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Belletristik
Buch Leseprobe Tagträumereien, Ernst Luger
Ernst Luger

Tagträumereien



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Neues vom Lumpenpack  
Ein herumstreunender Fuchs erzählt:  
Vor einiger Zeit begegnete ich auf einem Streifzug durch den Wald zwei alten Bekannten. Sofort habe ich sie wiedererkannt, war es doch das allseits bekannte Lumpenpack Karl der Fladerer und sein Schani Roland. Unter Tags tippeln sie stets geradeaus, behalten jedoch die Landschaft rechts und links fest im Auge, könnte ja sein, dass sich da oder dort eine günstige Gelegenheit ergibt. Normalerweise bestreiten sie ihren Lebensunterhalt mittels Gelegenheitsjobs, doch wenn’s mal knapp wird (ist immer knapp) und die Gunst der Stunde es zulässt, lassen sie (ganz ungewollt natürlich) auch gern mal Brauchbares einfach so mitgehen, um dies bei nächster Gelegenheit wieder zu verscherbeln, gegen Bares natürlich.
Nach ihrem letzten Schabernack in dieser Gegend waren sie hier lange nicht mehr gesehen worden. Nun, dachte ich, schad‘ nichts, wenn ich das Gsindl nicht aus den Augen verliere. Eine Weile wanderten sie durch den dichten Wald, erst auf einer Lichtung schlugen sie den Weg ins nächste Dorf ein. Am Waldrand, vor dem Dorf, schlugen sie ihr Nachtquartier auf. Während Roland mit Laub und Moos ein Nachtlager errichtete, baute Karl aus Ästen ein Dach darüber. Nach getaner Arbeit begab man sich ins Dorf, um den Feierabend zu genießen. Der sommerliche Abend lud zur Einkehr in den Gastgarten der Dorfschenke ein.
Hunger und Durst waren groß, darum wurde auch gleich bestellt. Schweinebraten mit Sauerkraut und dazu frisch gezapftes Bier. Dem ersten Bier folgte gleich ein zweites, drittes und und und. Plötzlich meinte Roland: „Du, Fladerer, reichen unsere Ersparnisse noch für eine weitere Runde?“ „He Schani, ich habe dir doch gestern einen Fünfziger gegeben, das müsste doch reichen, oder.“ „Nichts hast du mir gegeben, du hast mit diesem Schein gestern Abend beim Wirt in Neudorf die Zeche bezahlt und zum Frühstück haben wir den Rest verputzt.“ „Dann sind ja unsere Ersparnisse alle futsch, was nun, wie oder wer bezahlt jetzt unsere Zeche?“ Hm, peinlich so was, aber war ja nicht anders zu erwarten.
Eine Zeit lang flüsterten die zwei noch herum, dann stand Roland auf, um die Toilette aufzusuchen. Kurz darauf stand auch Karl auf und verschwand seelenruhig aus dem Biergarten. Niemand kam das verdächtig vor, denn Roland war ja noch da, halt auf dem Klo, aber noch da.
Denkste, denn auch Roland hatte sich bereits über das Toilettenfenster aus dem Staub gemacht. Typischer Fall von Zechprellerei, verständlich dass die zwei darum das Weite suchten. Über einen großen Umweg schlichen sie sich zu ihrem Nachtlager zurück, sicherlich um dort ihre Habseligkeiten abzuholen und heimlich zu verschwinden.
Leider hatten die zwei Halunken die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn dieser lauerte den beiden Zechprellern direkt bei ihrem Nachtquartier auf. Der Kneipenwirt brauchte keine Polizei, er regelte solche Angelegenheiten gerne selbst. Als die zwei Lumpen an ihrem Nachtlager anlangten, packte er sie am Schlafittchen31 und schlug ihre Köpfe zusammen. „So nicht, meine Herren, noch hat jeder Gast in meinem Haus seine Zeche bezahlt.“ Karl ergriff sofort das Wort: „Entschuldigen Sie bitte, Herr Wirt, normalerweise bezahlen wir immer unsere Zeche, leider haben wir zu spät bemerkt, dass unser Geldsäckel leer war.“ „Ja, ja, hinterher haben alle irgendeine blödsinnige Ausrede parat. Ihr seid wie die anderen Halunken auch zu feig, um euer Problem direkt mit dem Wirt zu klären. Lieber haut ihr heimlich ab und denkt, der erwischt uns eh nicht.
