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Das geheimnisvolle Grab am See


Stiller Zeuge auf vier Pfoten

von Manuel Magiera

kultur_buecher
ISBN13-Nummer:
97837549-8812-1
Ausstattung:
e-book 95 Seiten
Preis:
2.99 €
Mehr Infos zum Buch:
Website
Verlag:
neobooks
Kontakt zum Autor oder Verlag:
manuelmagiera@yahoo.de
Leseprobe

Das geheimnisvolle Grab am See

 

Während des ersten Weltkrieges kam es in Mecklenburg-Strelitz zu einem mysteriösen Todesfall.

Am 24. 02.1918 wurde der Leichnam des letzten Großherzogs Adolf Friedrich VI an der Kuhbrücke bei Neustrelitz aus dem kalten Wasser des Kammerkanals gezogen. (1) Mit seinem Ableben ging in Mecklenburg-Strelitz eine Regentschaft zu Ende, welche ihre Anfänge während der slawischen Besiedlung durch die Obodriten um 800 genommen hatte. Ein slawischer Herrscher namens Niklot begründete ab dem 12 Jahrhundert eine Dynastie, welche sich später in die Häuser Mecklenburg- Schwerin und Mecklenburg-Strelitz verzweigte. (2) Im Mannesstamm starb der Schweriner Teil inzwischen aus.

Die Strelitzer Linie wird von männlichen Nachfahren weitergeführt. (3)

Mit dem bis heute unaufgeklärten Tod Adolf Friedrichs VI endete im Februar 1918 die erste von 22 Monarchien innerhalb des Deutschen Kaiserreichs.

Wenn es auch bis zur Abdankung des Kaisers und zur Ausrufung der Republik im November 1918 Versuche des Cousins des Toten, des Schweriner Großherzogs Friedrich Franz IV gab, die Thronfolge in Strelitz zu übernehmen, kam es zu keiner ordentlichen Erbfolge mehr. Mecklenburg-Strelitz wurde eines der ersten Fürstentümer im Reich, das die Monarchie abschaffte. (4)

Der folgende Text versucht das Leben sowie die Entwicklungen in den letzten Lebenstagen und -Stunden des Strelitzer Großherzogs zu rekonstruieren um Licht in das Dunkel seines dramatischen Ablebens am 23.02.1918 zu bringen. Die wenigen bekannten Einzelheiten widersprechen sich teilweise erheblich und legen den Schluss nahe, dass die vom Strelitzer Staatsministerium vertretene Auffassung, der Großherzog habe Selbstmord begangen, in Frage gestellt werden sollte.

Quellenangaben zu den Nummern in Klammern befinden sich am Schluss.

Vorgeschichte

Als sich mein Bruder vor einigen Jahren ein Boot kaufen wollte, suchten wir einen geeigneten Liegeplatz an der Müritz dafür. Wir fanden einen kleinen Verein am Mirower See, der durch den Mirower Kanal mit der kleinen Müritz und der Müritz-Elde Wasserstraße verbunden ist. Gegenüber unserem Steg erblickte ich ein wunderhübsch restauriertes Schloss.

Es war der erste Ort, den ich in Mirow besuchte.

Seitdem lässt mich der geheimnisvolle Zauber, welcher über der Schlossinsel liegt, nicht mehr los. Der größeren Insel mit den Gebäuden ist eine kleine Insel vorgelagert, die man über eine Brücke zu Fuß oder mit dem Rad erreicht. Das Barockschlösschen gehörte den mecklenburgischen Herzögen aus der Linie Strelitz, die 1731 ihren Regierungssitz in Neustrelitz nahmen.

Neben der Schlossanlage befindet sich die Johanniter Kirche aus dem 14. Jahrhundert. Dort kann man die Särge der herzoglichen Familie hinter Glas betrachten. Wer das kleine Schloss von außen sieht, glaubt nicht, wie viel Prunk und Schönheit sich hinter seinen Mauern verbirgt. Es war vollkommen zerstört und wurde liebevoll restauriert. (1)

Die Wurzeln etlicher Fürsten-und Königshäuser liegen in Mirow

Berühmt ist das Schloss u.a. wegen des drei Königinnenpalais, welches im angrenzenden Kavaliershaus untergebracht ist. Aus dem kleinen unscheinbaren Hause Mecklenburg-Strelitz stammten drei regierende Königinnen. (2)

