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Belletristik
Buch Leseprobe Neues von Gut Birkenfeld, Martina Sein
Martina Sein

Neues von Gut Birkenfeld


Von wegen besinnliche Zeit

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„Huf!“, forderte Kerstin ihr Fellpony Bounty auf. Einer war noch übrig, den der Schmied bearbeiten sollte. Die Stute wurde grundsätzlich nicht beschlagen. Dennoch musste der Strahl regelmäßig ausgeschnitten und auch die Zehe gekürzt werden. „Ich bin ja gespannt, wie es gleich bei Buffy läuft“, seufzte Kerstin. „Ich übe und übe mit ihr, aber ich habe das Gefühl, dass es eher schlechter als besser wird.“ „Das ist in dem Alter ganz normal“, brummte der Schmied. Er züchtete selbst Kaltblüter und hatte mit Fohlen und Jungpferden Erfahrung. „Treten deine hinten auch?“ „Kommt schon vor. Hab auch Kunden, da überschlagen sie sich fast.“ Der Strahl war nun bearbeitet. Es folgten die Trachten, die ausgelöst wurden. Bald durfte Bounty auch diesen Fuß wieder auf den Boden setzen. Nun mussten nur die vorderen beiden noch auf den Bock. Schon war hier alles erledigt. Gemeinsam gingen Kerstin, ihre beste Freundin Regina und der Schmied zur Zucht, wo Buffy seit dem Absetzen untergebracht war. Die Mädchen richteten es immer so ein, dass ihre Pferde zusammen Termin beim Hufschmied hatten. So konnten sie sich auch gegenseitig bei Aufheben helfen. Cassi, die schwarzweiße Pintostute von Regina, und Bounty machten hier ja keine Probleme. Man musste sie eigentlich nicht einmal anbinden. Bei einem einjährigen Pferd sah die Sache schon anders aus. Kerstin legte Buffy das Halfter an und holte sie aus der Herde Gleichaltriger. Sie führte ihr junges Pferd in den Stall, wo sie den Führstrick an Regina übergab. „Hallo Buffy“, sagte Regina leise und zärtlich. Sie bezeichnete den Fellponymix immer als ihr Patenfohlen. Nun streichelte sie dessen Stirn. Sofort versuchte Buffy, nach dem Strick zu schnappen oder an Reginas Jacke zu knabbern. „Die ist ja nur noch frech und respektlos“, stellte Regina fest. Kerstin seufzte wieder. „Ich weiß auch nicht, was ich noch mit ihr machen soll. Es ist zum Junge kriegen! Sie rennt einen über den Haufen, bleibt nicht stehen, wenn sie am Strick ist und nimmt alles ins Maul, an das sie rankommt.“ „Da hilft nur Konsequenz“, brummte der Schmied. Buffy beäugte die Utensilien und den großen Mann, den sie nur etwa alle acht Wochen zu sehen bekam, äußerst kritisch. „Ich habe ja schon einmal mit Horsemanship angefangen, aber irgendwie hat das auch nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Außerdem muss ich zugeben, dass es in der Schule spätestens seit den Herbstferien deutlich knackiger geworden ist. Mir fehlt einfach die Zeit, dass ich jeden Tag viel mit Buffy machen würde. Also übe ich nur das mit den Hufen.