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Fantasy Bücher
Buch Leseprobe Der Fünfte Kreis, Roman Klein
Roman Klein

Der Fünfte Kreis



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Die Sonne hatte den Mittagspunkt überschritten und wandte sich nach Osten. Jasman wartete unten im Tal, wie es Baldur ihm befohlen hatte. Er war nervös, denn alles, was er bisher mitbekam, waren herabstürzende Steine, bebende Felsen und ein Murren und Knurren des Berges. Er betrachtete den hellen Lichtstrahl, als er senkrecht in den Himmel schoss, sehr genau und wusste, dass Hardy es geschafft hatte. Sein Herz lachte und Freude übermannte ihn, als er in die Gesichter seiner Helden blicken durfte. Nach einer kurzen Pause und einem eiligen Mahl gingen sie weiter und folgten Baldur. Vor ihnen türmten sich drohend die Berge, aber der Pfad führte bald in eine Bodensenke und sie konnten nur die hohen Hänge und weit im Norden die Gipfel sehen.



Nach einem ausgedehnten Schweigemarsch rannte Annika nach vorn, wo Baldur unbeirrt dem Pfad folgte.

„Meister Baldur“, klopfte sie zaghaft bei ihm an und steckte voller Erwartungen. „Ich habe Euch Unrecht getan und möchte mich hiermit in aller Form bei Euch entschuldigen.“

„Ihr habt so dagegen gehalten, wie es Freunde nun mal tun. Frau Annika, Euer Herz lenkte Eure Zunge, nicht Euer Verstand. Auch ich wäre aus mir gefahren“, antwortete er beherzt.

Eine schwere Last fiel von Annika ab. „Dann seid Ihr mir nicht böse?“

„Wäre ich wütend auf Euch, hätte ich mich meiner Zauberkraft erinnert und Euch in eine Maus verwandelt.“

Jetzt stockte Annika der Atem und sie vergaß Luft zu holen. Dann bemerkte sie an Baldur, dass seine Augen funkelten und ein hämisches Schmunzeln über seine vollen Lippen kroch. Und Annika war erleichtert darüber, dass der Meister anscheinend seinen Humor behalten hatte.

Baldur hatte Annika schon längst verziehen. Er schlug jetzt ein schnelles Tempo an und die anderen folgten ihm, so rasch sie konnten.

„Wohin führt uns eigentlich dieser knorrige Weg?“, fragte Hardy und wandte sich zu Iwo um, der hinter ihm herging.

Die Umgebung war Iwo fremd, nie zuvor war er hier gewesen, alles war kahl und öde und farblos, selbst das saftig hellgrüne Berggras wich ausgedorrten Grasbüscheln, die hier und da in Spalten und Fugen aus dem Gestein sprossen. Ansonsten, wo man hinschaute, nackter grauer Fels zur rechten wie zur linken Seite des schmalen Pfades.

„Ich kenne diesen Ort nicht, jedenfalls kann ich mich nicht mehr an ihn erinnern“, antwortete Iwo. „Ich vermute, Herr Baldur führt uns zum Fürsten aller Felsen und Steine, der inmitten eines dicht bewaldeten Hains seit je her thront. Seltsame Geschichten hörte ich über jenen Ort, verzaubert soll er sein und unheimliche Dinge gehen dort vor sich. Jene, die diesen Ort aufsuchten, waren von da ab wie umgewandelt, ihr Leben erfuhr plötzlich eine andere Seite; der Fürst habe sie verzaubert und in die ewige Finsternis verdammt, hieß es dann. Einige hatten das Gefühl, fliegen zu können, sie sind einfach von den Klippen gesprungen, anderen verschlug es die Sprache und sie blieben stumm bis an ihr Lebensende. Manche jedoch wären herrisch geworden, hieß es. Die Leute erzählen sich, dass der Fürst älter sei als die mächtigsten Gipfel des Granitgebirges. Einige behaupten sogar, dass er älter sei als diese Welt und vormals aus weit entfernten Welten zu uns reiste, als unser Stern noch nicht einmal geboren war. Gesehen habe ich ihn nie, doch er muss mächtig und überragend sein.“

Hardy grinste und behauptete dreist: „Wer kann schon so alt werden? Nichts ist von Dauer, auch auf dieser Welt!“

„Wenn nichts von Dauer ist, was ist Unendlichkeit für Euch, Herr Hardy?“, fragte Iwo verschlagen.

