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Fantasy Bücher
Buch Leseprobe Das Konzil von Atragon, Rainer Stecher
Rainer Stecher

Das Konzil von Atragon



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Adinofis kam in der Nacht, unsichtbar für jedes menschliche Auge. Trübes Mondlicht lag über dem Korsaktal und der alten Schlossruine König Lans, und die für Menschen stummen Schreie zahlloser Fledermäuse dröhnten ihr schmerzhaft entgegen. Von allen Geräuschen dieser Welt konnte sie diese am wenigsten ertragen. In Atragon erzählte man, dass Fledermäuse magische Kräfte besäßen und der Zauberei schadlos widerstehen konnten. Purer Unsinn, dachte Adinofis kopfschüttelnd, diese Tiere waren eine Spielart des Lebens, nicht mehr und nicht weniger. Doch irgendwie passte die Anwesenheit dieser kleinen, schwarzen Geister in das Gesamtbild dieser Nacht - gespenstige Stille, Dunkelheit, eine Schlossruine und Vollmond an einem wolkenverhangenen Himmel. Na ja, und Gills Schnarchen unter ihrem Haarschopf gehörte natürlich auch dazu. Sie passierte das eingefallene Stadttor und bewegte sich schnell über den schmutzigen, verwahrlosten Innenhof, auf die große Freitreppe zu, die in das Schlossinnere führte.Kälte schlug ihr entgegen als sie die Eingangshalle betrat Ihr Blick wanderte über die gewundenen Stufen hinauf, in die oberste Etage. Dort befanden sich Lahns ehemalige Wohn- und Schlafräume. Sie erinnerte sich, dieses Schloss zu einer Zeit besucht zu haben, da es seinen Bewohnern und dem Land Saragon an nichts fehlte. Damals war sie noch jung und unerfahren im Umgang mit der Magie. Was kümmerten sie da irgendwelche Gefahren. Es war ihr erster Auftrag. Alles halb so schlimm, hatte sie gedacht und sich zur Krönung Lans im Thronsaal hinter ihn gestellt, um auf ihn zu achten, ihn zu schützen vor der List und Tücke derer, die ihm seine Krone neiden. Noch nie hatte sie damals so viele Menschen an einem Ort gesehen und erst im letzten Augenblick einen Mordanschlag auf den König vereiteln können. Adinofis schmunzelte bei dem Gedanken an Lans Sohn Aris, der sich verzweifelt bemühte, sein Messer aus dem Schaft am Gürtel zu ziehen, bis schließlich die Leibwache des Königs auf ihn aufmerksam wurde. Plump und dumm, dachte sie amüsiert und folgte den Stufen zu den oberen Räumen. Ihre dunkle Robe raschelte sanft um die Fußgelenke. Ihre schwarzen Augen schienen mit dem dunklen Korridor zu verschmelzen. Sie wusste, in welchem Raum Rogan schlief. Gill hatte vor der Abreise sein Dreieck über die Handfläche gestreift und ihr das Zimmer gezeigt. Zielsicher steuerte sie nun darauf zu. Sie warf nicht mal einen Blick in die offenen Räume, an denen sie vorüberging oder auf das Eis am Boden, das Stunde um Stunde aus Rogans Nachbarzimmer in den Korridor strömte. Sie ging durch das kalte Weiß, als existiere es nicht. Als sie Rogans Zimmer betrat, verstummten plötzlich die Schnarchgeräusche unter ihrem Haarschopf. Sie warf kurz ihr Haar zurück und befahl Gill, sich an das Kopfende des Bettes zu stellen und das Dreieck über seine Hand zu streifen. »Halte ihn ruhig«, erklärte sie. »Er darf nur sprechen, mehr nicht!« Gill tat, wie ihm geheißen, während Adinofis langsam um den schlafenden Rogan herumging und ihn musterte. Sie setzte sich neben ihn auf die Bettkante und ein tiefes, durchdringendes Grollen stieg plötzlich aus ihrer Brust. Es schwang sich auf, erfüllte den Raum und den Flur und drang so laut und drohend in jeden Winkel des Gebäudes, dass Rogans Anhänger erwachten und sich schaudernd vor Angst verkrochen. Das Grollen hielt noch an als Rogan erwachte und seine gehetzten Blicke wie im Wahn umherirrten. Ein furchtbares Dröhnen erfüllte seinen Kopf. Etwas, das ihm die