Pech gehabt, kurz nachdem ihr hier in unserer Gegend angekommen seid, habe ich schon erfahren, wo ihr euer Nachtlager aufgeschlagen habt. Da euer letzter Aufenthalt in dieser Gegend ziemlich viel Staub aufgewirbelt hat, habe ich vorsichtshalber ein wachsames Auge auf euch geworfen.“ „Wir wären ganz sicher nicht in die Dorfkneipe eingekehrt, wenn uns bewusst gewesen wäre, dass wir die Zeche nicht bezahlen können.“ „Ja, ja, ihr tut mir soooo leid, aber ihr kommt mir trotzdem nicht davon. Entweder begleicht ihr jetzt sofort auf Heller und Pfennig eure Zeche oder ihr kommt mit und arbeitet die nächsten zwei Wochen eure Schulden in meinen Betrieb ab.“ Karl leerte seine Hosentaschen aus und bedauerte: „Wir besitzen nicht mal einen Hosenknopf, darum werden wir wohl in den sauren Apfel beißen müssen und uns so lange in euren Dienst begeben, bis wir unsere Schulden abgearbeitet haben.“ „Eure Entscheidung, doch ich warne euch, solltet ihr erneut versuchen abzuhauen, werdet ihr das bitterlich bereuen.
Ganz sicher würde ich dann diese Angelegenheit an das zuständige Polizeirevier weiterleiten. Was das heißt, muss ich euch wohl nicht erst erklären.“ Der Fladerer und sein Schani packten wortlos ihre Habseligkeiten zusammen und folgten dem Wirt. In der Dorfschenke angekommen wies er ihnen eine kleine Kammer auf dem Speicher zu. Von dort aus sollte es ihnen unmöglich sein, erneut abzuhauen. Gleich danach durften sie sich in der Küche nützlich machen und das Tagesgeschirr abwaschen.
Später, nach der Sperrstunde, mussten sie den Gastraum und den Biergarten aufräumen und sauber machen.
Es war weit nach Mitternacht, als die zwei endlich ihr nächtliches Ruhelager aufsuchen konnten.
Schon früh am nächsten Morgen weckte der Hahn das ganze Haus. Die Sonne schaute grad hinter den Bergen hervor, als sich alle Bewohner zum gemeinsamen Frühstück versammelten. Frisches Brot, duftender Kaffee, selbst gemachte Marmelade, Wurst, Käse und wer wollte bekam ein Ei. Für das Lumpenpack echt Luxus pur, doch kaum hatten sie den letzten Bissen verputzt, hieß es, an die Arbeit zu gehen. Im Gastlokal mussten die Tische gedeckt werden, dann den Gastgarten für die ersten Gäste parat machen und danach stand Kartoffelschälen auf dem Programm.
Später wieder in der Küche mithelfen, Geschirr spülen, Abfall beseitigen, Getränkenachschub aus dem Keller holen, hinter den Gästen die Tische abräumen und säubern usw. Ein harter Job für zwei Herumtreiber. Buckeln wie Hinz und Kunz, das ging gar nicht, dafür hatten sie sich nicht für ihr Nomadenleben entschieden. In ihrer Mittagspause zogen sie sich auf den Speicher zurück, um dort ihre Lage neu zu bewerten. Karl schäumte vor Wut: „Ich bin doch kein Leibeigener dieses Sklaventreibers. Soll er doch seinen Dreck selber machen.“ Auch Roland fühlte sich in dieser Situation nicht wohl: „Wir haben Unrecht getan, aber dafür muss man uns nicht wie billige Arbeitskräfte ausbeuten. Komm, lass uns abhauen.“ In ihrer Verzweiflung versuchten sie einen Fluchtplan zu schmieden.
