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Belletristik
Buch Leseprobe Neues von Gut Birkenfeld, Martina Sein
Martina Sein

Neues von Gut Birkenfeld


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„Kerstin, kann ich mit dir reden?“, fragte Jonas und kam auf Kerstin zu. „Ich habe ein Problem.“ „Eines, bei dem ich dir helfen kann?“, hakte Kerstin überrascht nach. „Mit Valentino läuft es doch ganz gut.“ Jonas druckste ein wenig herum und erklärte schließlich: „Das ist es ja nicht. Weißt du, ich kann nur ein Pferd mitnehmen, und da Valentino nicht für den Turniersport geeignet ist ...“ „Was soll das heißen, dass du nur ein Pferd mitnehmen kannst?“, wollte Kerstin wissen. „Mitnehmen wohin? Zieht ihr etwa weg?“ „Nein, schon fast schlimmer“, entgegnete Jonas mit Grabesstimme. „Mein Vater hat mich einfach in einem Sportinternat angemeldet. Dort gibt es auch eine Abteilung Reiten, aber wie gesagt, nur mit einem Pferd pro Schüler.“ „Dein Vater hat was?!“, rief Kerstin entsetzt aus. „Davon hat Regina mir ja gar nichts erzählt.“ „Wie auch? Sie weiß es noch nicht“, gestand Jonas. „Du hast Nerven.“ „Was ist jetzt? Könntest du Valentino unter der Woche bewegen? Er soll ja weder etwas verlernen noch wieder zulegen. Ich kann jedes Wochenende heimkommen, hat mir mein Vater versichert.“ Plötzlich ballte Jonas die Fäuste. „Am liebsten würde ich ihn ja … und das ganze verflixte Internat gleich mit dazu.“ Kerstin legte eine Hand auf den Arm von Jonas und forderte ihn auf: „Jetzt komm erst einmal mit! Dann setzen wir uns hin, und du erzählst mir alles der Reihe nach.“ Jonas folgte Kerstin, holte dann tief Luft und begann zu berichten: „Gestern Abend hat der werte Herr mich zu einem Gespräch gebeten. Dabei hat er mir einfach ins Gesicht gesagt, dass er sowohl von meinen schulischen wie auch sportlichen Leistungen enttäuscht wäre. Ein solches Verhalten wäre für einen Herling nicht akzeptabel, aber er hätte schon dafür gesorgt, dass sich das ändert. Erst habe ich ja gedacht, dass er die Pferde einfach verkauft und mir Nachhilfe oder so aufdrückt. Dann ist er mit dem Internat rausgerückt.“ „Ohne dich vorher auch nur gefragt zu haben?“, hakte Kerstin nach. Nickend fuhr Jonas fort: „Natürlich habe ich widersprochen – interessiert ihn nicht. Alles ist geregelt. In Soltau bin ich am Gymnasium längst abgemeldet. Er plant das schon seit Ende letzten Schuljahres und hatte da ein Gespräch mit meinem Klassenlehrer und dem Direx.“ „Und dann sagt er dir das so kurzfristig?“ Kerstin war ehrlich entsetzt sowohl über das Verhalten von Herrn Herling wie auch über die Tatsache, dass sie einen lieb gewordenen Freund künftig viel seltener sehen würde. Der Umstand, dass Jonas der Freund ihrer besten Freundin war, kam ja noch dazu. Wie würde Regina diese Neuigkeit aufnehmen? „Ich habe wirklich darüber nachgedacht, einfach für eine Weile abzuhauen, aber das bringt alles nichts.“ Jonas ließ die Schultern und den Kopf hängen. „Vielleicht kann ich ihn ja in ein paar Monaten überzeugen, dass er mich wieder nach Hause kommen lässt, wenn die Noten und so besser sind. Im Moment habe ich keine Wahl. Er ist imstande und verkauft meine beiden Pferde hinter meinem Rücken, wenn ich jetzt zu viel Wind mache. Wie sieht es aus? Übernimmst du Valentino wenigstens zwischendurch von Montag bis Donnerstag? Ich denke, Regina könnte ihn ja zumindest abwechselnd mit dir reiten, wenn ihr ins Gelände wollt oder so. Das Internat ist nur dreißig Kilometer entfernt. Ich kann freitags sofort nach der letzten Stunde abhauen.“ „Was ist dann mit Bumerang?“, wollte Kerstin wissen. „Kommt ganz darauf an. Bestimmt kann ich ihn an Wochenenden, wo ein Turnier ist, mit nach Hause bringen. Manchmal muss er aber wohl auch im Internatsstall bleiben“, antwortete Jonas. „Wenigstens habe ich dann noch Zeit für den Dicken.