Angst in die Knochen trieb, das sich finster und bedrohlich durch sein Hirn quälte und das jede Faser seines Körpers schmerzhaft vibrieren ließ. Zornig schrie er den Schmerz und seine Wut in den Flur hinaus, doch niemand hörte ihn. Die Schreie der anderen waren lauter, durchdringender und vermischten sich mit dem dumpfen Grollen zu einem unerträglichen, lärmendem Getöse.Als der Lärm im Raum plötzlich weniger wurde und Rogan für einen kurzen Moment glaubte, dass alles nur ein Albtraum gewesen sei, da reckte sich ihm eine weiße Hand aus dem Nichts entgegen und zerrte seine Bettdecke herunter. Er wollte schreien, doch der Ton blieb ihm im Halse stecken. Das Gesicht einer Frau erschien plötzlich über ihm und die dunklen Konturen eines Umhangs, der mit einem Strick unter ihrem Kinn zusammengebunden war. Hilfe suchend streiften seine Blicke die Tür. Doch da war niemand, nur die grässlichen Schreie seiner Leute und das tobende Grollen drangen aus dem Flur ins Zimmer. Langsam kehrte sein Blick zu der Frau zurück und blieb an ihrem farblosen Gesicht haften. Er sah, wie sich ihre Lippen bewegten, aber sie schien nicht mit ihm zu sprechen. Noch jemand war in diesem Raum. Heftig drehte Rogan den Kopf hin und her und suchte den Unbekannten auszumachen. Da hob die Frau ihre Hand und berührte Rogans Herz. Ruckartig erstarrte sein Kopf in der Bewegung und ein ängstliches Hecheln drang über seine Lippen. »Damit du mich niemals vergisst«, sagte die Frau grinsend und packte das Herz mit festem Griff. Sie spürte das Pochen in ihrer Hand und es war ihr eine Genugtuung, zu wissen, wie viel Druck nötig sei, um es stillstehen zu lassen. »Ich bin Adinofis, die Hüterin der Menschen und Herrin von Atragon«, erklärte sie mit fester Stimme. »Was willst du von mir«, stöhnte Rogan unter großen Schmerzen. »Was hab ich getan, dass du mich quälst?«»Ist dein Gedächtnis so schlecht, dass du deine Untaten vergisst?«»Warte nur bis meine Leute kommen …«, zischte Rogan.»Ach was!« Adinofis lachte bissig und gab Rogans Herz frei. »Hast du es noch immer nicht begriffen? Deine Leute versuchen gerade ihr kümmerliches Leben zu retten.« Sie stand auf und ging langsam zum Fußende des Bettes, stützte ihre Arme auf das Gestell und sah Rogan eine Weile ernst an. »Also …«, begann sie dann zu erklären, »du hast nur wenig Zeit mir zuzuhören und meinen Vorschlag zu akzeptieren, bevor der Lärm deine Leute in den Wahnsinn treibt.« »Vorschlag, worüber?«»Bei den Worten Tauron, Krieg und Krone, fällt dir doch bestimmt ein, was ich meine, oder?« Adinofis räusperte sich und fügte hinzu: »Euer Leben liegt in meiner Hand. Hast du das verstanden?«»Das stimmt nicht«, entgegnete Rogan gelassen. »Wäre es so, hättest du uns längst töten können, statt mit mir zu verhandeln.« Er grinste verächtlich. »Doch dann wärst du nicht anders als wir. Stimmt's?«»Da ist was dran, zugegeben. Aber ich setze auf die Ungewissheit. Und solange du nicht weißt, ob ich Skrupel genug habe, dich und deine Leute sterben zu lassen, wirst du bereit sein, mit mir zu reden.«»Das ist Erpressung! Du verhandelst aus einer Position der Stärke und erwartest von mir Kompromissbereitschaft? So verhandelt man nicht!«»Wie würdest du verhandeln?«, fragte Adinofis. »Mit dem Schwert?« »Rogan lachte schallend, seine Augen blitzten. »Zeig mir einen, der noch nicht gemordet hat. Selbst die alten Weiber morden, wenn es ihnen nützt. Nur nicht mit dem Schwert. Sie tun es mit ihren Kräutern, ein wenig mehr in den Becher und statt zu heilen vergiften sie.«»Darum geht es nicht«, erwiderte Adinofis. »Du mordest Alte, Frauen, Kinder und tötest deine Gefangenen. Das ist barbarisch.