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Science Fiction
Buch Leseprobe  Stasis, Rüdiger Zuber
Rüdiger Zuber

Stasis



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[ 1 // Wiedergeburt ]

Die Wiedergeburt vollzog sich in völliger Dunkelheit. Zunächst fuhr ein mechanischer Arm aus der Seitenwand der Stasekammer heraus und durchstach die Brust des leblosen Körpers mit einer langen Nadel. Dann injizierte sie eine gelbliche Flüssigkeit direkt ins Herz. Im Rausch des Adrenalins stolperte es einen stürmischen Tanz, bevor es den Rhythmus wiederfand und in gleichmässigem Takt dickflüssiges Blut durch die verengten Venen pumpte. Im Bruchteil einer Sekunde wurden Körperfunktionen, die im todesähnlichen Hyperschlaf nahezu stillgestanden waren, zu neuem Leben erweckt. Myriaden elektrischer Impulse rauschten durch brachliegende Nervenstränge, wie ein reißender Wasserstrom durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Synapsen bauten neue Verbindungen zu längst vergessenen Erinnerungen auf. Die Rezeptoren der Sinnesorgane überfluteten das schlagartig erwachte Gehirn mit einer schier unerträglichen Menge sensorischer Reize. Hinter den geschlossenen Augenlidern flackerte ein grelles Blitzgewitter. Jedes noch so leise Geräusch hallte – beinahe bis zur Unkenntlichkeit verzerrt – in den Ohren nach wie ein Donnerschlag.


Der Wiedergeborene riss den Mund weit auf und schnappte nach Luft. Ein Druck, wie von einem Felsen, lastete auf seiner Brust, so schwer, dass er jeden Moment zu ersticken schien. Der Schmerz wurde unerträglich. Voller Panik strampelte er, bis er eine breiige Substanz hochwürgte und ausspuckte. Sie tropfte am Kinn herab und hinterließ einen bitteren Geschmack im Gaumen.
Doch die Atemnot verblieb.
Er begann zu hyperventilieren.
Der stechende Geruch einer Chemikalie drang in seine Lunge und er hustete, bis die Adern an den Schläfen hervortraten und ein Muster formten, das wie das Netz einer Spinne aussah.
Er wand sich vor Schmerzen und bäumte sich auf, doch Metallspangen sicherten die Gelenke an Armen und Beinen in einer festen Umarmung. Nur wenige Augenblicke später klackte es laut, als sie aufsprangen und ihn in die Freiheit entließen.
Er trat einen Schritt nach vorne. Durch die lange Zeit in Stase waren die Muskeln atrophiert, und so konnten die Beine das Gewicht nicht tragen. Die Knie knickten ein und der Mann fiel vornüber auf den Boden. Hilflos wie ein Neugeborenes lag er da, zuckte und zitterte abwechselnd. Der Körper verkrampfte sich mehr und mehr, bis er zuletzt in der Embryonalstellung liegen blieb. Für Sekunden, Minuten oder gar Stunden. Er wusste es nicht. Jegliches Zeitgefühl war ihm abhandengekommen.
Der Mann zuckte, als plötzlich zwei kalte Hände über die nackte Haut strichen. Er spürte, wie sich die Haare im Nacken und an den Armen aufrichteten, als sie ihn vorsichtig abtasteten, den Puls fühlten, Atem und Herzschlag prüften. Dann griffen die Hände unter die Achseln und stellten ihn auf die Beine. Vorsichtig, beinahe zärtlich wurde er auf eine Trage gelegt. Er spürte eine weiche Decke, die über seinen Körper gezogen wurde und ihn bis zur Schulter umhüllte. Er spürte Wärme. Geborgenheit.
Zum ersten Mal schlug er blinzelnd die Augen auf. Die Umrisse einer menschlichen Gestalt zeichneten sich verschwommen gegen das grellweiße Licht ab. Ein Gesicht konnte er nicht erkennen.
Er öffnete den Mund, um zu sprechen. Aber so sehr er sich auch anstrengte, kein Wort entrang sich seiner Kehle. Ein kehliges Krächzen war der einzige Laut, zu dem er imstande war. Sanft drückte ein Finger auf seine Lippen. Er nickte. Er verstand. Er würde nicht weiter versuchen, zu sprechen.
Die Gestalt beugte sich über ihn. Mit ruhiger Stimme redete sie auf ihn ein. Die Worte, die sie sprach, verstand er nicht. Kannte er ihre Sprache? Ergab das, was sie sagte, irgendeinen Sinn? Scheinbar kümmerte es die Stimme nicht, denn sie plapperte einfach drauflos, bis er sich der beruhigenden Wirkung ihrer Melodie nicht länger entziehen konnte.
Entspannt schloss er die Augen.
Da spürte er plötzlich einen Stich im Arm und brennendes Feuer schoss durch seine Venen. In Windeseile breitete es sich im ganzen Körper aus. Er schrie. Vor Schmerz. Vor Wut.
Warum quälte sie ihn so, diese furchtbare Gestalt? Wollte sie ihn foltern? Was hatte er ihr angetan? Gerade, als er glaubte, den Schmerz nicht länger ertragen zu können, fühlte er die Ohnmacht nahen. Bereitwillig suchte er Zuflucht in der Dunkelheit.
Sie verschlang ihn voller Gier.

