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Fantasy Bücher
Buch Leseprobe HEROES 01 Blutsbrüder, Susan B. Hunt
Susan B. Hunt

HEROES 01 Blutsbrüder



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Prolo


Februar 2025. Die schwarze Limousine fuhr langsam die staubige Straße entlang, die mitten in die Wüste Arizonas führte. Die Scheiben des Wagens waren getönt. Von außen war nicht erkennbar, wer darin saß.


In wenigen Minuten sollte das Treffen stattfinden, das unter großer Geheimhaltung vereinbart worden war.


Professor Sterling versuchte, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Der Forscher, der seit mehr als fünfzig Jahren für die Armee arbeitete, sollte heute einen mächtigen Mann treffen.


Alexej Prokojev.


Seine Begleitung war die Chinesin Dr. Wong. Die kleine Frau, deren schwarzes glattes Haar immer zu einem strengen Zopf geflochten war. Sterlings Wunderwaffe.


Der russische Milliardär, der auf sie wartete, mischte bei der Armee gehörig mit, wenn auch nur im Geheimen. Sterling war sich nicht sicher, wie viele Menschen überhaupt davon wussten, aber ihm war die ganze Politik sowieso egal. Ihn interessierte nur seine Forschung..


Er hatte zusammen mit Dr. Wong an dieser Top Secret Mission gearbeitet und heute würde sich herausstellen, ob er die finanziellen Mittel dafür bekam. Von Prokojev.


Als der Wagen langsamer wurde, wuchs Sterlings Anspannung.


Schließlich blieb die Limousine stehen und der Fahrer stieg aus, um ihnen die Türen zu öffnen. Dr. Wong und Professor Sterling blinzelten, als sie den abgedunkelten Innenraum des Wagens verließen und in die gleißende Sonne Arizonas hinaus traten. Sofort trat ihnen der Schweiß aus allen Poren. Es hatte nicht selten fünfzig Grad in der Wüste, während es nachts eisig kalt wurde.


Sie wurden zu einem Geländewagen geführt, in dem ein Mann auf sie wartete. Der Russe Alexej Prokojev. Als sie zwanzig Minuten später zurück zu der Limousine gingen, lächelte Professor Sterling. Er hatte bekommen, was er wollte. Es ging um sehr, sehr viel Geld. Prokojev war bereit, die Mittel zu Verfügung zu stellen, damit Sterling die perfekten Soldaten erschaffen konnte. Männer, die außergewöhnliche Fähigkeiten hatten, über Superkräfte verfügten, und die als Auftragskiller dienten. Keine Angst kannten, Befehle ausführten, ohne Gewissensbisse und ohne sie zu hinterfragen. Sterling würde Superhelden aus ihnen machen.


Das Serum wartete im Hochsicherheitstrakt seines Labors und den ersten potentiellen Kandidaten hatte er schon gefunden.


 


1. Kapitel


 


Professor Sterling ging in seinem Büro auf und ab. Er hatte große Mühe, seine Anspannung zu verbergen. Heute war der Tag. Der erste Mann für die Umwandlung wurde vorbereitet.


Seit Jahren sehnte er sich nach diesem Moment. Als er spürte, dass das Handy in der Tasche seines Arztkittels vibrierte, zuckte er zusammen.


Es war der Startgong für das Experiment. Seine geschätzte Mitarbeiterin Dr. Wong erwartete ihn. Die Asiatin besaß außergewöhnliche Fachkenntnis auf dem Gebiet der Genforschung und war seine wichtigste Mitarbeiterin.


Er stieg in den Aufzug und fuhr damit in die Kellerräume, wo vor der Welt verborgen, das Wunder vollbracht werden sollte.


Er passierte die sterile Schleuse und musste, um weiter zu kommen, einen Tropfen Blut opfern. Nur wenige Menschen hatten Zutritt zu den heiligen Räumen. Während ein Blutstropfen aus seinem Finger auf den Scanner tropfte, versuchte er tief durchzuatmen und seinen hektisch flatternden Puls unter Kontrolle zu bringen.


Endlich öffnete sich die letzte Barriere und er stand im OP-Raum. Der junge Mann lag nackt auf dem Stahltisch und nur seine Lenden waren notdürftig mit einem grünen Tuch bedeckt. Er war noch bei vollem Bewusstsein, sah aber kein bisschen ängstlich aus. Das sollte er eigentlich, dachte Sterling, und wunderte sich über die Ruhe und Gelassenheit, die der Mann ausstrahlte.


 


Dr. Wong trug bereits ihren Mundschutz, lediglich ihre Augen waren zu sehen. Dunkle schräg stehend mandelförmige Augen, die ernst und konzentriert blickten.


»Thorn, mein Sohn«, Sterling legte eine Hand auf die nackte Schulter des Mannes.


Grüne Augen sahen ihn an. Gott, diese Augen hatten eine Tiefe. Und sein Gesicht wirkte wie gemeißelt. Der fein geschwungene Mund, die ausgeprägten Wangenknochen, das alles waren Attribute männlicher Schönheit.


»Kann es losgehen?«


Sterling zuckte zusammen. Er war so sehr in die Betrachtung seines Versuchsobjektes vertieft, dass ihn die strenge Stimme der Asiatin abrupt auf den Boden zurückholte.


»Ich bin bereit, Dr. Wong.«


Er wandte sich dem Patienten zu und räusperte sich, bevor er etwas sagen konnte. »Wir sind soweit. Denken Sie immer daran, dies wird ein großer Tag für Sie werden. Sie erwachen als neuer Mensch, im Dienste der Wissenschaft.«


Er nickte Wong zu. Diese trat heran und injizierte das Narkosemittel in den vorbereiteten venösen Zugang an der Armbeuge des Mannes.


Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der Mann in tiefem Schlaf lag. Sowohl sein Puls als auch Herzschlag und Blutdruck wurden genau überwacht und aufgezeichnet. Bei der geringsten Störung würden hochsensible Maschinen sofort Alarm schlagen.


Außer dem regelmäßigen Piepsen der Geräte war es still im OP. Anders als bei gewöhnlichen Eingriffen in Krankenhäusern, bei denen es von Assistenten und Krankenschwestern nur so wimmelte, waren Professor Sterling und Dr. Wong die Einzigen, die sich hier aufhielten.


Sterling zog das Serum auf und reichte es Wong. Mit ihrer sterilen OP-Kleidung, der Haube über ihrem Haar und der Maske über Mund und Nase, sah man nur ihre perfekt geschminkten Augen.


Der Blick aus ihnen war kühl. Die Asiatin wirkte wie immer, beherrscht und hochkonzentriert. Sie zögerte keine Sekunde, nahm die Spritze mit dem Serum entgegen und injizierte dem jungen Mann einen Cocktail, von dem niemand wirklich genau wusste, was er bewirken würde.


