine Paulina und damit ihr drittes Kind zur Welt gebracht. Nun wollte sie sich nur noch dem Training mit jungen und problematischen Pferden widmen sowie deren Reiter auf ihre Aufgaben vorbereiten. „Hast du mich verstanden, Sandy?“, hakte Mama gerade nach. Sandra fuhr hoch. Da hatten sich doch ihre Gedanken wieder einmal selbstständig gemacht. Wenn das passierte, bekam sie um sich herum nichts mehr mit. „Was hast du gesagt?“ „Mal wieder abwesend, was?“ Mama lächelte. „Ich habe dir mitgeteilt, dass Charlotte um zehn kommen will.“ „Alles klar. Da nehme ich mir nichts anderes vor“, versprach Sandra. Papa löste die mehr oder weniger gemütliche Frühstücksrunde auf. Die hatte bestanden aus den drei Geschwistern, ihren Eltern, sowie dem Au-pair-Jungen Mika und dessen kleiner Tochter Janni. Damit Mama wieder arbeiten konnte, brauchte sie natürlich jemanden, der sich um Paulina kümmern konnte. Eigentlich gehörte zu ihnen auch Yvonne, Sandras Cousine. Allerdings waren deren Eltern für drei Wochen aus Südamerika gekommen. Sie lebten und arbeiteten dort seit einer Weile. Yvonne war bereits in den vergangenen Weihnachts- und Pfingstferien zu ihnen geflogen. Nun hatte es die beiden jedoch auch wieder in die alte Heimat gezogen. Über diesen Umstand war Yvonne mehr als glücklich. Sie schwebte auf Wolke sieben. Da Corinne und Alexander in der angrenzenden Wohnung bei Opa und seiner zweiten Frau Karin im Gästezimmer untergekommen waren, frühstückte dieser Teil der Familie nun auch gemeinsam. Prompt liefen Mama und Sandra Corinne im Stall in die Arme. „Hey Schwesterchen!“, rief Corinne übermütig. „Galaxy und ich wollen ins Gelände. Wie schaut’s aus? Kommst du mit?“ „Später gerne. Ich habe um zehn einen wichtigen Termin.“ „So lange wollen wir nicht warten“, verkündete Corinne. „Dann muss ich mich wohl mit meinem Mann und meiner Tochter alleine zufriedengeben.“ Sie zuckte mit den Schultern und verschwand in der Box ihrer Stute Galaxy. „Macht ihr mal schön Familienausflug!“, forderte Mama ihre Schwester auf. „Wir beide reiten dann mal alleine, würde ich sagen. Haben wir ja seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht. Wen nimmt denn Alexander?“ „Papa hat ihm Yesterday angeboten.“ Mama hob den Daumen und ging weiter. Sie hatte den Stall mit ihrer Tochter über den Seitenarm des T-förmig angelegten Gebäudes betreten. Die Pferde warteten schon darauf, dass sie hinaus auf ihre Koppel durften. Sandra konnte durch die offene Türe zum Stutentrakt sehen, wie Andy, der Lehrling, gerade die Litzen zog. So mussten sie nur die Boxentüren öffnen, und die Tiere fanden ihren Weg ganz alleine. „Wen lassen wir heute denn mit drin?“, wollte Sandra wissen. Nach einer Hundeattacke durfte Brigade nicht wieder mit den anderen hinaus. Sie musste noch eine ganze Weile Boxenruhe halten. Da Pferde Herdentiere sind, ließen sie immer zwei Artgenossen einen halben Tag mit drinnen. Mama antwortete: „Heute sind erst einmal Don Santa und Tony dran.“ Der Wallach hieß eigentlich Anthonys Brother. „Josef will eh gleich in der Früh trainieren. Da bietet sich das an.