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regionale Bücher
Buch Leseprobe Currywurst, Marc Reisner
Marc Reisner

Currywurst


Alles, was man wissen muss

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Allerdings ist Currywurst-Historikern klar: Nicht alles, was in Medien berichten und auf Internet-Seiten als geschichtlich gesichert beschrieben wird, ist wirklich Fakt. Mag sein, dass Herta Heuwer im Alter - sie starb mit 86 Jahren 1999 in Berlin - das eine oder andere Datum durcheinandergebracht hat. Anderes macht sich einfach besser und wird immer wieder von Autoren übernommen. »Die Geschichte der Currywurst ist ein komplexes und verästeltes Labyrinth, durch das sich nur wenige Experten und Sachverständige einen Weg auf den sicheren Steinen der Wahrheit zu bahnen vermögen«, heißt es denn auch auf der Homepage wurstflash.de.


Auf jeden Fall wird die offizielle Geburtsstunde der Currywurst immer wieder auf den Abend des 4. September 1949 gelegt. Auch Herta Heuwer selbst hat dieses Datum immer wieder bestätigt. Sie konnte sich wegen des schlechten Wetters gut daran erinnern - Journalisten haben es mal als stürmisch, mal als verregnet bezeichnet. Heuwer: »Es goss kleene Kinderköppe, keen Mensch war in meiner Bude.« Klingt gut, kann aber nicht sein, denn laut Wetterdienst Meteomedia »geht aus alten Aufzeichnungen hervor, dass es am 4. September völlig trocken war mit viel Sonnenschein. Am Tag zuvor gab es allerdings ein kräftiges Gewitter«. Und tatsächlich: Werner van Bebber notierte anlässlich des Todes von Herta Heuwer am 20. August 1999 in der F.A.Z., die Currywurst sei am 3. September entstanden, »dieses Datum hat ein Verwandter Herta Heuwers ermittelt«.


Am wahrscheinlichsten ist, dass Heuwer die Soßenrezeptur beim Tüfteln über Tage hinweg immer wieder verfeinerte und verbesserte, bis sie mit dem geschmacklichen Ergebnis zufrieden war.


 


(...)


 


Als besonders bissiger Verfechter des Mottos »Freiheit für die Currywurst« hat sich vor Jahren der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel erwiesen. Der Hesse musste sich mit einer Initiative von Verbraucherministerin Renate Künast und deren Parteifreundin Ulrike Höfgen auseinandersetzen. Denn die beiden Grünen hatten sich im Jahr 2004 angesichts knapper Kassen den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel vorgenommen. Der Vorstoß der Politikerinnen zielte auf sehr kalorien- und zuckerreiche Lebensmittel wie Limonaden, Pommes Frites - und eben Currywurst.


Doch die gesundheitsbewussten Volksvertreterinnen hatten die Rechnung ohne des Kanzlers treuen Vasallen Eichel gemacht. Der nämlich sprang energisch für das Lieblingsgericht seines Chefs Gerhard Schröder in die Bresche. Er denke nicht daran, die Mehrwertsteuer für die Kanzlerplatte zu erhöhen, teilte der kühle Rechner mit. Zur Begründung erklärte das Finanzministerium: »Die Erhebung des vollen Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel mit erhöhtem Zucker-, Fett oder Salzgehalt ist schlicht nicht durchführbar.«


Damit hat Eichel seinem Vorgesetzten einen großen Gefallen getan. Der hatte schon als niedersächsischer Ministerpräsident mit Amtssitz Hannover - Hannover! - erklärt, die beste Currywurst gebe es im Osten der Leinestadt. Souverän allerdings gab sich der eben gewählte Regierungschef beim Umzug nach Berlin. »Gute Currywurst gibt es an sehr vielen Orten«, ließ er die Bundesbürger wissen. Und hatte damit seinen Ruf als »Curry«-Kanzler weg. Immerhin: Sein Vorgänger Helmut Kohl schwärmte unverhohlen für die Pfälzer Spezialität Saumagen, ließ sie unverdrossen auch Staatsgästen auftischen, griff gelegentlich aber doch zur Currywurst. Das aber machte sich in den Medien nicht allzu gut, daher ließ sich Kohl im Gegensatz zu Schröder nicht gern an den einschlägigen Imbissbuden in der Bundeshauptstadt ablichten.