« Adinofis seufzte laut. »Und nun greifst du nach dem höchsten Amt, der Königswürde und findest dich im Recht …«»Es ist mein Recht«, schrie Rogan dazwischen und warf wie irre seinen Kopf hin und her. »Ich bin der Erstgeborene des Hauses Argonat und dieser Bastard in Tauron soll sich dahin scheren, wo er hergekommen ist, in den verfluchten Leib seiner Mutter.«Adinofis schüttelte zum Schein resigniert den Kopf. »So kommen wir nicht überein, zumal nur noch wenig Zeit bleibt.« Ihr Blick schweifte über die Wände. »Ich will dir sagen, was geschieht«, murmelte sie kaum hörbar. »Deine Leute werden sich zuerst die Ohren verschließen und später vom Kopf reißen. Unfähig zu fliehen, kriechen sie über den kalten Marmorboden und ihre blutigen Finger krallen sich in das harte Gestein. Die Schmerzen in ihren Adern und im Hirn wachsen ins Unerträgliche, bis sie es nicht mehr aushalten. Dann hörst du nur noch dumpfe, schlagende Geräusche … dann wird ihr Wehklagen leiser. Du trittst in den Flur und siehst Dutzende Leiber auf dem Boden liegen, mit aufgeplatzten Schädeln, aus denen sich langsam das wabernde Hirn herausschält.« Adinofis holte tief Luft und sah Rogan nachdenklich an. »Glaub mir, sie werden alle tot sein, bevor es bei dir beginnt. Ich habe Zeit, du nicht! Entscheide dich!« Rogan sog gierig die kalte Luft ein. Seine geweiteten Augen folgten Adinofis, die gelassen durch den kalten, düsteren Raum spazierte und darauf wartete, dass er, Rogan, den man König von Tauron nannte, der sich noch niemandem gebeugt hatte, plötzlich klein beigab. Rogan dachte nach und lauschte dem Lärm, der außerhalb dieses Raumes furchtbar wütete. Die Minuten verrannen und allmählich entspannte sein Gesicht. Es schien fast, als sackte er mutlos geworden in sich zusammen. Auf ein stummes Zeichen von Gill, drehte sich Adinofis um und ging auf Rogan zu.»Weiß du«, begann sie ruhig und setzte sich neben ihn. »Der Starke besiegt den Schwachen, so war es schon immer. Das einzige Gesetz, das du kennst und das sich nun gegen dich wendet. Ist das gerecht? Ja, meine ich. Denn hier verfolgt es edle Ziele, im Gegensatz zu deinen. Kurz, ich schlage dir vor, auf die Krone Taurons zu verzichten und mit Cenotes ein Macht teilendes Bündnis einzugehen.«»Eine schwere Entscheidung, sag ich dir«, erwiderte Rogan, ohne zu zögern. »Doch warum teilen, wenn man alles haben kann?«»Genau das ist es«, rief Adinofis aufgebracht. »Wegen dieser Einstellung sterben Völker einen sinnlosen Tod.« Drohend legte sie ihre Hand auf Rogans Herz und klopfte mit dem Finger vehement darauf herum. »In diesem Herz ist zu wenig Liebe, Rogan. Schau dich und Cenotes an. Ihr seid Brüder, habt die gleiche Mutter und niemanden mehr außer euch selbst. Ist das nicht Grund genug, miteinander Frieden zu schließen? Überleg es dir!« Eine flüchtige Bewegung ihrer Hand ließ den Lärm verstummen. Mit den Augen befahl sie Gill zu sich und löste den Bann über Rogan auf, der sofort von seinem Bett sprang, das Schwert unter dem Kopfkissen hervorzog und sich siegessicher vor ihr postierte.Adinofis hingegen lächelte müde und wies auf die Schwertspitze an ihrem Hals. »Hast du eben nicht mehr gelernt, als das? Denk nach Rogan! Den Menschen gehört die Zukunft, nicht dem Schwert. Verbünde dich mit deinem Bruder und führe das Land zu neuer Blüte.«Rogans Schwert sank nachdenklich zu Boden und seine Spitze schlug klirrend auf dem harten Marmor auf. »So etwas wie dich an meiner Seite und wir könnten die ganze Welt beherrschen«, erklärte er zögernd.»Die Welt beherrschen? Das wollten schon andere vor dir und sind kläglich gescheitert.« Adinofis sah Rogan fest in die Augen. »Nein«, fuhr sie fort, »die Welt lässt sich nicht beherrschen, die Herzen der Menschen dagegen schon.«

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