“ Zum Glück waren die Tiere es gewöhnt, dass nicht immer alle sofort hinausdurften. Schließlich musste mit der Bewegung und dem Training zeitig genug angefangen werden, damit auch alle an die Reihe kamen. Sandra sorgte dafür, dass aus der entsprechenden Laufbox nur Klabautermann und Afrika auf die Stallgasse gelangen konnten, während fast alle anderen Türen einfach geöffnet wurden. In zügigem Schritt brachten die Tiere die Stallgasse hinter sich. Draußen fielen sie dann ganz von allein in Trab oder Galopp, denn sie hatten es eilig, in das saftige Gras zu kommen und sich daran gütlich zu tun. Es war jeden Tag dasselbe Spiel. Nur die Zuchtstuten mit ihren Fohlen durften im Sommer den ganzen Tag draußen bleiben. Es gab eine extra Mamikoppel. Von dort wurden sie je nachdem zum Reiten oder dem Fohlen-ABC hereingeholt. Die Kleinen waren es auch schon gewöhnt, dass sie als Handpferd mit ins Gelände genommen wurden. Opa, Mama und Papa waren der Meinung, dass man damit gar nicht früh genug anfangen konnte. In der freien Wildbahn wäre es der Tod der Fohlen und ihrer Mütter, würden sie nicht schon kurz nach ihrer Geburt weite Strecken zurücklegen, um Futter und Wasser zu finden oder vor Raubtieren zu fliehen. Später kam es einem sehr zugute, wenn die jungen Pferde schon mehr als nur den heimatlichen Stall und die Koppel gesehen hatten und mit Dingen wie vorbeifahrenden Traktoren und Ähnlichem vertraut waren. Auf dem Hof der Biedermanns gab es auch noch einen Offenstall. In dem lebten die meisten Einsteller, obwohl es auch in diesem Gebäude mit den Boxen welche gab. Hier hatten Sandra und Josef ihre Welsh Cob Momo und Daisy untergebracht. Letzte wurde aber meistens von Yvonne geritten. Josef war zu groß geworden. Außerdem hätte er die Zeit neben Schule und Training gar nicht mehr aufbringen können. In diese Richtung wandte Sandra sich nun, wie sie hinter den hinausströmenden Pferden herlief. Sie war bereits vor zwei Stunden bei Momo gewesen und hatte ihn begrüßt. Das war während der Ferien und auch am Wochenende ein festes Ritual zwischen den beiden. Meistens kümmerte Sandra sich danach um die Absetzer, welche in einer alten Scheune nebenan standen. Die Außenboxen neben dem Sandplatz und ein kleiner Stall, der komplett verpachtet war, vervollständigten die Anlage der Biedermanns, die offiziell immer noch Reitstall Trautberg nach Opa und sogar dessen Vater hieß. Sandra kümmerte sich jetzt darum, dass die einjährigen Pferde sauber und trocken standen. Dazu entfernte sie die Haufen und auch die nasse Streu. Diese ersetzte sie durch frisches Sägemehl und äpfelte dann auch noch die beiden Koppeln ab. Dabei hatte sie für jedes Pferd ein paar Streicheleinheiten und freundliche Worte übrig. Das galt auch für die Erzieher in den beiden Gruppen Mira und Danny Heart. Heute hatte Sandra es nicht sonderlich eilig. So wurde es zu spät, als dass sie noch groß etwas hätte anfangen können, ehe Charlotte kam. Die war immer sehr pünktlich; so auch heute. „Jetzt bin ich aber gespannt auf euren Tobino“, erklärte Charlotte, als sie Mama und Sandra begrüßt hatte. „Wir haben ihn schon drinnen“, meinte Mama und wies auf die Außenbox, aus welcher der Wallach seinen Kopf interessiert herausstreckte. „Magst du ihn gleich holen, Sandy?“ Sofort griff Sandra nach Tobinos Halfter und betrat seine Box. Kurz darauf führte sie ihn auch schon auf den Hof, wo Charlotte ihn gleich im Schritt begutachten wollte. Dann tastete sie ihn fachmännisch ab und probierte ein paar bestimmte Bewegungen mit dem Kopf und den Beinen. „Das ist nicht mehr dasselbe Pferd“, urteilte sie schließlich. „Ich meine, das sieht man ja schon, wenn man ihn nur anguckt. Da hast du wirklich ganze Arbeit geleistet, Ina.“ „Du denkst also, dass ich mit dem Reiten anfangen kann?“, hakte Mama nach. „Ich würde ihn mir gerne noch an der Longe ansehen. Da hatte er doch so große Balanceprobleme“, entgegnete Charlotte. „Was ist denn daraus geworden?