Den Anfang machte die 1744 im später ausgebrannten unteren Mirower Schloss geborene Charlotte. Sie heiratete mit 17 Jahren Georg III von England und wurde Königin von England. Sie hatte vierzehn! Kinder und eines davon, ihr Sohn Eduard, wurde Vater von Königin Victoria. Aus der Ehe Victorias mit ihrem Mann Albert von Sachsen-Coburg -Gotha entstammen Königin Elisabeth und ihre Nachkommen, König Harald von Norwegen, König Carl-Gustav von Schweden, Sophia und Juan Carlos mit Felipe von Spanien, Margarethe von Dänemark, Konstantin von Griechenland, Michael von Rumänien. Des Weiteren die Herrscherhäuser Serbiens, Russlands, Preußens, Sachsen-Coburg-Gotha, Hannover, Hessen, Baden und Frankreich und natürlich Prinz Phillip.

Die Paradiesvogelblume, die Stadtblume von Neustrelitz,  wurde nach der botanisch interessierten Charlotte Strelitzie genannt. Viele Orte in Amerika und auf der ganzen Welt tragen ihren Namen. Und noch jemand heißt wie sie: Charlotte, die Tochter von William und Kate.

Es gab noch eine zweite berühmte Charlotte in England: Ihre früh im Kindbett verstorbene Enkelin, Tochter von Charlottes ältestem Sohn George, der als George der IV nach seinem Vater König von England wurde. Enkelin Charlottes Ehemann Leopold wurde später König von Belgien. Er war der Onkel Queen Victorias, deren Eltern zum einen Leopolds Schwester Marie Louise Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld und zum anderen der Bruder des Königs George IV von England, Edward, Duke of Kent waren. Da alle anderen Brüder des Königs kinderlos blieben, ebnete Charlottes früher Tod ihrer Nichte Victoria den Weg zur Thronfolge. Leopold beriet die junge britische Königin und wurde einer ihrer engsten Vertrauten.

Schaut man sich die Stammbäume an, trifft die Bezeichnung Großmutter Europas nicht allein auf Victoria zu.

Ausschlaggebend war eher deren Großmutter Charlotte. In Mirow fing alles an. Das kleine Schloss ist Geburtsort der Vorfahrin der meisten Königs-und Fürstenfamilien Europas und des letzten russischen Zarenhauses. Zwei Nichten machten es der berühmten Tante nach:

In Hannover wurde 1776 aus dem Hause Mecklenburg-Strelitz Luise geboren sowie ihre zwei Jahre jüngere Schwester Friederike. Luise wird eine der wichtigsten und beliebtesten Königinnen von Preußen werden und Napoleon bezaubern.  Ihre Schwester Friederike wird Königin von Hannover. (3)

Magie und Faszination

Nach der Schlossbesichtigung wanderte ich über eine Brücke auf die kleinere Insel, die Liebesinsel genannt wird. (1) Dort befindet sich ein Grab mit einem Grabmal, das der Tote selbst ein Jahr vor seinem Ableben entworfen hat: Eine abgebrochene Säule als Zeichen eines zu früh abgebrochenen Lebens und die Schlange des Lebens, die sich um die Säule windet. Sie zeichnet für die ewige Verbundenheit von Leben und Tod. Gegenüber dem Grabmal stehen zwei große Bänke aus Stein, auf denen man ausruhen und nachdenken kann.

Ich konnte meinen Blick nicht von dem ungewöhnlichen Stein abwenden, las immer wieder den Namen des jungen Mannes, der mit 36 Jahren bereits so früh sterben musste: Adolf Friedrich VI von Mecklenburg-Strelitz. (1)

Gott ist die Liebe steht auf dem Grabmal. Daher rührt wohl die Bezeichnung Liebesinsel, dachte ich mir. Die abgebrochene Säule als Sinnbild für den frühen Tod und die Schlange, die uns klarmacht, dass wir einem immerwährenden Kreislauf unterliegen: Geburt und Tod. Wenn man weiß, dass Leben und Tod untrennbar miteinander verbunden sind und zum Leben der Tod gehört, fällt es einem leichter, ihm in jüngeren Lebensjahren ins Auge zu sehen. Er ist immer da, begleitet jeden, der geboren wird und holt ihn ein, wenn die Zeit gekommen ist. Leben und Tod bilden eine ewige Einheit.

Interessiert am Schicksal des Verstorbenen begann ich zu recherchieren. Anfangs las ich alles, was ich an öffentlich zugänglichen Texten finden konnte. Zeitungsberichte und vom Staatsministerium herausgegebene Informationen enthielten Aussagen zu Selbstmord, ausgelöst durch eine Liebesaffäre, die die geplante Hochzeit des Großherzogs mit einer ebenbürtigen Prinzessin verhindert hatte.