“ Der Schmied war nun bereit. Daher forderte Kerstin den linken Vorderhuf von Buffy. Diese riss ihr Bein sofort in die Höhe. Kerstin musste schnell zupacken, dass sie es nicht einfach nach vorne warf, als wenn sie scharren wollte. Als Buffy spürte, dass sie den Huf auf diese Weise nicht wieder freibekam, verlagerte sie ihr Gewicht auf diese Seite. Kerstin wusste sich nicht anders zu helfen, als einen kurzen Befehl zu schreien und gegen Buffys Bauch zu klopfen. Nun ging es einigermaßen. Wovor Kerstin allerdings den größeren Respekt hatte, das waren die Hinterbeine. Schon war es an der Zeit, hier den ersten zu bearbeiten. Wie gewünscht hob Buffy den Fuß an, und noch ehe sie ihn wegziehen oder treten konnte, packte Kerstin beherzt zu und bog das unterste Gelenk. Nun lehnte sie sich mit ihrem Oberkörper gegen die Hinterhand des Jährlings und hielt eisern fest. Für einige Sekunden hielt Buffy immer wieder still, ehe sie einen neuen Versuch startete, ihr Bein freizubekommen. Nur mit Müh und Not schafften der Schmied und Kerstin es gemeinsam, die junge Stute daran zu hindern. Nun folgte jedoch der Fuß, mit dem es auch beim Üben noch die größeren Schwierigkeiten gab. Dennoch schluckte Kerstin ihre Bedenken runter und packte genauso zu, wie sie es beim vorherigen gemacht hatte. Am Anfang klappte es noch besser als gedacht, doch dann wurde Buffy immer fordernder. Irgendwann reichte Kerstins Kraft einfach nicht mehr aus. Mit einem gezielten Tritt und sich schwermachend bekam die Stute ihren Willen. Da Kerstin, um selbst das Gleichgewicht nicht zu verlieren, recht breitbeinig gestanden hatte, landete Buffys Huf genau auf ihrem rechten Fuß. Es handelte sich leider nicht um die Bewegung, die ein Pferd beim Laufen macht. Da tut es schon weh genug, wenn ein paar hundert Kilo auf einem menschlichen Fuß lasten. Buffy stampfe aber auch noch ärgerlich auf. „Au, runter da! Der untere ist meiner!“, brüllte Kerstin und gab ihrem Pferd mit der flachen Hand auf den Hintern. „Alles in Ordnung?“, fragte Regina vorsichtig von vorne. „Ja, geht schon“, knurrte Kerstin und wandte sich wieder an Buffy. „Jetzt reicht es! Hörst du? Wir sind doch eh fast fertig.“ Am liebsten hätte sie sich verkrochen und geheult; weniger wegen der Schmerzen in ihrem Fuß als aufgrund der Enttäuschung, dass Buffy sich trotz des vielen Trainings so daneben benahm. „Komm, lass mich den letzten heben!“, bot Regina an. So schnell konnte sie allerdings gar nicht schauen, wie Buffy ihr den Huf wieder entzog. Daher meinte Kerstin nur: „Ich mach schon.“ Eine weitere Prozedur war es, das Jungpferd dazu zu bringen, die Hufe auf dem Bock zu lassen. Immer wieder streckte es das Bein und rutschte auf diese Weise ab. Kerstin hatte keine Chance festzuhalten. Auch der Schmied packte mit einer Hand an und führte die Feile ausschließlich mit der anderen. Als endlich alle vier Hufe fertig waren, war Kerstin total geschafft. Sie zahlte für ihre beiden Pferde und bedankte sich bei dem Hufschmied. Der hatte sich die Laune von Buffys Eskapaden nicht verderben lassen, wünschte einen schönen Tag und verabschiedete sich mit einer angedeuteten Verbeugung. Kerstin brachte Buffy zurück zu den anderen Jungpferden nun jedoch in eine große Laufbox. Die Herde war in der Zwischenzeit vom Personal der Zucht hereingeholt worden. Anschließend lehnte sie sich dann gegen eine Wand, als sie das Halfter aufräumte. „Was mache ich nur falsch mit Buffy?“, fragte sie. Regina zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, wie man jungen Pferden so etwas beibringt.“ „Ich werde das Internet durchforsten. Vielleicht gibt es ja Videos, wo Profis das erklären. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Beim nächsten Mal ist Buffy ja schon wieder kräftiger. Wenn sie wollte, könnte sie mich jetzt schon in die Ecke feuern. Ich glaube, ihr ist noch gar nicht bewusst, wie viel Kraft sie eigentlich hat. Wenn sie das erst einmal herausfindet, bin ich geliefert. Dann kriege ich nie wieder einen Hinterhuf von ihr zu fassen.“ „Und was ist mit Tanja?“ Regina meinte eine der Reitlehrerinnen auf Gut Birkenfeld. Zufälligerweise war die auch noch die Freundin von Kerstins Vater, dem Hauptmann. „Ich habe sie ja schon öfter um Hilfe gebeten, und dann kommt sie auch, aber das, was sie dann mit Buffy macht, kann ich alleine irgendwie nicht umsetzen. Was die Hufe angeht, hat sie bis jetzt immer gemeint, das wäre Aufgabe vom Schmied. Haben wir ja heute gesehen. Der hatte auch keinen hilfreichen Vorschlag, wie ich mit Buffy umgehen soll.“ Draußen dämmerte es bereits. Daher holten Kerstin und Regina noch die anderen Pferde von der Koppel herein. Bounty, Cassi und Romeo hatten sie gleich drinnen gelassen. Der Friese gehörte Julia, ebenfalls einer engen Freundin, und war auch gerade beim Schmied mit drangewesen. So waren nur noch die kleine braunweiß gescheckte Stute Maiglöckchen und der Palomino Valentino draußen. Beide hatten dieselbe Besitzerin, nämlich Nikola. Sie war zwar gehbehindert und konnte sich lediglich mit Hilfe von zwei Krücken fortbewegen, aber sie war geschickt mit Pferden und ritt für ihr Leben gern. „Wollen wir uns noch ein bisschen ins Reiterstübchen setzen?“, schlug Regina vor. Sie würde später gemeinsam mit Kerstin bei ihrem Vater im Auto nach Hause nach Langeloh fahren. Wenn es so früh dunkel wurde, wie es in der Zeit kurz vor Weihnachten der Fall war, dann durften die Mädchen nach der Schule nicht mit dem Rad aufs Gut. „Gerne. Ich kann eine Stärkung gebrauchen.“ Prompt saß auch Julia hier. „Du bist noch da?“ „Wollte doch wissen, wie es mit Buffy gelaufen ist“, grinste Julia. „Limo? Ich habe euch beiden schon eine aus dem Automaten gezogen.“ „Danke, das ist jetzt genau das Richtige für mich.“ Seufzend ließ Kerstin sich auf den nächstbesten Stuhl fallen. „Doch so gut?“, forschte Julia nach. „Katastrophal ist noch eine Untertreibung.“ Kerstin stand noch einmal auf und machte nach, wie Buffy sich aufgeführt hatte. Dabei stöhnte sie. „Au!“ „Was hast du denn?“, wollte Julia sogleich wissen. „Buffy ist mir auf den Fuß gestiegen, als sie den einen Hinterhuf endlich frei hatte“, gab Kerstin zu. Julia schlug vor: „Dann solltest du dir vielleicht einmal anschauen, ob du dich verletzt hast.“ Kerstin winkte jedoch ab. „Ich kann laufen und den Fuß bewegen. Wird halt einen blauen Fleck geben. Wäre nicht der erste, den ich von einem Huftritt habe, und wird auch nicht der letzte sein.“ „Das nenne ich Optimismus.“ Regina erhob ihre Limoflasche und prostete den anderen beiden zu. Die Türe ging auf. Der Hauptmann steckte seinen Kopf herein. „Sehr gut, da seid ihr ja. Ich fahre in zehn Minuten. Seid bitte pünktlich auf dem Parkplatz!“ Schon war er wieder verschwunden. „Als wenn er das noch extra betonen müsste.