 


Sobald das Mittel Thorns Blutkreislauf erreicht hatte, bäumte sich dessen Körper auf. Man hatte ihn zwar fixiert, doch sein Körper hob sich einige Zentimeter von dem kühlen, glatten Tisch aus Edelstahl, auf den man ihn gelegt hatte. Ein Zittern durchlief den nackten Körper des Mannes und schon schlugen die Geräte Alarm. Seine Pulsfrequenz hatte sich vervierfacht. Das Blutdruckmessgerät gab einen schrillen Dauerton von sich und die Herztöne, die das EKG wiedergab, hörten sich an wie der rasende Galopp eines Rennpferdes.


»Tun Sie etwas, Dr. Wong«, Sterling sah die Ärztin panisch an. »Er stirbt uns unter den Händen weg.«


 


Völlig ungerührt erwiderte sie seinen Blick und ihre Stimme klang gedämpft durch den Mundschutz. »Ich kann nichts tun. Der Vorgang kann nicht gestoppt werden. Jetzt wird sich zeigen, wie stark dieser junge Mann ist.« Sie machte eine Pause und Sterling war entsetzt darüber, wie emotionslos sie dastand und nicht einmal mit der Wimper zuckte. »Was haben Sie denn gedacht, dass dies alles ein Spaziergang für ihn wird?«


Das ist Wahnsinn, wir bringen ihn um. Das habe ich nicht gewollt. Der Professor rang mit sich selbst. Er war versucht, all die Schläuche aus Thorns Körper zu reißen und ihn zu schütteln. Der Mann in ihm wurde noch panischer, denn der Raum war angefüllt mit schrecklichen Geräuschen. Thorns Körper bebte und bäumte sich weiter auf, es war so furchtbar, dass Sterling verzweifelt die Augen schloss. Aber so erschreckend es war, der Wissenschaftler in ihm war eigenartig fasziniert. Konnte ein Mensch das überstehen?


Jetzt, da die finanziellen Mittel vorhanden waren, mit der Unterstützung des Russen, gab es wahrscheinlich wirklich kein Zurück. Prokojev erwartete Berichterstattung, sobald wie möglich.


Ein paar Sekunden zögerte Sterling, unsicher, was er tun sollte. Dann jedoch gewann der Wissenschaftler Oberhand gegen den Mann und er drehte sich um, um den OP-Trakt zu verlassen. Er konnte hier nichts mehr tun, außer abwarten. In seinem Büro genehmigte er sich erst einmal einen Schluck Whiskey, direkt aus der Flasche. Dann machte er sich sofort daran, die bisherigen Erkenntnisse auf seinem PC zu dokumentieren.


 


Während Thorn im Hochsicherheitstrakt des Bunkers um sein Leben kämpfte.


Dr. Wong quittierte das Verschwinden von Sterling mit hochgezogenen Augenbrauen, wandte sich aber schnell wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe zu. Sie kontrollierte die Dosis des nächsten Medikaments, das sie in wenigen Minuten durch Thorns Blutkreislauf jagen würde. Sie hatte nicht das geringste Mitgefühl für diesen jungen Mann. Er war aus gutem Grund für dieses Experiment ausgewählt worden.


Seine körperliche Konstitution war exzellent, es gab keine Familie, die sich um ihn sorgte oder nach ihm fragen würde, sollte der Versuch fehlschlagen. Für sie war er nicht mehr als eine Laborratte. Wenn eine starb, wurde die Nächste hergenommen, so einfach war das.


 


Thorn fühlte sich, als würde flüssiges Feuer durch seine Adern pulsieren. In seinen Ohren dröhnte es. Sein Bewusstsein schwebte über einem tiefen Krater, gefüllt mit Lava. Hin und wieder driftete er ab und schwarzer Rauch, der aus dem Krater aufstieg, umnebelte sein Gehirn.


Er war nicht tot und nicht lebendig. Schmerz fraß sich wie ätzende Säure in jeden einzelnen seiner Muskelstränge. Es fühlte sich an, als würde ihm seine Haut zu eng. Seine Kehle wurde blockiert, er würgte und hatte das Gefühl zu ersticken. Er wollte seine Augen öffnen und die Ärzte anflehen, diese Schmerzen von ihm zu nehmen. Doch er war gefangen in glühendem Feuer und Schmerz, Angst und Hilflosigkeit. Es gab kein Zurück.


 


Nachdem die Asiatin die nächste Ampulle in Thorns Arme injiziert hatte, strich sie gedankenverloren über die nackte Brust des Mannes. Es war nicht so, dass sie in irgendeiner Weise etwas für ihn empfand. Nein, sie war auf der Suche nach der besten Stelle, an der sie ihr Zeichen auf seiner Haut hinterlassen konnte. Sie fand, dass genau über seinem Herzen die perfekte Stelle war.Gerade war der Patient ein wenig ruhiger geworden. Schweißgebadet lag er auf dem kalten Tisch, seine Puls- und Herzfrequenz waren zwar immer noch jenseits aller Normalität, doch er hatte aufgehört zu zucken.


Mit einem süffisanten Lächeln hielt sie das Eisen in der Hand, das sie zuvor in glühenden Kohlen erhitzt hatte. Präzise platzierte sie das rot glühende Brandeisen auf seiner linken Brust. Als sie es mit beiden Händen auf seine Haut drückte, schmorte sich das Eisen in seine Brust. Es zischte und der Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte den Raum.


Einigen Sekunden später, als sie das Gefühl hatte, es wäre genug, legte sie zufrieden das Eisen weg, trat einen Schritt zurück und begutachtete ihr Werk. Jetzt war er gezeichnet. Die Stelle, direkt über seinem Herzen, war rot und die Haut darum herum schwoll an. Der Stern war perfekt zu erkennen.


Kurz, nur ganz kurz, dachte sie darüber nach, die Stelle zu kühlen. Dann jedoch wandte sie sich schulterzuckend ab. Was spielte ein bisschen mehr Schmerz jetzt für eine Rolle? Im Moment gab es nichts zu tun für sie.


Die nächste Infusion war erst in ein paar Stunden fällig. Sie verließ den Raum, schaltete aber vorher die Überwachungskamera an, die es ermöglichte, ihr Experiment von ihrem Büro aus im Auge zu behalten. Die Türe schlug mit einem dumpfen Knall zu und der Mann war allein.


 


Thorn hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er hörte die Tür schlagen und wusste, dass er alleine war. Wie viele Stunden oder Tage lag er schon hier? Sie hatten ihm versprochen, dass er nichts spüren würde. Welch ein Hohn. Er fühlte so viel Schmerz, wie noch nie zuvor in seinem Leben und würde um den Tod flehen, wenn es ihm möglich wäre. Doch er konnte weder seine Augen öffnen, noch sprechen. Er musste die schlimmsten Höllenqualen stumm erleiden.