[ 2 // Erwachen ]

Der Mann erwachte. Langsam schlug er die Augen auf. Wie zuvor verbarg sich die Welt weiterhin in Dunkelheit. Allmählich gewöhnten sich die Augen an das Zwielicht und erste undeutliche Umrisse formten sich aus der Schwärze, die ihn wie ein Tuch einhüllte.
Er hob einen Arm und tastete die Umgebung ab. Da war ein Kopfkissen, das Bett, in dem er lag, eine kühle Wand. Er klammerte sich mit beiden Händen an die Ränder des Bettes und unternahm einen Versuch, sich aufzusetzen. Als er den Oberkörper ein paar Zentimeter aufgerichtet hatte, versagte seine Kraft und er fiel erschöpft zurück.
Einen Moment lang blieb er schwer atmend liegen. Dann krallte er die Finger in die Laken und zog sich mit aller Gewalt hoch, schwang die Beine über den Bettrand und ließ sie herunter baumeln. Die ganze Welt schien zu schwanken und sich immer schneller zu drehen. Die Muskeln zitterten von der Anstrengung, aber er war zufrieden. Einen Moment lang genoss er den Triumph des Willens über den Körper.
Da er weiterhin nichts erkennen konnte, blinzelte er mehrmals hintereinander. Doch egal wie sehr er die müden Augen anstrengte, sah er nur verschwommene Schemen. Also lauschte er. Die Stille war furchteinflössend. Bis auf ein leises Wummern war kein Geräusch zu hören. Und selbst das war so leise, dass er sich nicht ganz sicher war, ob er es sich vielleicht nur einbildete. Und dann war da dieser Geruch. Ein Geruch, der ihm seltsam vertraut vorkam. Steril. So steril wie in einem Krankenhaus.
Seine Kräfte waren aufgezehrt und so ließ er sich mit einem Seufzer zurück ins Kissen sinken. Die Augenlider fielen schwerfällig zu. Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn und rannen an den hageren Wangen hinab. Sie hinterließen einen salzigen Geschmack auf den Lippen.
Dann fingen seine Hände an zu zittern, erst leicht, dann immer stärker. Er ballte sie zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervortraten. Seine Gedanken rasten. Wo war er? Befand er sich in einem Krankenhaus? Er konnte sich an rein gar nichts vor dem Erwachen erinnern. Aber wenn er tatsächlich in einem Krankenhaus war, warum ließ man ihn alleine im Dunkeln liegen? Und was war überhaupt geschehen? Und – was viel wichtiger war – wer war er?


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