“ Kerstin grummelte vor sich hin. Ihr Vater war ein Muster an Pünktlichkeit, Disziplin und Zuverlässigkeit. Das erwartete er auch von allen anderen, vor allem natürlich von seiner eigenen Tochter. „Ich schreibe meiner Mama, dass sie mich auch gleich abholen kann“, verkündete Julia. „Das haben wir so ausgemacht. Man weiß ja nie genau, wie lange es beim Schmied dauert.“ Schon zog sie ihr Smartphone hervor und tippte eine Nachricht ein. „Hoffentlich geht die raus. Ich habe zurzeit Probleme mit meinem Netz. Geht es euch auch so?“ Kerstin und Regina schüttelten die Köpfe. Sie hatten zum Glück keinerlei Schwierigkeiten und waren immer erreichbar. Zu Hause wurden Kerstin und der Hauptmann von dessen Schwester, Tante Frieda, erwartet. Sie hatte einen kräftigen Eintopf gekocht. „Dass es euch gleich richtig von innen durchwärmt.“ Beim Abendessen wollte der Hauptmann natürlich wissen, ob beim Schmied alles in Ordnung gewesen wäre. „Mit Bounty braucht es da ja nie etwas“, wich Kerstin aus. „Und deine Halbstarke?“ „Die war knackig.“ Eigentlich hatte Kerstin nichts davon erzählen wollen, wie schlimm es mit Buffy tatsächlich gewesen war und schon gar nicht, dass ihr der Fuß wehtat. Dennoch musste das alles jetzt einfach raus. „Warum sagst du denn nichts?“, beschwerte Tante Frieda sich. „Jetzt ist es zu spät, aber als ihr heimgekommen seid, hätte ich Dr. Meiwald vielleicht noch in seiner Praxis erreicht, dass er sich das anschaut.“ „Da ist nichts“, beteuerte Kerstin. „Das gibt bestimmt nur einen blauen Fleck. Ich habe ja gleich ausprobiert, ob ich den Fuß normal bewegen kann.“ „Wenn wirklich etwas verletzt wäre, dann würde sie das beim Laufen sicher spüren“, stimmte auch der Hauptmann zu. Er hielt nichts davon, mit jedem Wehwehchen gleich zum Arzt zu rennen. „Sollte es morgen mehr schmerzen und deutlich angeschwollen sein, könnt ihr immer noch gehen.“ „Dann schmier den Fuß wenigstens gut ein! Ich habe eine homöopathische Salbe, die bei so etwas sehr gut ist. Ich gebe sie dir gleich nach dem Essen.“ Tante Frieda nahm sich noch einmal von dem Eintopf nach. „Muss Fine nicht noch raus?“, fragte Kerstin. Normalerweise begleitete sie ihr Jack Russel Terrier immer nach Birkenfeld und bekam auf diese Weise genug Auslauf. Heute hatte Fine allerdings zu Hause bleiben müssen. „Ich war schon“, wehrte Tante Frieda ab. „Hab mir schon gedacht, dass es bei euch später werden könnte.“ Wie sie es versprochen hatte, suchte Tante Frieda Kerstin gleich die Salbe im Badezimmer heraus, noch ehe der Tisch abgeräumt war. Wichtiger war es, den Fuß zu verarzten, damit er nicht unnötig anschwoll. „Lass dir Zeit! Ich mache die Küche schon.“ Damit verschwand sie wieder nach unten. Kerstin nahm die Tube zur Hand und zog nun endlich ihre Socke aus. Ein Zeh hatte eine seltsame lila Verfärbung angenommen, und ein kreisrunder, hellblauer Abdruck war auf dem Fußrücken zu erkennen. „Gehört halt dazu.“ Schulterzuckend strich Kerstin dick von der Salbe auf die Stellen. In ihrem Zimmer setzte sie sich danach auf ihren Schreibtischstuhl und lehnte sich zurück. Leider war sie für heute mit den Hausaufgaben noch nicht fertig. Noch drei Wochen Schule! Dann waren endlich Weihnachtsferien. Wie sehr Kerstin diese Zeit doch herbeisehnte!


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