“ „Das ist echt riesengroßer Mist, den dein Vater da gemacht hat“, empörte Kerstin sich. „Auf mich kannst du jedenfalls zählen. Natürlich kümmere ich mich um deinen Valentino. Du weißt doch, wie gern ich den Kerl auch habe.“ „Danke, das ist mir schon eine große Hilfe“, seufzte Jonas auf. „Gut, Problem eins gelöst, dann gehe ich jetzt das andere an. Ich habe mich mit Regina in der Eisdiele verabredet.“ „Na, in deiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken“, gestand Kerstin. „Meine Güte, das heißt ja, dass du morgen schon fahren musst.“ Am nächsten Tag waren die Ferien zu Ende. Jonas seufzte noch einmal abgrundtief. „Noch schlimmer. Ich muss heute Abend schon dort einrücken.“ Damit wandte er sich wieder in Richtung Parkplatz, wo er sein Fahrrad abgestellt hatte. Diese Nachricht musste auch Kerstin erst einmal verdauen. Dass Herr Herling ein komischer Typ war, hatte sie von Anfang an gewusst. Damals war auch Jonas beinahe unausstehlich gewesen, doch der hatte sich sehr gebessert. Gerade das war seinem Vater vermutlich ein Dorn im Auge. Auch Kerstin wandte sich von den Selbstversorgerboxen, wo sie ihr Fellpony Bounty untergebracht hatte, ab und ging in Richtung Hauptstall. Dort lief ihr direkt Polly in die Arme. Das Mädchen hatte vor wenigen Wochen ihre Ausbildung zur Pferdewirtin begonnen. Heute schien es wieder Ärger gegeben zu haben. Kerstin sprach sie direkt darauf an: „Hey Polly, was ist denn los? War der Hauptmann wieder recht streng im Training?“ „Ja, nein“, antwortete Polly und winkte ab. „Mir geht’s heute nicht gut, aber das interessiert hier ja eh keinen.“ „Doch! Mich“, entgegnete Kerstin. „Du, ich wollte eh gerade mit Gloria ins Gelände. Wen hast du denn noch zu reiten? Magst du nicht mitkommen?“ „Du brauchst jetzt nicht den Seelentröster zu spielen.“ Kerstin beharrte jedoch: „Weißt du was? Wir gehen zusammen auf die Geländestrecke und lassen die Pferde dort ein bisschen laufen. Komm schon!“ Damit war Polly dann doch einverstanden. Als die Mädchen bald darauf im Schritt losritten, gestand Polly: „Ich habe seit ein paar Tagen richtig dolle Heimweh.“ „Ist schon hart, wenn man mit sechzehn so weit weg ist, um seine Ausbildung zu machen, oder?“, erwiderte Kerstin. Polly nickte. „Ich hatte nicht gedacht, dass mir das was ausmacht. Ich meine, ich bin doch den ganzen Tag mit den Pferden beschäftigt. Da hat man eigentlich gar keine Zeit für so einen Quatsch. Außerdem wollte ich regelmäßig an meinen freien Tagen mit dem Zug nach Hause fahren.“ „Und warum machst du das nicht?“ „Weil es sich nicht rentiert. Man hat keine Fünf-Tage-Woche in dem Job. Dass ich auch am Wochenende arbeiten muss, war mir schon vorher klar, aber ich dachte halt, dann gibt es auch zwei Tage am Stück wann anders als Ausgleich. Stattdessen komme ich hier überhaupt nicht weg. Tagsüber geht es ja, aber wenn ich dann abends alleine in meiner Bude hocke, dann überkommt mich das große Heulen.“ „Kann ich mir vorstellen“, stimmte Kerstin zu. „Was ist denn mit den anderen?“ „Frank und Anton wollen eigentlich mit keinem groß etwas zu tun haben“, erzählte Polly. „Die aus den anderen Abteilungen bleiben irgendwie auch unter sich oder gehen vielleicht mal weg, dann aber bestimmt in irgendwelche Schuppen, wo ich mit meinen sechzehn noch nicht reindarf.“ „Jetzt blasen wir die trüben Gedanken aus deinem Hirn“, verkündete Kerstin und trabte mit Gloria an. Als die Pferde warm waren, ging sie in den Galopp und jagte ein Stück davon. Polly folgte ihr. Kerstin hielt auf einen Baumstamm zu, der hier lag und überflog ihn großzügig. Sie hatte jetzt auch so richtig Lust auf einen scharfen Galopp mit ein bisschen Springen. Gloria schien das ähnlich zu sehen. Die Luft war heute nach einem heißen Sommer überraschend frisch, was die Pferde in Lauflaune versetzte. Irgendwann wurde Gloria ein wenig langsamer. Da überholte Polly die beiden und grinste: „Gebt ihr schon auf?