Kaum hatte das Brennen in seinen Adern ein kleines bisschen nachgelassen, verspürte er einen neuen Schmerz. Als ob man ihm bei lebendigem Leib die Haut vom Fleisch schälen würde. In seinem Kopf wirbelten Farben herum. Rot glühend und Nachtschwarz. Die Farben für seine Qualen. Er wollte im Schwarz versinken, denn es verhieß den Tod, der für ihn eine Erlösung bedeutete. Doch kaum wollte er hineintauchen, in das Vergessen, riss ihn glühendes Rot wieder in den Schlund der Hölle und die Folter begann von Neuem. Das Herz in seiner Brust pochte hart gegen seine Rippen und stolperte immer wieder. Doch es setzte niemals aus. Stetig schlug es, hart und schmerzhaft und pumpte Blut durch seinen Körper. Oder war es glühende Lava?


 


Sterling hatte den Bericht für Prokojev verfasst und begab sich auf den Weg in Wongs Büro.


Als Nächstes war vorgesehen, die Augen des Probanden in Angriff zu nehmen. Forschungsergebnisse der Armee in Sachen Nachtsichttechnik sollten erstmals getestet werden.


Ein leichter Schauer durchlief ihn, als er an die Bilder der Überwachungskamera dachte, die seit zwei Tagen alles Geschehen im OP-Raum übertrugen. Wie hielt ein Mensch diese Tortur aus? Wenn er gekonnt hätte, er hätte abgebrochen. Doch er wusste, dass es kein Zurück mehr gab, von dem Moment an, als das erste Serum die Blutlaufbahn des Mannes erreicht hatte.


Natürlich war Dr. Wong bereits im OP, wie nicht anders erwartet. Seine Mitarbeiterin war eine brillante Ärztin, doch sie hatte einen Ehrgeiz entwickelt, der Sterling fast ein wenig Angst machte. So kühl und unnahbar wie eh und je stand sie da. Ihr Gesicht drückte Ungeduld aus, und sobald der Professor bei ihr war, zog sie ihren Mundschutz hoch und wandte sich Thorn zu.


Der Eingriff, der ihm bevorstand, war alles andere als einfach. Doch bisher hatte sich der junge Mann tapfer gehalten. Er hatte die letzten zwei Tage überlebt und mit viel Glück würde er auch das überleben. Sterling assistierte Wong. Beide arbeiteten schweigend und hochkonzentriert.


Nachdem sie ihm mit Zangen die Augenlider auseinandergezogen und fixiert hatten, wurde erst einmal mit steriler Kochsalzlösung gespült. Dann holte die Ärztin mit einem löffelähnlichen Instrument den linken Augapfel aus der Augenhöhle des Mannes. Sie tat dies mit einer Behutsamkeit, die man ihr gar nicht zutraute. Allerdings vermutete der Professor, dass sie es nur deshalb so vorsichtig tat, um den Sehnerv nicht zu verletzen. Mit einer speziell dafür konstruierten Spritze injizierte sie das Serum genau in den Nervenstrang. Danach setzte sie das präparierte Auge wieder an seinen Platz.


Mit Thorns rechtem Auge verfuhr sie genauso. Zwei Stunden später stand den beiden Ärzten der Schweiß auf der Stirn. Einige wenige Handgriffe später waren sie fertig.


Der Patient hatte während der Prozedur weder gezuckt, noch sonst eine Regung von sich gegeben. Er lag wie tot auf dem Edelstahltisch. Wong hatte ihm eine großzügige Dosis Morphium gespritzt, weil die kleinste Bewegung von ihm den Verlust seiner Augen zu Folge gehabt hätte.


Lediglich die medizinischen Geräte verrieten durch ihr permanentes Pfeifen, dass Thorns Puls und Herzschlag noch immer jenseits jeglicher Normalität waren.


Die beiden Wissenschaftler versicherten sich, dass die Überwachungskamera eingeschaltet war, und ließen ihn allein.


Wenn Professor Sterling das Brandmal bemerkt hatte, so hatte er zumindest kein Wort darüber verloren, was der asiatischen Ärztin ein zufriedenes Lächeln entlockte.


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


Prolog


 


 


 


Februar 2025. Die schwarze Limousine fuhr langsam die staubige Straße entlang, die mitten in die Wüste Arizonas führte. Die Scheiben des Wagens waren getönt. Von außen war nicht erkennbar, wer darin saß.


 


In wenigen Minuten sollte das Treffen stattfinden, das unter großer Geheimhaltung vereinbart worden war.


 


Professor Sterling versuchte, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Der Forscher, der seit mehr als fünfzig Jahren für die Armee arbeitete, sollte heute einen mächtigen Mann treffen.


 


Alexej Prokojev.


 


Seine Begleitung war die Chinesin Dr. Wong. Die kleine Frau, deren schwarzes glattes Haar immer zu einem strengen Zopf geflochten war. Sterlings Wunderwaffe.


 


Der russische Milliardär, der auf sie wartete, mischte bei der Armee gehörig mit, wenn auch nur im Geheimen. Sterling war sich nicht sicher, wie viele Menschen überhaupt davon wussten, aber ihm war die ganze Politik sowieso egal. Ihn interessierte nur seine Forschung.


 


Er hatte zusammen mit Dr. Wong an dieser Top Secret Mission gearbeitet und heute würde sich herausstellen, ob er die finanziellen Mittel dafür bekam. Von Prokojev.


 


Als der Wagen langsamer wurde, wuchs Sterlings Anspannung.


 


Schließlich blieb die Limousine stehen und der Fahrer stieg aus, um ihnen die Türen zu öffnen. Dr. Wong und Professor Sterling blinzelten, als sie den abgedunkelten Innenraum des Wagens verließen und in die gleißende Sonne Arizonas hinaus traten. Sofort trat ihnen der Schweiß aus allen Poren. Es hatte nicht selten fünfzig Grad in der Wüste, während es nachts eisig kalt wurde.


 


Sie wurden zu einem Geländewagen geführt, in dem ein Mann auf sie wartete. Der Russe Alexej Prokojev.


 


Als sie zwanzig Minuten später zurück zu der Limousine gingen, lächelte Professor Sterling.


 


Er hatte bekommen, was er wollte. Es ging um sehr, sehr viel Geld. Prokojev war bereit, die Mittel zu Verfügung zu stellen, damit Sterling die perfekten Soldaten erschaffen konnte. Männer, die außergewöhnliche Fähigkeiten hatten, über Superkräfte verfügten, und die als Auftragskiller dienten. Keine Angst kannten, Befehle ausführten, ohne Gewissensbisse und ohne sie zu hinterfragen. Sterling würde Superhelden aus ihnen machen.


