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> Fantasy Bücher > Siebenreich - Die letzten Scherben
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Fantasy Bücher
Buch Leseprobe Siebenreich - Die letzten Scherben, Michael Kothe
Michael Kothe

Siebenreich - Die letzten Scherben



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Kapitel 2: Julia 1.


Auf der anderen Seite der Morgenberge schleppte sich Julia vorwärts. Das Gebirge und den Wald hatte sie vor zwei Tagen verlassen. Sie fühlte sich schmutzig, war hungrig, ausgelaugt. Einfach fertig. Dazu kam, was sie von dieser Welt mitbekommen hatte, war der reinste Horror. Surreal, chaotisch. Zuletzt an diesem Vormittag. Auch jetzt, als die Abenddämmerung sich beruhigend über das Land legte, hatte die Angst sie immer noch im Griff. Die letzten Tage hatten einfach ihr Vorstellungsvermögen überstiegen. Noch hatte sie gar nicht wahrgenommen, dass sie das Brachland längst hinter sich gelassen hatte und sich nun zwischen Stoppelfeldern dahinmühte. Ein paar Grillen zirpten, als wollten sie dem Sommer ein Abschiedsständchen geben. Als sie den Kopf hob, sah sie das Dorf. Ein paar Häuser nur, eine Mauer außen herum, ein hölzerner Wachtturm am Tor, aber immerhin ein Dorf. Sie riss sich zusammen, verfiel in Trab und eilte erleichtert dem Tor entgegen. Unwillkürlich musste sie über sich selbst lachen, als ihr auffiel, wie sie sogar in ihrer jetzigen Situation brav einen Fuß vor den anderen setzte, die Fußspitzen unbewusst gerade nach vorn gerichtet. Als Kind hatte man ihr eingetrichtert, sie solle auf einen ordentlichen Gang achten. Wenn schon diese Welt nicht funktionierte, wie sie sollte, wollte sie wenigstens ihr eigenes bisschen Ordnung aufrechterhalten! -


 


Die Kerle waren zu viert. »Seht mal dort! Jetzt rennt sie auch noch. Hat wohl unser Dorf entdeckt.« »Die Frau ist keine von hier. Schon auf die große Entfernung sieht sie anders aus.« »Du hast Recht. Ihr Gang ist unsicher, aber dennoch anmutiger. Sie scheint mir recht erschöpft.« »Und sie ist besser angezogen. Wie die edlen Frauen in den Städten. Feinerer Stoff. Ihr Kleid flattert im Wind.« Der Größte wandte sein Gesicht dem letzten Sprecher zu. »Was weißt du schon von den Städten? Du bist doch nie dort gewesen.« Dann sah er wieder nach draußen, verfolgte die Frau mit seinen Blicken. »Ja, sie scheint wirklich anders als die Mägde, die sich uns hingeben oder sich zumindest nicht widersetzen. Ich habe Lust auf etwas Frisches, etwas Besonderes. Los jetzt, dann erwischen wir sie noch bei den Büschen vor dem Tor!« Eilig kletterten die vier die Leitern des Wachtturms hinab und rannten nach draußen. Vor der Mauer schwenkten sie nach links und huschten gebückt zwischen den Büschen der Frau entgegen. Julia lief ihnen direkt in die Arme. Matt und in einem viel zu dünnen Sommerkleid, dessen Risse ihren Betrachtern nun aus der Nähe reichlich bleiche Haut zeigten, schien sie ihnen das geborene Opfer. Sie hatte ihre Lage noch nicht durchschaut, als sie sie schon an sich drückten, sie begrapschten und sie unvermittelt die Hand des ältesten, des Anführers, zwischen ihren Schenkeln spürte. Ihr Herz raste, sie spürte einen Kloß im Hals, bekam ihn einfach nicht hinunter. Schützend presste sie die Hände über ihren Schoß. Ihr Peiniger befahl dem jüngsten, oben wieder seinen Posten zu beziehen. Mit dem Zeigefinger auf den Lippen gebot er ihm Schweigen. Andernfalls ..., er fuhr mit ausgestreckten Fingern unterm Kinn von einer Seite zur anderen. Der Junge trollte sich. Die übrigen wussten, was zu tun war. Es war nicht das erste Mal. Zwei standen Schmiere, der dritte machte sich über das Opfer her. Abwechselnd, nacheinander. Nie hatte eine Frau oder ein Mädchen auch nur einen Ton über die Schmach verloren. Der Anführer war nun mit ihr allein, sah, wie ihr Körper bebte. Er streichelte mit dem Handrücken ihre Wange, er nahm sich Zeit, ihr das Kleid von der Schulter zu streifen. Der feine Stoff gefiel ihm, wie alle hier trug er selbst nur grob gewirktes Zeug. Ihre Blicke trafen sich und blieben aneinander hängen. Die Furcht in ihren Augen erregte ihn noch mehr, sie gab ihm das köstliche Gefühl von Überlegenheit. Jedoch blieb ihm nur ein Augenblick, seine Vorfreude auszukosten. Flammender Schmerz durchfuhr ihn und presste ihm die Luft aus der Lunge. Er krümmte sich, ging in die Knie. Beide Hände fuhren instinktiv in den Schritt, um einen weiteren Angriff ihres Knies abzuwehren, und in der falschen Hoffnung, den Schmerz wegdrücken zu können. Überrascht sah er zu ihr auf. Sein Unterbewusstsein weigerte sich zu glauben, dass sie ihn angegriffen hatte. Immer noch unfähig, Luft zu holen, sah er ihr nach, wie sie flüchtete, schon hundert Schritte von ihm entfernt das Tor durcheilte. Eben hatte sie noch so erschöpft ausgesehen! Sie musste wohl ihre letzten Kräfte eingesetzt haben. Ihr Angriff hatte sie noch begehrlicher gemacht. Als er wieder atmen konnte, ignorierte er den Schmerz und hastete ihr hinterher. Eilig rief er seine Kumpane zu sich. Sie holten auf, je weiter sie ins Dorf rannten, und weideten sich an ihrer Angst. Die paar Knechte und Mägde, an denen sie vorbeiliefen, hoben die Köpfe und sahen ihnen nach. Niemand wollte sich mit ihnen anlegen. Die drei warfen sich gegenseitig aufmunternde Blicke zu, ihres Erfolges waren sie sich sicher: Gerade war die Frau in eine Koppel gerannt. Eine Sackgasse. ...


 


Ende der Leseprobe


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