Der Besuch des Leichenfundorts am Kammerkanal in Neustrelitz mit Spaziergang durch die angrenzende Schlosskoppel erbrachte erste Zweifel am Wahrheitsgehalt der Berichte. Weitere Recherchen im Archiv des Kulturquartiers in Neustrelitz erhärteten meine Vermutung.

Das Ereignis trug sich vor hundert Jahren zu und wird, hätte es nicht stattgefunden, wohl kaum Auswirkungen auf die deutsche Geschichte im ausgehenden Jahr 1918 gehabt haben. Eines erscheint jedoch sicher:

Wenn es einen Versuch gegeben hat, den jungen Großherzog im monarchistischen Deutschland aus dem Weg zu räumen, wurde diese Tat am 09. November 1918 mit Ausrufung der Republik für alle Beteiligten sinnlos.

 

Mai 1917

Seit August 1914 tobt in Europa der erste Weltkrieg. Ein junger Offizier steigt im Mai 1917 in Neustrelitz in den Zug. Er weiß von Giftgas, welches Soldaten  erblinden lässt und ihnen einen qualvollen Tod beschert. Er kennt Maschinenpistolen, die in wenigen Minuten ganze Bataillone auslöschen können und er hat Fahrzeuge gesehen, die auf Ketten fahren und alles zermalmen, was sich ihnen in den Weg stellt. Trotzdem ist sein Ziel die Westfront, denn er fährt als Soldat in den fürchterlichen Krieg. (1)

Ob er heil und gesund zurückkehren wird? , fragt er sich, angesichts der Grauen, die ihn erwarten. Es ist nicht sein erster Aufenthalt an der Front, die sich fast 750 Km weit von der Schweiz über Frankreich nach Belgien an den Ärmelkanal erstreckt. (2,3) Seine Gedanken schweifen ab. Er denkt an sein Land und an seine Heimat, denn er trägt als Großherzog von Mecklenburg-Strelitz die Verantwortung dafür.

Nach dem Tode seines Vaters Adolf Friedrich V bestieg er als Adolf-Friedrich VI. vor drei Jahren den Thron.

Während der langen Reise beschließt der 35-Jährige sein Testament aufzusetzen. Er schreibt sinngemäß:

Eigentlich wollte ich ein ganz anderes Leben führen. Zumindest aber ein eigenes. Mein Leben gleicht einem Theater. Trotzdem verachte ich das Leben nicht. Auch wäre ich nicht froh, es zu verlassen. Jedoch, wenn es denn so sein müsste, würde ich frohen Herzens scheiden, denn ich vertraue meinem Erlöser. “(4)

Nachdem er seine letzten Wünsche notiert hat, besinnt er sich kurz. Sodann beginnt er konzentriert zu zeichnen. Ein Grabmal, welches aus einer Säule besteht, um die sich von oben nach unten eine Schlange windet, nimmt auf dem Papier Formen an. Die Säule wird durch ein Kapitell abgeschlossen.

Am echten Grab, neun Monate später, wird die Schlange von unten nach oben winden.

Er will nicht in der Familiengruft beigesetzt werden, die sich in der Johanniter Kirche in Mirow befindet, sondern auf der dem dortigen Schloss seiner Vorfahren vorgelagerten kleinen Insel. Diese wird später nur noch Liebesinsel heißen.

Auf seiner Grabplatte soll stehen: Gott ist die Liebe. (4a)

Dieses Testament, das als letzter Wille während der Fahrt an eine Kriegsfront aufgesetzt wurde, kann schwerlich einen erst neun Monate später stattfindenden Suicid ankündigen.

Alles passt eher zur Aussage, dass er seinem Erlöser vertraut. Wir können unterstellen, dass damit Gott gemeint ist. An der Tatsache, dass ein Soldat, auch wenn er als Offizier vielleicht nicht stets in vorderster Front stehen und kämpfen muss, auf der Fahrt zum Kriegsschauplatz sein Testament schreibt, ist nichts Ungewöhnliches zu entdecken.

Auch der Inhalt seines letzten Willens klingt absolut vernünftig und kann nicht als Indiz für einen später geplanten Selbstmord gewertet werden:

Der Großherzog  ist nicht verheiratet und hat auch noch keine Kinder, die ihn beerben können. Als Landesherr trägt er eine hohe Verantwortung für sein Volk. Er setzt daher seinen Patensohn Christian von Mecklenburg-Schwerin als seinen Nachfolger ein. Der Fünfjährige ist der zweite Sohn seines Cousins, des Großherzogs Friedrich Franz IV von Mecklenburg-Schwerin.