 


Das Serum wartete im Hochsicherheitstrakt seines Labors und den ersten potentiellen Kandidaten hatte er schon gefunden.


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


1. Kapitel


 


 


 


Professor Sterling ging in seinem Büro auf und ab. Er hatte große Mühe, seine Anspannung zu verbergen.


 


Heute war der Tag. Der erste Mann für die Umwandlung wurde vorbereitet.


 


Seit Jahren sehnte er sich nach diesem Moment.


 


Als er spürte, dass das Handy in der Tasche seines Arztkittels vibrierte, zuckte er zusammen.


 


Es war der Startgong für das Experiment.


 


Seine geschätzte Mitarbeiterin Dr. Wong erwartete ihn. Die Asiatin besaß außergewöhnliche Fachkenntnis auf dem Gebiet der Genforschung und war seine wichtigste Mitarbeiterin.


 


Er stieg in den Aufzug und fuhr damit in die Kellerräume, wo vor der Welt verborgen, das Wunder vollbracht werden sollte.


 


Er passierte die sterile Schleuse und musste, um weiter zu kommen, einen Tropfen Blut opfern. Nur wenige Menschen hatten Zutritt zu den heiligen Räumen.


 


Während ein Blutstropfen aus seinem Finger auf den Scanner tropfte, versuchte er tief durchzuatmen und seinen hektisch flatternden Puls unter Kontrolle zu bringen.


 


Endlich öffnete sich die letzte Barriere und er stand im OP-Raum. Der junge Mann lag nackt auf dem Stahltisch und nur seine Lenden waren notdürftig mit einem grünen Tuch bedeckt.


 


Er war noch bei vollem Bewusstsein, sah aber kein bisschen ängstlich aus. Das sollte er eigentlich, dachte Sterling, und wunderte sich über die Ruhe und Gelassenheit, die der Mann ausstrahlte.


 


Dr. Wong trug bereits ihren Mundschutz, lediglich ihre Augen waren zu sehen. Dunkle schräg stehend mandelförmige Augen, die ernst und konzentriert blickten.


 


»Thorn, mein Sohn«, Sterling legte eine Hand auf die nackte Schulter des Mannes.


 


Grüne Augen sahen ihn an. Gott, diese Augen hatten eine Tiefe. Und sein Gesicht wirkte wie gemeißelt. Der fein geschwungene Mund, die ausgeprägten Wangenknochen, das alles waren Attribute männlicher Schönheit.


 


»Kann es losgehen?«


 


Sterling zuckte zusammen. Er war so sehr in die Betrachtung seines Versuchsobjektes vertieft, dass ihn die strenge Stimme der Asiatin abrupt auf den Boden zurückholte.


 


»Ich bin bereit, Dr. Wong.«


 


Er wandte sich dem Patienten zu und räusperte sich, bevor er etwas sagen konnte.


 


»Wir sind soweit. Denken Sie immer daran, dies wird ein großer Tag für Sie werden. Sie erwachen als neuer Mensch, im Dienste der Wissenschaft.«


 


Er nickte Wong zu. Diese trat heran und injizierte das Narkosemittel in den vorbereiteten venösen Zugang an der Armbeuge des Mannes.


 


Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der Mann in tiefem Schlaf lag. Sowohl sein Puls als auch Herzschlag und Blutdruck wurden genau überwacht und aufgezeichnet. Bei der geringsten Störung würden hochsensible Maschinen sofort Alarm schlagen.


 


Außer dem regelmäßigen Piepsen der Geräte war es still im OP. Anders als bei gewöhnlichen Eingriffen in Krankenhäusern, bei denen es von Assistenten und Krankenschwestern nur so wimmelte, waren Professor Sterling und Dr. Wong die Einzigen, die sich hier aufhielten.


 


Sterling zog das Serum auf und reichte es Wong. Mit ihrer sterilen OP-Kleidung, der Haube über ihrem Haar und der Maske über Mund und Nase, sah man nur ihre perfekt geschminkten Augen.


 


Der Blick aus ihnen war kühl. Die Asiatin wirkte wie immer, beherrscht und hochkonzentriert.


 


Sie zögerte keine Sekunde, nahm die Spritze mit dem Serum entgegen und injizierte dem jungen Mann einen Cocktail, von dem niemand wirklich genau wusste, was er bewirken würde.


 


Sobald das Mittel Thorns Blutkreislauf erreicht hatte, bäumte sich dessen Körper auf.


 


Man hatte ihn zwar fixiert, doch sein Körper hob sich einige Zentimeter von dem kühlen, glatten Tisch aus Edelstahl, auf den man ihn gelegt hatte. Ein Zittern durchlief den nackten Körper des Mannes und schon schlugen die Geräte Alarm. Seine Pulsfrequenz hatte sich vervierfacht. Das Blutdruckmessgerät gab einen schrillen Dauerton von sich und die Herztöne, die das EKG wiedergab, hörten sich an wie der rasende Galopp eines Rennpferdes.


 


»Tun Sie etwas, Dr. Wong«, Sterling sah die Ärztin panisch an. »Er stirbt uns unter den Händen weg.«


 


Völlig ungerührt erwiderte sie seinen Blick und ihre Stimme klang gedämpft durch den Mundschutz. »Ich kann nichts tun. Der Vorgang kann nicht gestoppt werden. Jetzt wird sich zeigen, wie stark dieser junge Mann ist.« Sie machte eine Pause und Sterling war entsetzt darüber, wie emotionslos sie dastand und nicht einmal mit der Wimper zuckte. »Was haben Sie denn gedacht, dass dies alles ein Spaziergang für ihn wird?«


 


Das ist Wahnsinn, wir bringen ihn um. Das habe ich nicht gewollt. Der Professor rang mit sich selbst. Er war versucht, all die Schläuche aus Thorns Körper zu reißen und ihn zu schütteln. Der Mann in ihm wurde noch panischer, denn der Raum war angefüllt mit schrecklichen Geräuschen. Thorns Körper bebte und bäumte sich weiter auf, es war so furchtbar, dass Sterling verzweifelt die Augen schloss. Aber so erschreckend es war, der Wissenschaftler in ihm war eigenartig fasziniert. Konnte ein Mensch das überstehen?


 


Jetzt, da die finanziellen Mittel vorhanden waren, mit der Unterstützung des Russen, gab es wahrscheinlich wirklich kein Zurück. Prokojev erwartete Berichterstattung, sobald wie möglich.


