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Reiseberichte
Buch Leseprobe Kreta, Hermann Markau
Hermann Markau

Kreta


Erinnerungen an eine Reise

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Li


 


 


     Die Frau, die zu seiner Rechten saß, die Gewichtigste von allen, war mit Sicherheit die Hauptperson in dieser Runde: Sie war die, die als einzige etwas tat außer zu essen. Sie hatte einen großen Teller vor sich stehen und etwas abseits eine Schüssel. In der Rechten hielt sie eine Gabel, mit der sie die Weinbergschnecken, die sie vom Teller nahm, aus ihrem Häuschen beförderte, um sie in der Schüssel zu sammeln.


     Sie unterbrach ihre Arbeit, ergriff den Schrieb, den der Mann ihr entgegenreichte, ohne Gabel und Schnecke aus der Hand zu legen, und sah sich den Namen, der da draufstand, an. Daraufhin legte sie den Zettel beiseite, holte die Schnecke aus dem Haus und streckte mir die Gabel mitsamt diesem Tier entgegen. Die Absicht war unzweideutig. Ich sollte diese Schnecke verspeisen. Die Entfernung zwischen der fremden Gabel und meinem Mund betrug etwas mehr als dreißig Zentimeter. Ihr Blick war unverwandt auf mein Gesicht gerichtet. Auch die anderen hatten nur Augen für mich. Was Karin gerade tat, entzog  sich meiner Kenntnis, denn die stand schräg hinter mir.


     Ich befand mich in einer verdammten Zwickmühle: Nahm ich das Angebot  an, stand ich vor dem womöglich schlimmsten kulinarischen Erlebnis meines bisherigen Lebens. Ich hatte noch nie zuvor so was wie Muscheln gegessen, weil ich diese Glibbermasse einfach eklig finde. Und Schnecken also standen erst recht nicht auf meinem Speiseplan. Nahm ich das Angebot aber nicht an, ging ich das Risiko ein, dass man uns nicht mochte und deshalb vielleicht nicht verriet, wo Maria zu finden wäre.


     Ich brachte die erwähnte Entfernung zu besagter Gabel hinter mich, schloss die Augen und zog mit den Zähnen die nackte Schnecke von den Zinken der Gabel herunter. Okay! Soweit – so gut. Jetzt musste ich kauen, sonst würde das Ganze unglaubwürdig aussehen und seine Wirkung verfehlen. Nur runterschlucken war nicht angesagt. Ich kaute also. Und, was soll ich sagen: So übel, wie vermutet, schmeckte sie nicht, diese Weinbergschnecke. Nicht, dass ich Verlangen nach einer weiteren verspürte – aber kein Ekel, kein Kotzreflex. Alles  easy.


     Damals war mir nicht bekannt, dass es ein Zeichen von Gastfreundschaft ist, dem Fremden auf Kreta den ersten Bissen des Essens anzubieten. Und dass es gleichermaßen eine Ehre für den Gast bedeutet, dieses Privileg geboten zu bekommen. Anders ausgedrückt: Ich durfte diese Ehrbezeugung gar nicht ablehnen, wenn ich unsere Gastgeberin nicht vor den Kopf stoßen wollte.


     Das alles wusste ich damals nicht. Aber ich muss es irgendwie geahnt haben. Sonst hätte ich mich ja nicht überwunden und anders entschieden. Aber – wie gesagt: So schlecht, wie befürchtet, schmeckte sie nicht, diese Weinbergschnecke, diese erste und einzige in meinem Leben.


 


 


 


Der


 


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