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Als ich die Welt mit Kinderaugen..


Lebenserinnerungen von Hans-Jürgen Maigut

von Hans-Jürgen Maigut

regionale_buecher
ISBN13-Nummer:
9783957160096
Ausstattung:
Broschiert, 240 Seiten, Farbfotos
Preis:
16.90 €
Mehr Infos zum Buch:
Website
Verlag:
Verlag Kern
Kontakt zum Autor oder Verlag:
kontakt@verlag-kern.de
Leseprobe

An einem wunderschönen, sonnigen Sonntag, der Name

machte dem Tag alle Ehre, erblickte in Rudolstadt ein kleiner

Junge das Licht der Welt. Es war der 31. Juli 1955. Seine

Eltern nannten ihn Hans-Jürgen. Hans-Jürgen Maigut, das

Sonntagskind.

Ja, ich war auch mal Kind. Hm. Was heißt eigentlich war? Oh

nein, oftmals ist mir, als ob ich in meinem tiefsten Inneren

noch ein Kind bin. Ist doch seltsam, nicht wahr?

Damals wurde ich geboren, hineingeboren in eine Welt voller

Bilder. Jede Minute, jede Stunde, jeder Tag brachte Neues an

Wissen, Erfahrungen, Entdeckungen. Es ist und war ein ständiges

Lernen, Kennenlernen und Erleben.

Als Kind hatte die Suche nach Wärme, Liebe, Geborgenheit

und Sicherheit Vorrang.

All das gaben mir meine Mutti und mein Vati und das ihr ganzes

Leben lang.

Eines war aber auch von Anfang da: Die Suche, meinen Hunger

zu stillen. Ich war gierig, ja so kann man es auch nennen.

Gierig nach allem was gut tat, was satt machte und das war zu

Beginn MUTTERMILCH.

Ich wurde lange gestillt. Ja, auch dann noch, als meine

Schwester Marita geboren war und sie diese „Nahrung" dringender

brauchte als ich. Sie macht es mir heute noch zum

Vorwurf, dass ich ihr die Milch weggetrunken habe und es

stimmt sogar.

Denn man erzählte, ich war schon 2 Jahre alt, und sobald Marita

gestillt wurde, da kam ich mit einer Fußbank dazu, kletterte

hoch und bin an die andere Brust gegangen.

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Ja, Marita das ist nun mal der Vorteil des Stärkeren, des Älteren.

Verzeih es mir bitte.

„Du Hosenmatz!"

Lebensgefahr

Diese Gier brachte mich eines Tages in Lebensgefahr, als ich

so 3 oder 4 Jahre alt war.

Mutti hatte aus Sicherheitsgründen eine Reinigungsflasche

(Möbelpolitur) auf ein Fensterbrett abgestellt, was für mich

scheinbar unerreichbar sein sollte.

Ich aber, der kleine Jürgen baute mir aus Stühlen eine Pyramide,

denn ich wollte unbedingt diese Flasche, diese mit weißer

Flüssigkeit gefüllten Flasche.

Vielleicht dachte ich an Milch.

Resultat, mir wurde der Magen ausgepumpt.

Das mit dem Auspumpen glaubte ich viele, viele Jahre bis ich

wegen des Schreibens meiner Geschichten mich mit meiner

Mutter darüber unterhielt und sie mir erzählte: „Oh nein, so

war das nicht. Ja, es stimmt, du hast diese Möbelpolitur getrunken,

aber als erste Maßnahme hat man dir sehr viel Milch

bis zum Erbrechen eingeflößt. Du hast durch deine Gier viel

Aufregung und Angst verursacht." Ich habe es überlebt und

deshalb glaube ich, dass ich doch ein Sonntagskind bin.

Noch etwas?

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr."

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Kindliche Tierliebe

Als kleiner Junge (ich war 4 oder 5 Jahre alt) bekam ich eine

Schubkarre geschenkt. Oh, war ich glücklich. Sie war so

schön, ganz aus Holz und mit roter Farbe bemalt.

Ich sagte immer „Radebärre" zu ihr. Ich sammelte alles und

fuhr damit stolz durch das ganze Dorf. In Haufeld wurden

Rinder gezüchtet und dort war ein extra abgesperrter Stall,

der Bullenstall. Dorthin traute sich keiner, außer einem Mann,

dem Verantwortlichen.

Dieser Stall war verstärkt mit Balken und Brettern und die

Wände sahen trotzdem schlimm aus. Überall waren Löcher in

Wand und Holz. Oft hörte man aus diesem Stall ein Krachen.

Es war der Bulle und vor dem hatte jeder Angst. Ich weiß

noch, er hatte einen Nasenring und dicke Ketten. Eines Tages

kam der Mann in den Stall und was sah er?