 


Ein paar Sekunden zögerte Sterling, unsicher, was er tun sollte. Dann jedoch gewann der Wissenschaftler Oberhand gegen den Mann und er drehte sich um, um den OP-Trakt zu verlassen. Er konnte hier nichts mehr tun, außer abwarten.


 


In seinem Büro genehmigte er sich erst einmal einen Schluck Whiskey, direkt aus der Flasche. Dann machte er sich sofort daran, die bisherigen Erkenntnisse auf seinem PC zu dokumentieren.


 


Während Thorn im Hochsicherheitstrakt des Bunkers um sein Leben kämpfte.


 


Dr. Wong quittierte das Verschwinden von Sterling mit hochgezogenen Augenbrauen, wandte sich aber schnell wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe zu.


 


Sie kontrollierte die Dosis des nächsten Medikaments, das sie in wenigen Minuten durch Thorns Blutkreislauf jagen würde. Sie hatte nicht das geringste Mitgefühl für diesen jungen Mann. Er war aus gutem Grund für dieses Experiment ausgewählt worden.


 


Seine körperliche Konstitution war exzellent, es gab keine Familie, die sich um ihn sorgte oder nach ihm fragen würde, sollte der Versuch fehlschlagen. Für sie war er nicht mehr als eine Laborratte. Wenn eine starb, wurde die Nächste hergenommen, so einfach war das.


 


Thorn fühlte sich, als würde flüssiges Feuer durch seine Adern pulsieren. In seinen Ohren dröhnte es. Sein Bewusstsein schwebte über einem tiefen Krater, gefüllt mit Lava. Hin und wieder driftete er ab und schwarzer Rauch, der aus dem Krater aufstieg, umnebelte sein Gehirn.


 


Er war nicht tot und nicht lebendig. Schmerz fraß sich wie ätzende Säure in jeden einzelnen seiner Muskelstränge. Es fühlte sich an, als würde ihm seine Haut zu eng. Seine Kehle wurde blockiert, er würgte und hatte das Gefühl zu ersticken. Er wollte seine Augen öffnen und die Ärzte anflehen, diese Schmerzen von ihm zu nehmen. Doch er war gefangen in glühendem Feuer und Schmerz, Angst und Hilflosigkeit. Es gab kein Zurück.


 


Nachdem die Asiatin die nächste Ampulle in Thorns Arme injiziert hatte, strich sie gedankenverloren über die nackte Brust des Mannes. Es war nicht so, dass sie in irgendeiner Weise etwas für ihn empfand. Nein, sie war auf der Suche nach der besten Stelle, an der sie ihr Zeichen auf seiner Haut hinterlassen konnte.


 


Sie fand, dass genau über seinem Herzen die perfekte Stelle war.


 


Gerade war der Patient ein wenig ruhiger geworden. Schweißgebadet lag er auf dem kalten Tisch, seine Puls- und Herzfrequenz waren zwar immer noch jenseits aller Normalität, doch er hatte aufgehört zu zucken.


 


Mit einem süffisanten Lächeln hielt sie das Eisen in der Hand, das sie zuvor in glühenden Kohlen erhitzt hatte.


 


Präzise platzierte sie das rot glühende Brandeisen auf seiner linken Brust. Als sie es mit beiden Händen auf seine Haut drückte, schmorte sich das Eisen in seine Brust. Es zischte und der Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte den Raum.


 


Einigen Sekunden später, als sie das Gefühl hatte, es wäre genug, legte sie zufrieden das Eisen weg, trat einen Schritt zurück und begutachtete ihr Werk.


 


Jetzt war er gezeichnet. Die Stelle, direkt über seinem Herzen, war rot und die Haut darum herum schwoll an. Der Stern war perfekt zu erkennen.


 


Kurz, nur ganz kurz, dachte sie darüber nach, die Stelle zu kühlen. Dann jedoch wandte sie sich schulterzuckend ab. Was spielte ein bisschen mehr Schmerz jetzt für eine Rolle? Im Moment gab es nichts zu tun für sie.


 


Die nächste Infusion war erst in ein paar Stunden fällig. Sie verließ den Raum, schaltete aber vorher die Überwachungskamera an, die es ermöglichte, ihr Experiment von ihrem Büro aus im Auge zu behalten. Die Türe schlug mit einem dumpfen Knall zu und der Mann war allein.


 


Thorn hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er hörte die Tür schlagen und wusste, dass er alleine war. Wie viele Stunden oder Tage lag er schon hier? Sie hatten ihm versprochen, dass er nichts spüren würde. Welch ein Hohn. Er fühlte so viel Schmerz, wie noch nie zuvor in seinem Leben und würde um den Tod flehen, wenn es ihm möglich wäre. Doch er konnte weder seine Augen öffnen, noch sprechen. Er musste die schlimmsten Höllenqualen stumm erleiden.


 


Kaum hatte das Brennen in seinen Adern ein kleines bisschen nachgelassen, verspürte er einen neuen Schmerz. Als ob man ihm bei lebendigem Leib die Haut vom Fleisch schälen würde. In seinem Kopf wirbelten Farben herum. Rot glühend und Nachtschwarz. Die Farben für seine Qualen. Er wollte im Schwarz versinken, denn es verhieß den Tod, der für ihn eine Erlösung bedeutete. Doch kaum wollte er hineintauchen, in das Vergessen, riss ihn glühendes Rot wieder in den Schlund der Hölle und die Folter begann von Neuem. Das Herz in seiner Brust pochte hart gegen seine Rippen und stolperte immer wieder. Doch es setzte niemals aus. Stetig schlug es, hart und schmerzhaft und pumpte Blut durch seinen Körper. Oder war es glühende Lava?


 


Sterling hatte den Bericht für Prokojev verfasst und begab sich auf den Weg in Wongs Büro.


 


Als Nächstes war vorgesehen, die Augen des Probanden in Angriff zu nehmen. Forschungsergebnisse der Armee in Sachen Nachtsichttechnik sollten erstmals getestet werden.


 


Ein leichter Schauer durchlief ihn, als er an die Bilder der Überwachungskamera dachte, die seit zwei Tagen alles Geschehen im OP-Raum übertrugen. Wie hielt ein Mensch diese Tortur aus? Wenn er gekonnt hätte, er hätte abgebrochen. Doch er wusste, dass es kein Zurück mehr gab, von dem Moment an, als das erste Serum die Blutlaufbahn des Mannes erreicht hatte.


 


Natürlich war Dr. Wong bereits im OP, wie nicht anders erwartet. Seine Mitarbeiterin war eine brillante Ärztin, doch sie hatte einen Ehrgeiz entwickelt, der Sterling fast ein wenig Angst machte. So kühl und unnahbar wie eh und je stand sie da. Ihr Gesicht drückte Ungeduld aus, und sobald der Professor bei ihr war, zog sie ihren Mundschutz hoch und wandte sich Thorn zu.