Hardy blieb stumm, er überlegte mit sehr viel Ernst, was er darauf antworten sollte oder wie er aus dieser Nummer wieder herauskam. Demnach gäbe es keine Ewigkeit. „Nun, wir werden den Fürsten wohl kennen lernen, denke ich!“, würgte er dann das Gespräch ab. Alles andere hätte nur eine unnötige Diskussion ausgelöst.

Baldur, der den Dialog mitbekommen hatte, grinste über beide Ohren und dachte sich seins.



Der Pfad machte nun eine Kehre und führte hinab zum Fluss Valander, dort begleitete er am Ufer die reißende Strömung bis in eine Klamm. Steile, graue Felsen ragten aus dunklen Schatten zu beiden Seiten haushoch in die Höhe. Das Tosen des wilden Wassers trug der schwache Nordwind heran und weißer Dampf stieg aus der engen Klamm und verhüllte den Himmel. Je weiter wir dem Fluss zur Klamm hin folgten, desto lauter dröhnten seine Wasser, die sich mit unbändiger Kraft in den Berg eingegraben hatten und über schroffe Felsen und Stufen hinab in die Düsternis stürzten. Über ihnen verengte sich der hellblaue Himmel. Felsvorsprünge schoben sich bedrohlich zwischen das Hellblau und dem urgeschichtlichen Riss der Erde, Schatten sprangen hervor. Geradewegs, oberhalb der brausenden Fluten, führte der Pfad weniger steil nach unten. Geschickt hatten einst die Ahnen den Gehweg in den Fels gemeißelt und taten es dem Wasser gleich. Doch sie gruben nicht Jahrtausende, sondern nur wenige Jahre. Wenn der tosende Valander plötzlich einen Haken nach rechts oder links schlug, so gehorchte auch der Pfad und übernahm seine Richtung. Der graue Fels war nass und glitschig und an einigen Stellen durch unzählige Füße abgeschliffen worden, dann färbte er sich hellgrau, als wolle er seine Wunden jedem vorzeigen, der auf ihm wandelte. Ein hauchdünner Schmierfilm aus Lehm und gemahlenem Stein hatte sich auf den Felsen niedergelassen und mit Wasser vermischt. Die Schicht verwandelte den gehauenen Pfad in eine natürliche Schüttelrinne. Der Esel bekam indes wenig Halt, er rutschte immer wieder auf seinen Hufen aus und drohte in die Klamm zu stürzen, dann schlug er willkürlich mit allen Vieren und sein angsterfülltes ‚Ia, Ia’ hallte in der Schlucht, dessen Ende noch nicht abzusehen war. Jasman gab sich große Mühe, das Tier bei jedem Ausrutscher zu beruhigen. Um ein Haar wäre es fast verloren gewesen. Immer tiefer stiegen sie hinab, mal über niedrige Stufen, mal über schroffen, scharfkantigen Fels oder durch einen kleinen Durchstich, der durch das harte Gestein gebohrt war. Die flüchtigen Durchgänge waren sehr beengt, niedrig und lichtlos. Nur ein fahler Schein am anderen Ende zeigte die Richtung an.

„Gebt Obacht auf Eure Füße, Frau Annika! Und wählt Euren Tritt sehr genau, sonst reißt Euch die Strömung in Stücke“, sorgte sich Baldur, der öfter seinen Stab als Stütze einsetzen musste. „Viele, die in die Klamm einst eingestiegen, kamen aus ihr nie wieder heraus. Verlorene Seelen treiben anscheinend an jenem schattigen, modrigen Ort Schabernack mit dem Wandersmann. Und in diesen Tagen ganz besonders, denn Menschen sind nicht sehr willkommen in der Klamm.“

„Nennt mir einen Ort auf Eurer Welt, wo die Menschen noch gerne gesehen, wo sie nicht missachtet und beleidigt werden. Auf Eurer Welt ist kein Platz für Menschen wie mich, ich könnte mir nicht vorstellen, hier alt zu werden, obwohl ich Eure intakte Natur durchaus zu schätzen weiß und gerne mehr über sie erfahren würde“, antwortete Annika und bedankte sich beim Meister für seine Besorgtheit. Sie ärgerte sich innerlich über den schwierigen Weg, den sie eingeschlagen hatten.