Die Zeit verging wie im Flug und flugs mussten sie wieder in der Kneipe antraben, um dort ihren Dienst wie angeordnet zu verrichten. Erst nach Mitternacht kehrten sie todmüde auf den Speicher zurück. Zu müde, um abzuhauen, darum verschoben sie ihren Plan auf den nächsten Tag. Doch würde es morgen besser sein? Den nächsten Tag starteten sie wieder mit dem Highlight Frühstück. Dann aber hieß es wieder buckeln bis nach Mitternacht, was bedeutete, wieder keine Chance zum Abhauen zu haben. Erst am dritten Tag ihrer Arbeit feierte die Kneipe ihren Ruhetag. Zwar mussten noch ein paar kleinere Arbeiten für den Wirt erledigt werden, aber dann war Freizeit bis zum nächsten Morgen angesagt.
Ja, was tun mit so viel Freizeit? Am helllichten Tag zu Fuß abhauen ist nicht so eine gute Idee, darum entschloss man sich zu einem Erkundungsgang durch den Ort. Als sie an einer älteren Scheune vorbeikamen, erspähten sie auf der Rückseite einen alten Traktor. Der musste schon länger hier herumstehen, denn das Gras rundum war ziemlich hochgewachsen. „Interessant“, meinte Karl, „was denkst du, fährt der Göpel12 noch?“ „Ich weiß nicht, komm den schauen wir uns mal genauer an“, erwiderte Roland neugierig.
Heimlich schlich man sich hinter die Scheune und begutachtete das Vehikel. So auf den ersten Blick machte es keinen schlechten Eindruck, darum wurde auch gleich mal Probe gesessen. Roland probierte, das Zündschloss kurzzuschließen, um den Motor zu starten. Und siehe da, nach drei, vier Versuchen sprang der Motor an. „Das ist die Lösung“, triumphierte Karl, „mit dem Ding könnten wir schnell genug von hier verschwinden, da kann uns auch keiner mehr irgendwo auflauern.“ Da man schon mal da war, durchsuchte man gleich noch die Scheune. Nebst einem Haufen alten Plunders stand dort auch ein Kanister mit Treibstoff herum. Alles bestens, dachten sie und schon stand die Flucht wieder auf der Tagesordnung. Hurtig eilten sie zurück, um auf dem Speicher ihre Habe zu holen. Doch wie es so ist im Le ben, genau in dem Moment lief ihnen der Wirt über den Weg, der gleich mit einer neuen Aufgabe aufwartete. Am freien Arbeitstag Holz hacken und aufschichten, das war wohl der Gipfel der Frechheit. Kaum war der Wirt weg, holten sie ihre Sachen vom Speicher und flohen zu ihrem Fluchtfahrzeug. Alles war parat, die Reifen hatten genügend Luft, die Batterie war okay, etwas Sprit war auch im Tank und als sie das Gefährt starteten, knatterte der Motor schön gleichmäßig rund. Da Roland derjenige war, der dieses Gefährt bedienen konnte, übernahm er das Steuer, Karl hingegen nahm auf dem Soziussitz Platz.
Endlich das armselige Dorf und den barbarischen Wirt hinter sich zu lassen, gab ihnen das Gefühl von Freiheit zurück.
Sofort legte Roland den ersten Gang ein und schon ging die Reise los. Um die Spuren zu verwischen, fuhr man anfangs noch querfeldein, wechselte aber dann auf die Landstraße, um schneller vorwärtszukommen. Niemand kam ihnen dabei in die Quere, außer dass plötzlich der Motor anfing zu stottern. War kein großes Malheur, nur der Tank war leer. Man hatte ja vorgesorgt und den Kanister aus der Scheune mitgenommen. Gerade als Karl den Sprit einfüllte, hielt neben ihnen eine Polizeistreife an. Die Herren Polizisten stiegen aus und boten ihre Hilfe an. Um die brenzlige Situation etwas zu entschärfen, ging Roland auf die zwei Gesetzeshüter zu und beruhigte diese: „Kein Problem, nur ein leerer Tank.“ Gerade als die Hüter des Gesetzes diesen dubiosen Gestalten und ihrem archaischen Gefährt ihre höhere Aufmerksamkeit schenken wollten, wurden sie per Funk zu einem dringenden Notfall gerufen.
Kurz noch ein paar unverständliche Silben gemurmelt, schon stiegen die zwei Gesetzeshüter wieder in ihren Streifenwagen und brausten mit Tatütata und Blaulicht davon.


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