Schröder dagegen machte nie einen Hehl aus seinen fleischlichen Vorlieben. Der Kanzler, der schon mal jovial nach einer Flasche Bier verlangte, stellte sich bei Konnopke an den Tresen und erzählte immer wieder: »Es ist ja hinlänglich durch Presse und Fernsehen gegangen, dass mich manchmal der Heißhunger auf Currywurst befällt.« Schröders damalige Ehefrau Hiltrud, genannt Hillu, mochte ihrem Gatten jedoch nicht auf solche kulinarischen Entdeckungsreisen folgen. Kein Wunder: Niedersachsens First Lady war bekennende Vegetarierin. Nicht bestätigt ist allerdings das Gerücht, Schröder habe sich 1997 nur deshalb scheiden lassen, weil Hillu sich weigerte, ihm auch zu Hause eine solide Currywurst aufzutischen.


Weit über die Grenzen der Republik hinaus ist die Kunde vom Ruhm der Curry wurst und von der kanzlerschen Affinität zu dieser mittlerweile gedrungen. Wenn man dem Magazin »Der Spiegel« trauen darf, hat das zu einer humorigen Episode mit dem Erdölminister Angolas geführt. Der Mann hört auf den wohlklingenden Namen Desidério da Graça Veríssimo e Costa. Nach einem Gespräch mit dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos im Herbst 2008 bekundete der Afrikaner seinen Appetit auf eine Currywurst. Ein deutscher Berater brachte den 74-Jährigen daraufhin zum Imbissstand Curry 36 in Kreuzberg.


Zitat »Der Spiegel«:


Bei Flaschenbier verspeiste der Minister aus Angola an einem der vollen Stehtische auf dem Bürgersteig gleich mehrere Bock- und Currywürste - und offenbarte, dass er offenbar etwas missverstanden hatte. Er war der irrigen Meinung, dass Alt-Kanzler Schröder der Eigentümer der Würstchenbude sei: ›Wenn Herr Schröder einen solchen Imbiss in Luanda (Hauptstadt von Angola) eröffnet, macht er ein Bombengeschäft‹.«


 


(..)


 


Wie bekommt man Schüler dazu, ein Gedicht zu schreiben? Man gibt ihnen eine erste Zeile vor, läßt sie zwei Minuten nachdenken und dann loslegen. Das war zumindest die Aufgabenstellung bei der Vorauswahl zur bundesweiten »Deutsch-Olympiade« der neunten Klassen. Natürlich musste die zweite Zeile sich nicht auf »Currywurst« reimen, sonst hätten die Ergebnisse sicher überwiegend auf »großen Durst« gelautet. Stattdessen ging es um den inhaltlich bedenklichen, in Sachen Endreim allerdings leichter zu bewältigenden Versteil »Die Currywurst war kalt und grau«.


Doch auch die bereits vorgestellte »Entdeckung der Currywurst« von Uwe Timm hat an Oberschulen längst ihren festen Platz. Kein Wunder, dass es die Erzählung auch als »Lehrerheft mit Schülerheft« gibt, alternativ sei Pädagogen der Griff zu den broschierten »Unterrichtsmodellen mit Kopiervorlagen« geraten - natürlich ebenfalls mit Blick auf das Timmsche Original. Und eine andere Arbeit ist gar mit »Uwe Timms ›Die Entdeckung der Currywurst‹ - Sachanalyse und didaktische Reflexion« betitelt. Darin denkt die Autorin nach eigenem Bekenntnis »über die Möglichkeiten dieser Lektüre und deren Umsetzung im Literaturunterricht« nach.


Viel besser dürfte vor allem jungen Lesern diese Geschichte in der Version der ausgezeichneten Comic-Zeichnerin Isabel Kreitz schmecken. Die hat die Geschichte nämlich in eine ganz eigene und moderne Form gebracht. Auf 48 Seiten gibt die Gestalterin eine zwar gekürzte Variante des Originals wieder, nichtsdestotrotz hat sie ihre ganz persönlichen Bilder entwickelt: »Ich halte nicht viel davon, nur die Vorlage zu verwursten. Ich habe schon bei verfilmter Literatur gedacht, dass es schade ist, wenn die Bilder, die man sich beim Lesen macht, schon vorweg interpretiert werden. Und das wird bei Comics genauso gehen.« Nicht zuletzt deshalb bleibt es in den kleinen Zeichnungen bei schwarzer Tusche, die der Fantasie des Betrachters mehr Freiheiten lässt.


 


(...)


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