„Das war nicht immer so“, behauptete Baldur. „Es gibt nicht nur düstere Orten wie diese, es gibt auch wunderschöne Gegenden in Nordland, und wenn Ihr Euer Herz öffnet, dann könnt Ihr die Liebreize der Natur sehen und spüren.“

Plötzlich ein Aufschrei in der Klamm: „Steinschlag!“

Ganz weit oben hatte sich eine riesige Steinplatte von der Wand gelöst und riss Vorsprünge und Kanten mit in die Tiefe. Die schwere Platte zerbarst mit einem lauten Getöse, dessen Echo durch die Schlucht tobte, auf einem weiten Felsvorsprung, ihre kantigen Steinbrocken, und die restlichen Felsen flogen geradewegs auf die Wanderer herab. Die hatten, aufgewühlt von Jasmans Schrei, sich dicht an die bergseitige Felswand gedrängt. Mit voller Wucht schlugen einzelne Felsbrocken auf die Talkante des Pfades, doch die meisten prallten am Felsüberhang ab und stürzten in das tosende Wasser, das ohnehin schon aufgewühlt war. Das Donnergrollen schallte in der ganzen Klamm.

„Eile tut Not! Wir müssen schnell aus der Schlucht. Sie ist nicht sicher in diesen Tagen!“, rief Finjala.

„Der Ausblick aus der Schlucht wird Euch belohnen, Frau Annika“, sagte Baldur, nachdem er sich vergewisserte, dass sie unversehrt war.

Nach und nach wagten die Felswände zu beiden Seiten einen Rückzug. Mit einem Kniefall tauchten die grauen Riesen in den Boden ein. Von den einst pompösen Felswänden blieb nur noch ein kläglicher Rest übrig. Die nun mannshohe Steinmauer fächerte sich nach beiden Seiten auf und versank gänzlich. Die Schlucht öffnete sich trichterförmig, als wollte sie jede nur erdenkliche Attraktion in der Natur einfangen, um den Augenzeugen konzentriert zu überschütten. Vor ihnen tauchte einer der schönsten Landstriche Nordlands auf, der Eliashain. Bäume ragten auf und versperrten die Sicht über den Pfad, der um sie herum führte. Der Himmel schien sich zu weiten und die abendliche Sonne zeigte ihr glanzvolles, goldenes Gesicht. Ihr Licht tanzte auf dem aufgewühlten Wasser wie funkelnde Perlen und hielt die Schatten in der Klamm noch zurück, bis sie am Abend allmählich herausgekrochen kamen. Der Valander entfloh Hals über Kopf der engen Schlucht mit lautem Getöse und einem eindrucksvollen Wasserfall. Ein haushoher Felsen stand neben dem Pfad und fiel senkrecht ab. Das emsig durchgeschüttelte Süßwasser raste heran und walzte großzügig über die Felskante hinweg. Unten, in einem tiefen Weiher, sammelte und beruhigte sich die weiße Gischt, verweilte kurz, bis sie dann schließlich über glatt geschliffene Kiesel und Felsen und über mehrere Stufen romantisch und klar und im gleißenden Schein ins Tal plätscherte. Der Valander verschmolz mit dem Hain.

Ihre Augen konnten sich gar nicht sattsehen an dem herrlichen Anblick. Vor ihnen ragten keine Berge mehr, sondern ein übergroßes Waldgebiet reichte bis an den Horizont heran. So weit das Auge reichte, erstreckte sich der leuchtend grüne Hain. Bizarre Formen und Skulpturen aus Buntsandstein reckten sich hier und dort aus dem hoffnungsgrünen Blätterteppich. Fantastische Gesichter und fremdartige Wesen traten aus dem fahlen Lichtschein hervor. Sie verzauberten diesen Wald auf geheimnisvolle Weise, denn je nachdem, von welchem Standpunkt man die Sandsteinformationen betrachtete, waren sie zugleich gutmütig oder schaurig. Vögel zwitscherten in den Baumwipfeln und trällerten ihr Abendliedchen.


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