 


Der Eingriff, der ihm bevorstand, war alles andere als einfach. Doch bisher hatte sich der junge Mann tapfer gehalten. Er hatte die letzten zwei Tage überlebt und mit viel Glück würde er auch das überleben.


 


Sterling assistierte Wong. Beide arbeiteten schweigend und hochkonzentriert.


 


Nachdem sie ihm mit Zangen die Augenlider auseinandergezogen und fixiert hatten, wurde erst einmal mit steriler Kochsalzlösung gespült.


 


Dann holte die Ärztin mit einem löffelähnlichen Instrument den linken Augapfel aus der Augenhöhle des Mannes. Sie tat dies mit einer Behutsamkeit, die man ihr gar nicht zutraute. Allerdings vermutete der Professor, dass sie es nur deshalb so vorsichtig tat, um den Sehnerv nicht zu verletzen. Mit einer speziell dafür konstruierten Spritze injizierte sie das Serum genau in den Nervenstrang. Danach setzte sie das präparierte Auge wieder an seinen Platz.


 


Mit Thorns rechtem Auge verfuhr sie genauso. Zwei Stunden später stand den beiden Ärzten der Schweiß auf der Stirn. Einige wenige Handgriffe später waren sie fertig.


 


Der Patient hatte während der Prozedur weder gezuckt, noch sonst eine Regung von sich gegeben. Er lag wie tot auf dem Edelstahltisch. Wong hatte ihm eine großzügige Dosis Morphium gespritzt, weil die kleinste Bewegung von ihm den Verlust seiner Augen zu Folge gehabt hätte.


 


Lediglich die medizinischen Geräte verrieten durch ihr permanentes Pfeifen, dass Thorns Puls und Herzschlag noch immer jenseits jeglicher Normalität waren.


 


Die beiden Wissenschaftler versicherten sich, dass die Überwachungskamera eingeschaltet war, und ließen ihn allein.


 


Wenn Professor Sterling das Brandmal bemerkt hatte, so hatte er zumindest kein Wort darüber verloren, was der asiatischen Ärztin ein zufriedenes Lächeln entlockte.


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


Prolog


 


 


 


Februar 2025. Die schwarze Limousine fuhr langsam die staubige Straße entlang, die mitten in die Wüste Arizonas führte. Die Scheiben des Wagens waren getönt. Von außen war nicht erkennbar, wer darin saß.


 


In wenigen Minuten sollte das Treffen stattfinden, das unter großer Geheimhaltung vereinbart worden war.


 


Professor Sterling versuchte, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Der Forscher, der seit mehr als fünfzig Jahren für die Armee arbeitete, sollte heute einen mächtigen Mann treffen.


 


Alexej Prokojev.


 


Seine Begleitung war die Chinesin Dr. Wong. Die kleine Frau, deren schwarzes glattes Haar immer zu einem strengen Zopf geflochten war. Sterlings Wunderwaffe.


 


Der russische Milliardär, der auf sie wartete, mischte bei der Armee gehörig mit, wenn auch nur im Geheimen. Sterling war sich nicht sicher, wie viele Menschen überhaupt davon wussten, aber ihm war die ganze Politik sowieso egal. Ihn interessierte nur seine Forschung.


 


Er hatte zusammen mit Dr. Wong an dieser Top Secret Mission gearbeitet und heute würde sich herausstellen, ob er die finanziellen Mittel dafür bekam. Von Prokojev.


 


Als der Wagen langsamer wurde, wuchs Sterlings Anspannung.


 


Schließlich blieb die Limousine stehen und der Fahrer stieg aus, um ihnen die Türen zu öffnen. Dr. Wong und Professor Sterling blinzelten, als sie den abgedunkelten Innenraum des Wagens verließen und in die gleißende Sonne Arizonas hinaus traten. Sofort trat ihnen der Schweiß aus allen Poren. Es hatte nicht selten fünfzig Grad in der Wüste, während es nachts eisig kalt wurde.


 


Sie wurden zu einem Geländewagen geführt, in dem ein Mann auf sie wartete. Der Russe Alexej Prokojev.


 


Als sie zwanzig Minuten später zurück zu der Limousine gingen, lächelte Professor Sterling.


 


Er hatte bekommen, was er wollte. Es ging um sehr, sehr viel Geld. Prokojev war bereit, die Mittel zu Verfügung zu stellen, damit Sterling die perfekten Soldaten erschaffen konnte. Männer, die außergewöhnliche Fähigkeiten hatten, über Superkräfte verfügten, und die als Auftragskiller dienten. Keine Angst kannten, Befehle ausführten, ohne Gewissensbisse und ohne sie zu hinterfragen. Sterling würde Superhelden aus ihnen machen.


 


Das Serum wartete im Hochsicherheitstrakt seines Labors und den ersten potentiellen Kandidaten hatte er schon gefunden.


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


1. Kapitel


 


 


 


Professor Sterling ging in seinem Büro auf und ab. Er hatte große Mühe, seine Anspannung zu verbergen.


 


Heute war der Tag. Der erste Mann für die Umwandlung wurde vorbereitet.


 


Seit Jahren sehnte er sich nach diesem Moment.


 


Als er spürte, dass das Handy in der Tasche seines Arztkittels vibrierte, zuckte er zusammen.


 


Es war der Startgong für das Experiment.


 


Seine geschätzte Mitarbeiterin Dr. Wong erwartete ihn. Die Asiatin besaß außergewöhnliche Fachkenntnis auf dem Gebiet der Genforschung und war seine wichtigste Mitarbeiterin.


 


Er stieg in den Aufzug und fuhr damit in die Kellerräume, wo vor der Welt verborgen, das Wunder vollbracht werden sollte.


 


Er passierte die sterile Schleuse und musste, um weiter zu kommen, einen Tropfen Blut opfern. Nur wenige Menschen hatten Zutritt zu den heiligen Räumen.


 


Während ein Blutstropfen aus seinem Finger auf den Scanner tropfte, versuchte er tief durchzuatmen und seinen hektisch flatternden Puls unter Kontrolle zu bringen.


 


Endlich öffnete sich die letzte Barriere und er stand im OP-Raum. Der junge Mann lag nackt auf dem Stahltisch und nur seine Lenden waren notdürftig mit einem grünen Tuch bedeckt.


 


Er war noch bei vollem Bewusstsein, sah aber kein bisschen ängstlich aus. Das sollte er eigentlich, dachte Sterling, und wunderte sich über die Ruhe und Gelassenheit, die der Mann ausstrahlte.


 


Dr. Wong trug bereits ihren Mundschutz, lediglich ihre Augen waren zu sehen. Dunkle schräg stehend mandelförmige Augen, die ernst und konzentriert blickten.