Ich - der kleine Jürgen - stand vor dem Bullen. Hinter mir

diese Wand, vor mir dieser riesige Schädel mit diesen blutunterlaufenen,

bösartigen Augen und den großen Hörnern.

Meine Schubkarre stand neben mir, gefüllt mit etwas Heu,

Stroh und Gras. Also, ich stand vor diesem Bullen und fütterte

ihn, hielt ihm Gras vor das Maul.

Man bedenke, der Bulle hätte nur etwas mit den Schädel zu

drücken brauchen ...

Matsch wäre ich gewesen.

Da hatte ich wohl einen Schutzengel gehabt.

Schlaf, Kindlein, schlaf ..."

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Mein rollendes Bettchen

Meine Eltern waren sehr jung, als sie heirateten und bald bekamen

sie ihr erstes Kind, und zwar mich, den kleinen Jürgen.

Damals wie heute liegen Babys in Stubenwagen. Ich denk

mal, du weißt, was ein Stubenwagen ist? Nein?!

Als ich ein Baby war, bestanden die Stubenwagen aus einem

geflochtenen Weidenkorb, einem Untergestell mit 4 Rädern

und einem „Himmel".

Dieser Korb wurde außen herum mit Stoff drapiert, es sollte

ja schön aussehen. Eben nur das Schönste und das Beste für

das Baby und natürlich waren da noch eine Matratze und Decke

darin.

So einen Stubenwagen hatten auch meine Eltern für mich. Ich

muss viel geweint haben, warum auch immer.

Meine Eltern haben in diesem Dorf in einer schlimmen Wohnung

gelebt. Der Fußboden war schräg, hatte ein leichtes Gefälle.

Ich weiß nicht, wer auf diesen genialen Gedanken kam.

Jedenfalls banden sie einen Strick an den Stubenwagen und

dann ließen sie ihn einfach rollen. Abwärts rollte er von alleine.

Dann zogen meine Eltern den Korb wieder zu sich heran.

Der Stubenwagen fuhr dadurch hin und her. Es soll funktioniert

haben. Ich weinte nicht mehr, war ruhig.

Altes Liedgut

Melodie: nach einer Volksweise von Johann Friedrich

Reichardt (1781) Text: aus „Des Knaben Wunderhorn",

Band III, 1808

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Schlaf, Kindlein, schlaf,

Der Vater hüt‘ die Schaf,

Die Mutter schüttelt‘s Bäumelein,

Da fällt herab ein Träumelein.

Schlaf, Kindlein, schlaf!

Schlaf, Kindlein, schlaf,

Am Himmel ziehn die Schaf,

Die Sternlein sind die Lämmerlein,

Der Mond, der ist das Schäferlein.

Schlaf, Kindlein, schlaf!

Schlaf, Kindlein, schlaf,

Christkindlein hat ein Schaf,

Ist selbst das liebe Gotteslamm,

Das um uns all zu Tode kam.

Schlaf, Kindlein, schlaf.

Schlaf, Kindlein, schlaf,

So schenk ich dir ein Schaf

Mit einer goldnen Schelle fein,

Das soll dein Spielgeselle sein.

Schlaf, Kindlein, schlaf!

Schlaf, Kindlein, schlaf,

Und blök nicht wie ein Schaf,

Sonst kommt des Schäfers Hündelein

Und beißt mein böses Kindelein.

Schlaf, Kindlein, schlaf.

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Schlaf, Kindlein, schlaf,

Geh fort und hüt‘ die Schaf,

Geh fort, du schwarzes Hündelein,

Und weck nur nicht mein Kindelein.

Schlaf, Kindlein, schlaf.

Umzug

Es war einmal ... oh nein, so beginnt jetzt kein Märchen. So

begann ein Ortswechsel. Von einem Dorf in ein anderes. Wir

zogen um und von diesem Umzug hab ich fast keinerlei Erinnerung

mehr. Ich weiß nur noch, dass unser Hausrat auf einem

Hänger geladen und mit einem Traktor abtransportiert wurde.

Wir zogen in das Heimatdorf meiner Mutti, dort wo schon

ihre Mutter und ihre Zwillingsschwester Ilse (meine Patentante)

mit ihrer Familie wohnten.

Also noch einmal.

Es war damals ein kleines Dorf mit ca. 150 Einwohnern, gelegen

in einem Tal im wunderschönen Thüringer Wald, dort wo

sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen.

Klappentext

 

In humorvollen Kapiteln erzählt der Autor von seinen Kindertagen in Thüringen und weckt damit wunderbare Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit.

Ganz sicher werden sich viele Erwachsene beim Lesen dieser wunderbaren, kurzweiligen Erzählung an ihre Kindheit in der Heimat erinnern und auf den Gedanken kommen, dass Thüringen gleich um die Ecke ist.