“ Mama lachte. „Komm mit! Dann zeigen wir es dir.“ An der Boxentüre hing auch das Knotenhalfter, mit dem Mama immer gearbeitet hatte. Daran war ein langer, schwerer Strick befestigt. Dieses wurde nun gegen das Stallhalfter ausgetauscht. Gemeinsam gingen sie zu dem Indoor-Longierring. Nach einer Aufwärmphase im Schritt und ein paar Handwechseln ließ Mama Tobino antraben. „Na, das sieht doch schon ganz anders aus“, urteilte Charlotte. „Den kannst du jetzt ganz getrost von oben arbeiten.“ „Dann sei so lieb und beurteil seinen Sattel noch kurz!“, bat Mama. „Du bist da mehr Fachfrau als ich.“ Auch hier war Charlotte eindeutig. „Den kannst du jetzt, so wie Tobino aufgebaut hat, vergessen.“ „Hatte ich schon fast befürchtet“, seufzte Mama. „Dann wird Tilda sich um einen anderen kümmern müssen. Es könnte sein, dass wir hier einen finden, mit dem wir trainieren können, aber sie will mit Sicherheit wieder einen Wanderreitsattel. So etwas führen wir nicht.“ Charlotte meinte: „Jetzt bin ich ja dann gespannt, wie Tobino sich benehmen wird. Du hältst mich doch auf dem Laufenden, oder? Wenn er dir jetzt noch durchgeht, dann ist es wirklich eine schlechte Angewohnheit geworden. Wie hat er sich denn als Handpferd benommen?“ „Vorbildlich“, entgegnete Mama. „Wir waren viel Klettern, sind in den See oder die Windach und haben auch lange Trab- und Galoppstrecken gemacht. Schließlich soll er neben einer gesunden Muskulatur auch eine vernünftige Kondition bekommen.“ „So lange, wie du den jetzt hier hast, kann ich mir nicht vorstellen, dass er sich unter dem Sattel groß anders aufführt als sonst.“ Charlotte betrachtete den Wallach noch einmal und fuhr ihm über Rücken und Kruppe. „Ich wünsche dir viel Spaß mit dem Kerl. Wo ist denn heute seine Besitzerin abgeblieben? Die war doch sonst bei jedem Termin dabei.“ „Ging leider nicht. Sie konnte nicht freinehmen“, war Mamas Antwort. Charlotte verabschiedete sich, und Mama machte sich gleich an die Arbeit, nach einem passenden Sattel zu suchen. Leider war nichts in den alten Beständen der Biedermanns, was auf den Rücken dieses Pferdes gepasst hätte. „Das macht nichts“, erklärte Mama Sandra dann. „Ich fange eh langsam mit dem Reiten an. Erst einmal soll Tobino ja merken, dass ihm überhaupt nichts Unangenehmes widerfährt, wenn sich einer auf ihn setzt. Dazu reicht auch ein Pad oder der blanke Pferderücken.“ Mama hielt grundsätzlich sehr viel davon, zwischendurch ohne Sattel zu reiten. Waren die Pferde nicht zu schlank, machte ihnen die Abwechslung Spaß. Außerdem förderte es den guten Sitz und die Sicherheit des Reiters. Was Mama Tobino bereits beigebracht hatte, war, dass er sie an der Aufstieghilfe – egal, wie die aussah – abholte. Sie führte ihn also nicht so hin, dass sie bequem auf den Pferderücken steigen konnte, sondern irgendwie. Auf Schwingen mit dem langen Strick oder leichtes Antippen mit der Gerte hin sollte der Wallach sich selbst in die richtige Position stellen. Dann rutschte sie erst einmal nur über den Rücken und stand gleich wieder auf der anderen Seite ihres Pferdes. Ganz allmählich blieb sie sitzen und ritt nur ein paar Schritte, ehe sie wieder absprang. Auf diese Weise sollte Tobino lernen, dass das Reiten etwas Spielerisches sein konnte. Die ersten Tage nach Charlottes Besuch vergingen wie im Flug. Schon war der Tag gekommen, an dem Josef fahren musste. Zu gern hätte Mama ihn begleitet, aber die stillte Paulinchen noch. So übernahm Papa das.


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