 


»Thorn, mein Sohn«, Sterling legte eine Hand auf die nackte Schulter des Mannes.


 


Grüne Augen sahen ihn an. Gott, diese Augen hatten eine Tiefe. Und sein Gesicht wirkte wie gemeißelt. Der fein geschwungene Mund, die ausgeprägten Wangenknochen, das alles waren Attribute männlicher Schönheit.


 


»Kann es losgehen?«


 


Sterling zuckte zusammen. Er war so sehr in die Betrachtung seines Versuchsobjektes vertieft, dass ihn die strenge Stimme der Asiatin abrupt auf den Boden zurückholte.


 


»Ich bin bereit, Dr. Wong.«


 


Er wandte sich dem Patienten zu und räusperte sich, bevor er etwas sagen konnte.


 


»Wir sind soweit. Denken Sie immer daran, dies wird ein großer Tag für Sie werden. Sie erwachen als neuer Mensch, im Dienste der Wissenschaft.«


 


Er nickte Wong zu. Diese trat heran und injizierte das Narkosemittel in den vorbereiteten venösen Zugang an der Armbeuge des Mannes.


 


Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der Mann in tiefem Schlaf lag. Sowohl sein Puls als auch Herzschlag und Blutdruck wurden genau überwacht und aufgezeichnet. Bei der geringsten Störung würden hochsensible Maschinen sofort Alarm schlagen.


 


Außer dem regelmäßigen Piepsen der Geräte war es still im OP. Anders als bei gewöhnlichen Eingriffen in Krankenhäusern, bei denen es von Assistenten und Krankenschwestern nur so wimmelte, waren Professor Sterling und Dr. Wong die Einzigen, die sich hier aufhielten.


 


Sterling zog das Serum auf und reichte es Wong. Mit ihrer sterilen OP-Kleidung, der Haube über ihrem Haar und der Maske über Mund und Nase, sah man nur ihre perfekt geschminkten Augen.


 


Der Blick aus ihnen war kühl. Die Asiatin wirkte wie immer, beherrscht und hochkonzentriert.


 


Sie zögerte keine Sekunde, nahm die Spritze mit dem Serum entgegen und injizierte dem jungen Mann einen Cocktail, von dem niemand wirklich genau wusste, was er bewirken würde.


 


Sobald das Mittel Thorns Blutkreislauf erreicht hatte, bäumte sich dessen Körper auf.


 


Man hatte ihn zwar fixiert, doch sein Körper hob sich einige Zentimeter von dem kühlen, glatten Tisch aus Edelstahl, auf den man ihn gelegt hatte. Ein Zittern durchlief den nackten Körper des Mannes und schon schlugen die Geräte Alarm. Seine Pulsfrequenz hatte sich vervierfacht. Das Blutdruckmessgerät gab einen schrillen Dauerton von sich und die Herztöne, die das EKG wiedergab, hörten sich an wie der rasende Galopp eines Rennpferdes.


 


»Tun Sie etwas, Dr. Wong«, Sterling sah die Ärztin panisch an. »Er stirbt uns unter den Händen weg.«


 


Völlig ungerührt erwiderte sie seinen Blick und ihre Stimme klang gedämpft durch den Mundschutz. »Ich kann nichts tun. Der Vorgang kann nicht gestoppt werden. Jetzt wird sich zeigen, wie stark dieser junge Mann ist.« Sie machte eine Pause und Sterling war entsetzt darüber, wie emotionslos sie dastand und nicht einmal mit der Wimper zuckte. »Was haben Sie denn gedacht, dass dies alles ein Spaziergang für ihn wird?«


 


Das ist Wahnsinn, wir bringen ihn um. Das habe ich nicht gewollt. Der Professor rang mit sich selbst. Er war versucht, all die Schläuche aus Thorns Körper zu reißen und ihn zu schütteln. Der Mann in ihm wurde noch panischer, denn der Raum war angefüllt mit schrecklichen Geräuschen. Thorns Körper bebte und bäumte sich weiter auf, es war so furchtbar, dass Sterling verzweifelt die Augen schloss. Aber so erschreckend es war, der Wissenschaftler in ihm war eigenartig fasziniert. Konnte ein Mensch das überstehen?


 


Jetzt, da die finanziellen Mittel vorhanden waren, mit der Unterstützung des Russen, gab es wahrscheinlich wirklich kein Zurück. Prokojev erwartete Berichterstattung, sobald wie möglich.


 


Ein paar Sekunden zögerte Sterling, unsicher, was er tun sollte. Dann jedoch gewann der Wissenschaftler Oberhand gegen den Mann und er drehte sich um, um den OP-Trakt zu verlassen. Er konnte hier nichts mehr tun, außer abwarten.


 


In seinem Büro genehmigte er sich erst einmal einen Schluck Whiskey, direkt aus der Flasche. Dann machte er sich sofort daran, die bisherigen Erkenntnisse auf seinem PC zu dokumentieren.


 


Während Thorn im Hochsicherheitstrakt des Bunkers um sein Leben kämpfte.


 


Dr. Wong quittierte das Verschwinden von Sterling mit hochgezogenen Augenbrauen, wandte sich aber schnell wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe zu.


 


Sie kontrollierte die Dosis des nächsten Medikaments, das sie in wenigen Minuten durch Thorns Blutkreislauf jagen würde. Sie hatte nicht das geringste Mitgefühl für diesen jungen Mann. Er war aus gutem Grund für dieses Experiment ausgewählt worden.


 


Seine körperliche Konstitution war exzellent, es gab keine Familie, die sich um ihn sorgte oder nach ihm fragen würde, sollte der Versuch fehlschlagen. Für sie war er nicht mehr als eine Laborratte. Wenn eine starb, wurde die Nächste hergenommen, so einfach war das.


 


Thorn fühlte sich, als würde flüssiges Feuer durch seine Adern pulsieren. In seinen Ohren dröhnte es. Sein Bewusstsein schwebte über einem tiefen Krater, gefüllt mit Lava. Hin und wieder driftete er ab und schwarzer Rauch, der aus dem Krater aufstieg, umnebelte sein Gehirn.


 


Er war nicht tot und nicht lebendig. Schmerz fraß sich wie ätzende Säure in jeden einzelnen seiner Muskelstränge. Es fühlte sich an, als würde ihm seine Haut zu eng. Seine Kehle wurde blockiert, er würgte und hatte das Gefühl zu ersticken. Er wollte seine Augen öffnen und die Ärzte anflehen, diese Schmerzen von ihm zu nehmen. Doch er war gefangen in glühendem Feuer und Schmerz, Angst und Hilflosigkeit. Es gab kein Zurück.


