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> Satire > Kafka kannste knicken
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Bücher Satire
Buch Leseprobe Kafka kannste knicken, Uli Black
Uli Black

Kafka kannste knicken


Bildung war gestern - heute ist TikTok

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„Bildungsauftrag? Träumen Sie weiter. Das ist alles nur Einbildung. Die Politik gibt uns eine Quote vor und die müssen wir erfüllen. Nur darum geht es. Bevor wir Unterrichtsausfall melden, stellen wir eher die Selbstgespräche führende rumänische Putzfrau vor die Klasse und nennen das Fremdsprachenunterricht“, sagt der Schulleiter triumphierend. Qualifikationslehrgang Am nächsten Morgen stehe ich extra sehr früh auf, damit ich pünktlich um 10 Uhr zum Lehrgangsbeginn an der Pädagogischen Hochschule bin. Und wenn ich die PH in Neuenheim nicht mit der IGH in Rohrbach verwechselt hätte, hätte ich es tatsächlich rechtzeitig geschafft. Vom typischen Heidelberger Novemberregen triefnass, betrete ich um 11.43 Uhr das altehrwürdige PH-Gebäude. Es wimmelt von jungen Leuten, ich bin mit Abstand der Gesichtsälteste und versuche, den abfälligen Blicken auszuweichen. Ich muss nicht fragen, ein Schild in der Eingangshalle zeigt mir den Weg: Pädagogisch-Didaktischer Schulungslehrgang für fachfremde Quereinsteiger, 10.00 Uhr, Raum 305. Eine Wasserspur hinter mir herziehend, trabe ich schweren Schrittes die Treppen nach oben. Ob sie mich überhaupt noch hineinlassen? Ich klopfe vorsichtig an die Tür mit der Nummer 305 und als ich nichts höre, öffne ich diese einen Spalt breit. Nichts zu sehen. Hinter der Tür befindet sich ein hoher, schräg nach oben verlaufender Hörsaal. Ich öffne die Tür vollständig und kann nun den ganzen Raum sehen. Nichts. Niemand da. Bin ich falsch? Ist der Lehrgang schon vorbei? Machen sie Mittagspause beim Italiener um die Ecke? Sind alle auf der Toilette? Da vernehme ich eine Stimme. „Herr Nachtnebel, sind Sie das?“ „Äh, ja“, antworte ich und frage mich, woher die Stimme meinen Namen kennt. Nun zeigt sich auch ein dazugehöriges Gesicht, das hinter einem hohen Stehpult auftaucht und sich die Augen reibt. „Entschuldigung“, sagt das Gesicht, das zu einem kleinen, grauhaarigen Mann um die Ende 60 herum gehört. „Professor Schmidt-Fiebich. Lehrgangsleiter. Ich habe mir erlaubt, ein kleines Nickerchen zu machen. Der Tag gestern steckt mir noch in den Knochen.“ „Oh,“ sage ich empathisch,“ hatten sie schwere körperliche Arbeit zu verrichten?“ „Na ja, wie man es nimmt. Ich musste drei Klausuren korrigieren von Lehramtsstudentinnen, die nun nach 5 Jahren Studium ihre Abschlussarbeit geschrieben haben und das ist sehr anstrengend. Hat sich auch nicht gelohnt, sind alle drei durchgefallen. Da wird sich die Bäckerinnung freuen, Bäckereifachverkäuferinnen mit Abitur werden gerade wieder händeringend gesucht und wir sind die besten Lieferanten. Aber jetzt sind Sie ja da und wir können beginnen.“ „Wo sind denn all die anderen Lehrgangsteilnehmer?“, wage ich eine vorsichtige Frage. „Die anderen? Es gibt keine anderen. Sie sind der einzige Bewerber auf unsere Anzeigenkampagne.“ „Der Einzige?“ „Ja, der Einzige. Und deshalb können wir es auch kurz machen. Herr Ministerialrat Müller-Beifuß hat mich gestern noch darüber informiert, dass Sie hochqualifiziert sind und wir in Ihrem Fall den Kurzlehrgang verkürzen können. Wenn der Dachstuhl brennt, greift man ja auch zum nächsten Feuerlöscher und joggt nicht erst mit einem Eimer in der Hand zum Badesee, oder?“ Von seinem eigenen Witz begeistert, kichert er in seinen grauen Bart und da ich ihn nicht beleidigen will, kichere ich mit, obwohl ich kein Wort verstanden habe. Feuerlöscher? Wassereimer? Badesee? Ist das hier die Freiwillige Feuerwehr? Und wenn er mit „Feuerlöscher“ mich meint, entsorgt man diese nicht nach einmaligem Gebrauch? Fragen über Fragen, die ich mich nicht zu stellen traue. Dass ich nicht mal dazu tauge, auch nur ein kleines pädagogisches Flämmchen zu löschen, wird sich ohnehin in wenigen Minuten herausstellen, wenn er die entscheidenden Fragen stellt. „Wie gesagt, mein lieber Herr Nachtnebel, können wir das Ganze hier abkürzen. Mit all meiner Erfahrung sehe ich doch auf den ersten Blick, dass Sie einer ganz anderen pädagogischen Liga angehören als all diese jungen, unerfahrenen Schnösel hier. Ein Pionier, von Wind und Wetter gegerbt sozusagen. Nichts ist wertvoller als Erfahrung, vor allem Lebenserfahrung. Was sollen wir also hier groß herumreden und unsere Zeit vertrödeln. Wie ich gehört habe, werden Sie morgen ohnehin schon an Ihrer neuen Arbeitsstelle erwartet, da möchte ich gar nicht lange Ihre wertvolle Zeit stehlen. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?“ „Ähhh, ja…das heißt eigentlich…so im Moment…auf die Schnelle…fallen mir gerade keine Fragen ein…“ Nach einem Föhn für meine klatschnassen Haare will ich ihn lieber nicht fragen. „Sehen Sie, das ist das, was ich meine. Es geht doch nichts über eine gute Vorbereitung. Diese Studentinnen mit ihrer ewigen Fragerei gehen mir so etwas von auf die Nerven. Wer fragt, hat keine Ahnung. Und wer nicht fragt, ist qualifiziert, weil er die Antworten kennt. So einfach ist das. Ich kann sehr gut verstehen, warum Herr Ministerialrat Müller-Beifuß so begeistert ist von Ihnen. Diesen Eindruck kann ich nur bestätigen. Herzlichen Glückwunsch, mein lieber Herr Nachtnebel, Sie haben den Lehrgang mit Bravour bestanden. Sie sind mir nicht böse, wenn ich mich nun noch ein bisschen zurückziehe. Das alles hier hat mich doch sehr erschöpft. Sie finden den Weg hinaus?“ „Ja, klar“, sage ich leicht verwirrt und verlasse den Raum mit quietschenden Schuhen. Man kann ja über das „Länd“ sagen, was man will. Aber lange um den heißen Brei herumgeredet wird hier nicht. Zack, Zack. Deckel drauf. Und Feierabend.


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