Beide Großherzogtümer entstanden zunächst als Herzogtümer durch den Hamburger Erbvergleich im Jahre 1701. Die gemeinsame Verfassung, die 1755 von Adolf Friedrich IV bestätigt wurde, enthielt weitreichende Zugeständnisse an die Landstände. (5)(6)

 

Klappentext

Adolf Friedrich VI wurde nicht in der Familiengruft in der Johanniter Kirche zu Mirow beigesetzt, sondern auf der Liebesinsel, die dem Schloss Mirow vorgelagert ist.

Der Bericht untersucht die Zusammenhänge seines mysteriösen Todes und deckt Widersprüche an der im Februar 1918 vom Strelitzer Staatsministerium herausgegebenen Darstellung, der 36-jährige Großherzog habe sich wegen einer erpresserischen Liebschaft das Leben genommen, auf. Es beginnt mit einer allgemeinen Beschreibung der Familiengeschichte der Strelitzer Herzöge. Der Großherzog hatte sich für die Einführung einer Verfassung seines aufgrund von ständischen Querelen arg rückständigen Landesteils eingesetzt und wollte notfalls aus dem 1701 geschlossenen Erbgrundgesetzlichen Vertrag mit dem Schweriner Großherzogtum seines Vetters Friedrich Franz IV ausscheiden. Der erste Weltkrieg verhinderte zunächst weitere Aktionen. Sein mysteriöses Ableben lässt auch die Möglichkeit eines gewaltsamen Todes nicht ausschließen. Es wird immer wahrscheinlicher, dass die Selbstmordtheorie absichtlich in die Welt gesetzt wurde. Hierzu wurden die Beziehungen des Großherzogs zu Damen und Herren sowie die Vorwürfe und Erpressungsversuche zu einer bestimmten Dame untersucht. Politische Hintergründe, sowie die Frage nach einem ominösen Brief mit kaiserlichem Siegel spielen eine wichtige Rolle. Den Abschluss bilden die Ereignisse des 21.-24. 02. Februar 1918, die kurze Zeit vor seinem Tod, der Todestag und der Tag der Leichenbergung. Hier finden sich etliche Ungereimtheiten, die Fragen aufwerfen.

Wenn ein regierender Großherzog derartig jung und mysteriös den Tod findet, sollte auch nach 105 Jahren noch ein Interesse an der Aufklärung des Falles bestehen. Falls es sich doch um Fremdverschulden handelte, wäre das nicht nur dem Toten und seiner Familie geschuldet, sondern der Geschichte Mecklenburg-Strelitz′s und seiner Bürger.

Rezension

Protagonist ist der erst 36-jährige Adolf Friedrich VI, Großherzog von Mecklenburg -Strelitz. Er starb am 23.02.1918 unter mehr als mysteriösen Umständen. Der Autor Manuel Magiera besuchte das geheimnisvolle Grab am Mirower See auf der Liebesinsel und wurde von einer starken Aura verzaubert. Er begann zu recherchieren, las alles, was über den Großherzog geschrieben wurde. Er besuchte Neustrelitz, das Kulturquartier und das Museum der großherzoglichen Familie. Recherchen an der Leichenfundstätte und logisches Denken sowie aneinanderreihen und hinterfragen der vielen Berichte überzeugten den geschichtsbegeisterten Hobbyarchäologen: Die Erklärungsversuche des Staatsminsteres Heinrich Bossart können nicht stimmen. Weder die Lebedame Margit Höllrigl, noch die Fürstin Daisy von Pless und schon gar nicht die Sängerin und Operndiva Mafalda Salvatini waren Grund für einen Selbstmord, begangen in geistiger. Umnachtung. Adolf Friedrich VI war klar und bewusst, als er Notizen und Brief  in seinem Schreibtisch verschloss. Er war keinesfalls davon überzeugt, den Abend des 23.02.1918 nicht zu überleben, als er um 16 Uhr das Parkhaus zusammen mit seinem Hund, der Dogge ″Bulli″ zum täglichen Spaziergang verließ.

 

Manuel Magiera hat begonnen einen Kriminalfall aufzukären, der es wert ist, dass ihm Beachtung geschenkt wird. Mord verjährt nie!