 


Nachdem die Asiatin die nächste Ampulle in Thorns Arme injiziert hatte, strich sie gedankenverloren über die nackte Brust des Mannes. Es war nicht so, dass sie in irgendeiner Weise etwas für ihn empfand. Nein, sie war auf der Suche nach der besten Stelle, an der sie ihr Zeichen auf seiner Haut hinterlassen konnte.


 


Sie fand, dass genau über seinem Herzen die perfekte Stelle war.


 


Gerade war der Patient ein wenig ruhiger geworden. Schweißgebadet lag er auf dem kalten Tisch, seine Puls- und Herzfrequenz waren zwar immer noch jenseits aller Normalität, doch er hatte aufgehört zu zucken.


 


Mit einem süffisanten Lächeln hielt sie das Eisen in der Hand, das sie zuvor in glühenden Kohlen erhitzt hatte.


 


Präzise platzierte sie das rot glühende Brandeisen auf seiner linken Brust. Als sie es mit beiden Händen auf seine Haut drückte, schmorte sich das Eisen in seine Brust. Es zischte und der Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte den Raum.


 


Einigen Sekunden später, als sie das Gefühl hatte, es wäre genug, legte sie zufrieden das Eisen weg, trat einen Schritt zurück und begutachtete ihr Werk.


 


Jetzt war er gezeichnet. Die Stelle, direkt über seinem Herzen, war rot und die Haut darum herum schwoll an. Der Stern war perfekt zu erkennen.


 


Kurz, nur ganz kurz, dachte sie darüber nach, die Stelle zu kühlen. Dann jedoch wandte sie sich schulterzuckend ab. Was spielte ein bisschen mehr Schmerz jetzt für eine Rolle? Im Moment gab es nichts zu tun für sie.


 


Die nächste Infusion war erst in ein paar Stunden fällig. Sie verließ den Raum, schaltete aber vorher die Überwachungskamera an, die es ermöglichte, ihr Experiment von ihrem Büro aus im Auge zu behalten. Die Türe schlug mit einem dumpfen Knall zu und der Mann war allein.


 


Thorn hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er hörte die Tür schlagen und wusste, dass er alleine war. Wie viele Stunden oder Tage lag er schon hier? Sie hatten ihm versprochen, dass er nichts spüren würde. Welch ein Hohn. Er fühlte so viel Schmerz, wie noch nie zuvor in seinem Leben und würde um den Tod flehen, wenn es ihm möglich wäre. Doch er konnte weder seine Augen öffnen, noch sprechen. Er musste die schlimmsten Höllenqualen stumm erleiden.


 


Kaum hatte das Brennen in seinen Adern ein kleines bisschen nachgelassen, verspürte er einen neuen Schmerz. Als ob man ihm bei lebendigem Leib die Haut vom Fleisch schälen würde. In seinem Kopf wirbelten Farben herum. Rot glühend und Nachtschwarz. Die Farben für seine Qualen. Er wollte im Schwarz versinken, denn es verhieß den Tod, der für ihn eine Erlösung bedeutete. Doch kaum wollte er hineintauchen, in das Vergessen, riss ihn glühendes Rot wieder in den Schlund der Hölle und die Folter begann von Neuem. Das Herz in seiner Brust pochte hart gegen seine Rippen und stolperte immer wieder. Doch es setzte niemals aus. Stetig schlug es, hart und schmerzhaft und pumpte Blut durch seinen Körper. Oder war es glühende Lava?


 


Sterling hatte den Bericht für Prokojev verfasst und begab sich auf den Weg in Wongs Büro.


 


Als Nächstes war vorgesehen, die Augen des Probanden in Angriff zu nehmen. Forschungsergebnisse der Armee in Sachen Nachtsichttechnik sollten erstmals getestet werden.


 


Ein leichter Schauer durchlief ihn, als er an die Bilder der Überwachungskamera dachte, die seit zwei Tagen alles Geschehen im OP-Raum übertrugen. Wie hielt ein Mensch diese Tortur aus? Wenn er gekonnt hätte, er hätte abgebrochen. Doch er wusste, dass es kein Zurück mehr gab, von dem Moment an, als das erste Serum die Blutlaufbahn des Mannes erreicht hatte.


 


Natürlich war Dr. Wong bereits im OP, wie nicht anders erwartet. Seine Mitarbeiterin war eine brillante Ärztin, doch sie hatte einen Ehrgeiz entwickelt, der Sterling fast ein wenig Angst machte. So kühl und unnahbar wie eh und je stand sie da. Ihr Gesicht drückte Ungeduld aus, und sobald der Professor bei ihr war, zog sie ihren Mundschutz hoch und wandte sich Thorn zu.


 


Der Eingriff, der ihm bevorstand, war alles andere als einfach. Doch bisher hatte sich der junge Mann tapfer gehalten. Er hatte die letzten zwei Tage überlebt und mit viel Glück würde er auch das überleben.


 


Sterling assistierte Wong. Beide arbeiteten schweigend und hochkonzentriert.


 


Nachdem sie ihm mit Zangen die Augenlider auseinandergezogen und fixiert hatten, wurde erst einmal mit steriler Kochsalzlösung gespült.


 


Dann holte die Ärztin mit einem löffelähnlichen Instrument den linken Augapfel aus der Augenhöhle des Mannes. Sie tat dies mit einer Behutsamkeit, die man ihr gar nicht zutraute. Allerdings vermutete der Professor, dass sie es nur deshalb so vorsichtig tat, um den Sehnerv nicht zu verletzen. Mit einer speziell dafür konstruierten Spritze injizierte sie das Serum genau in den Nervenstrang. Danach setzte sie das präparierte Auge wieder an seinen Platz.


 


Mit Thorns rechtem Auge verfuhr sie genauso. Zwei Stunden später stand den beiden Ärzten der Schweiß auf der Stirn. Einige wenige Handgriffe später waren sie fertig.


 


Der Patient hatte während der Prozedur weder gezuckt, noch sonst eine Regung von sich gegeben. Er lag wie tot auf dem Edelstahltisch. Wong hatte ihm eine großzügige Dosis Morphium gespritzt, weil die kleinste Bewegung von ihm den Verlust seiner Augen zu Folge gehabt hätte.


 


Lediglich die medizinischen Geräte verrieten durch ihr permanentes Pfeifen, dass Thorns Puls und Herzschlag noch immer jenseits jeglicher Normalität waren.


 


Die beiden Wissenschaftler versicherten sich, dass die Überwachungskamera eingeschaltet war, und ließen ihn allein.


 


Wenn Professor Sterling das Brandmal bemerkt hatte, so hatte er zumindest kein Wort darüber verloren, was der asiatischen Ärztin ein zufriedenes Lächeln entlockte.


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


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