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Politik, Gesellschaftskritik
Buch Leseprobe FEINDESLAND, Michael Dullau
Michael Dullau

FEINDESLAND


Die ominöse Flucht und Rückkehr eines DDR-Gre

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1 │ Auseinandersetzungen


 


1. Juni 1981, Dermbach, Bezirk Suhl, Grenzregiment 3 der DDR-Grenztruppen, Sitz des Regimentskommandeurs


 


»Genosse Oberstleutnant?«


Der Regimentskommandeur nahm den Telefonhörer ab, antwortete aber nicht.


»Genosse Oberstleutnant?«, wiederholte sein Adjutant.


Ein schweres Schnaufen war zu hören, dann ein zögerliches: »Ja«.


»Genosse Oberstleutnant, der Genosse Generalmajor für Sie!«


Der Puls des Regimentskommandeurs beschleunigte sich augenblicklich. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er lockerte hektisch seinen Binder und atmete schwer.


Nicht schon wieder!, dachte der Oberstleutnant und drückte den Handballen gegen die Stirn. Das halte ich nicht mehr aus!


Einen Augenblick lang war er versucht, zu seinen Tabletten zu greifen. Doch er hatte an diesem Morgen die Tagesdosis schon eingenommen.


»Genosse Oberstleutnant?«, fragte der Adjutant noch einmal, jetzt fordernder im Ton.


Stille.


»Genosse Oberstleutnant, der Generalmajor ist jetzt schon fast eine Minute in der Leitung!«, hakte er nach. »Ich kann ihn nicht länger hinhalten!«


Wieder Stille.


»Stellen Sie durch«, sagte der Regimentskommandeur schließlich matt.


Es knackte in der Leitung, und dann hörte er auch schon die unangenehm vertraute Stimme des Generalmajors, seines direkten Vorgesetzten und zugleich Chefs des Grenzkommandos Süd der DDR-Grenztruppen.


»Mensch! Rauschenbach!«, polterte der General. »Was ist denn bei Ihnen los?! Wie lange soll ich denn noch warten?! – Ziehen Sie mal den Finger, Mann!«


»Entschuldigen Sie, Genosse Generalmajor, aber ich ... «


»Sparen Sie sich Ihre Entschuldigungen, Rauschenbach! – Wenn Sie beim Telefonieren schon so langsam sind, wird mir klar, weshalb bei Ihnen die Grenzverletzer ständig in den Westen durchbrechen!«


Der Oberstleutnant wollte etwas erwidern, doch ihm fehlte die Kraft und auch der Mut. Außerdem war der General so in Fahrt, dass eine Erwiderung ohnehin nichts gebracht hätte, außer eine weitere Schimpfkanonade. Und tatsächlich, der Generalmajor polterte weiter.


»Was läuft da schon wieder für eine Riesenscheiße in Ihrem Regiment?!«, brüllte er.


Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte er nach.


»Das ist ein dickes Ei, das Sie uns da ins Nest gelegt haben! Aber ein Faules! Das stinkt bis hierher nach Erfurt! – Aber dieses Mal, Rauschenbach, kommen Sie nicht so davon!« Der Generalmajor legte eine kurze Atempause ein und donnerte dann weiter. »Ein Politoffizier Ihres Regimentes will den Dienst quittieren! – Ein Politoffizier! – Wo gibt es denn so was! – Sind wir in einem Faschingsverein?! Wo jetzt jeder kommen und gehen kann, wann er will!«


Der General brüllte mit aller Kraft ins Telefon.


»ENTPFLICHTUNGSGESUCH?! – Was glaubt der, wo wir sind?! – Auf der Fritz Heckert*?! – Wir stehen an der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik! – An der Frontlinie zwischen Warschauer Vertrag und NATO! An der Nahtstelle zwischen Gut und Böse! Da kann man nicht einfach stiften gehen! – Haben Sie das diesem ›Offizier‹ – der diese Bezeichnung nicht mehr verdient! – klargemacht!? – Haben Sie dem einen Einlauf verpasst?! Einen, der sich gewaschen hat?! – Bis zur Halskrause hoch?! – Antworten Sie, Rauschenbach!« (* = Urlaubsschiff des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes der DDR)


»Genosse Generalmajor, ich wollte mich dazu mit Ihnen ab ...«


Weiter kam er nicht. Der Chef des Grenzkommandos Süd schnitt ihm hart das Wort ab.


»Das habe ich mir gedacht, Rauschenbach! – Ausflüchte! Immer nur Ausflüchte! Nichts als Ausflüchte von Ihnen! – Seit Monaten dieselbe Leier! – Und was passiert?! – Nichts! – In Ihrem Grenzregiment geht es drunter und drüber wie bei den Hottentotten!«


Der General holte Luft.


»Ich habe mir eine Aufstellung der Vorkommnisse des letzten Jahres in Ihrem Regiment von unseren Genossen der Verwaltung 2000 (die Abteilung der Staatssicherheit innerhalb der Grenztruppen) geben lassen! Bei Ihnen ist alles dabei – aber auch alles: Schlägereien unter wehrpflichtigen Soldaten, Alkoholexzesse bei Ihren Berufssoldaten, zwei Fahnenfluchten Anfang des Jahres – und jetzt – als negative Krönung des Ganzen – das Entpflichtungsgesuch eines Politoffiziers! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Ein Entpflichtungsgesuch eines Politoffiziers! – Eines Politoffiziers! – Was kommt als Nächstes, Rauschenbach?! Was?!«


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