“ Vor Kerstin übersprang sie eine Hecke. Es ging um eine Kurve. Plötzlich sah Kerstin, wie Polly ihr Pferd herumriss und rasch zum Stehen brachte. Dann erkannte sie auch den Grund dafür: Ihr Vater, der Hauptmann und Trainer auf Gut Birkenfeld, war mit den Zwillingen Anton und Frank Fören an einer Kombination aus Gattern und einem anderen Sprung. „Dimmerstorf!“, brüllte er. „Was treiben Sie hier?“ Auch Kerstin parierte Gloria rasch durch. „Hallo“, rief sie verlegen. „Sorry, ich habe Polly vorgeschlagen, dass wir uns die Köpfe ein bisschen freiblasen lassen. Wir haben die Pferde einfach laufen lassen.“ „Gerade von dir hätte ich mehr Verantwortungsgefühl erwartet“, knurrte der Hauptmann. „Darüber reden wir noch, und für Sie wird das Folgen haben, Dimmerstorf.“ Plötzlich schien Polly eine Welle der Wut zu überkommen. „Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Die Geländestrecke ist doch zum Trainieren für jeden da. Bald ist schließlich das Vielseitigkeitsturnier, und Herr Liebling will, dass ich mitreite.“ „Im Schritt zurück zum Gut, Dimmerstorf!“, bellte der Hauptmann und eine Ader an seiner Stirn fing an, bedrohlich zu pochen. Kerstin wendete Gloria und ritt an dem Hindernis, an welchem gerade trainiert wurde, vorbei. Polly hielt dem Blick des Hauptmanns eine Weile stand und folgte dann doch. Diese stahlgrauen Augen konnten manchmal etwas Beängstigendes haben. Als die Mädchen außer Hörweite waren, fing Polly an zu schniefen. „Ganz toll! Jetzt habe ich mir den Tag noch vollends versaut.“ „So ein Quatsch! Wer hat dir jemals verboten, auf der Geländestrecke unter Wettkampfbedingungen zu arbeiten? Niemand wette ich, vor allem, wenn du beim Turnier dabei sein sollst“, begehrte Kerstin auf. „Weißt du“, begann Polly. „Manchmal würde ich echt am liebsten hinschmeißen.“ „So schlimm mit deinem Heimweh?“, hakte Kerstin nach. Polly nickte, und dicke Tränen kullerten ihr über die Wangen. So hatte Kerstin die Auszubildende noch nie gesehen. „Weißt du was? Heute Abend unternehmen wir beide etwas zusammen. Ich kann zwar nicht allzu lange, weil morgen die Schule losgeht, aber für ein Eis oder so reicht es schon noch.“ „Danke, das ist echt lieb von dir“, schniefte Polly. „Ich will aber nicht, dass du aus lauter Mitleid mit mir deine Pläne über den Haufen wirfst.“ „Quatsch!“, verteidigte Kerstin sich. Sie hatten das Gut wieder erreicht. Da kam Herr Bösken auf die beiden Mädchen zu. „Kerstin, ich müsste dich bitte kurz sprechen.“ „Heute muss etwas in der Luft liegen“, brummte Kerstin, versprach jedoch, gleich ins Büro zu kommen, sobald Gloria wieder auf der Weide stand. „Du solltest dich besser setzen“, empfing Herr Bösken Kerstin bald darauf. „Die gute oder die schlechte Nachricht zuerst?“ „Die schlechte“, bat Kerstin. „Dann habe ich es hinter mir.“ „Gloria ist verkauft worden“, ließ Herr Bösken die Bombe platzen. Kerstin hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Das hieß ja, dass sie kein Pferd mehr für die Wettkämpfe hatte! „Du hast sie beim letzten Turnier so toll vorgestellt, dass jemand Birkenfeld ein nicht auszuschlagendes Angebot gemacht hat“, fuhr Herr Bösken fort. „Da müssen Sie aber schon eine echt tolle gute Nachricht haben, um das auszugleichen“, stellte Kerstin fest. Nun grinste Herr Bösken: „Du wirst dich bestimmt über deinen Ersatz freuen.“ Er zog sein Smartphone heraus, wischte darauf herum und reichte es Kerstin. Das Display zeigte einen Rappen mit einer schmalen, geraden Blesse und einem wachen Gesichtsausdruck. „Das ist Liberty. Er gehört einem Freund von mir. Der sucht jetzt jemanden, der mit ihm arbeitet und ihn auf Turnieren vorstellt. Gloria wird schon morgen abgeholt. In drei Tagen wird Liberty gebracht. Bei dieser Aufgabe dachte ich an dich. Natürlich kann ich ihn auch einem Bereiter vom Gut geben, aber ich glaube, ihr beiden würdet toll zusammenpassen.“ Kerstin war hin- und hergerissen zwischen Enttäuschung, Stolz und Zweifeln. „Sie denken, dass ich das schon kann? Ich meine, ein Pferd so richtig in Beritt nehmen?“ „Das hast du doch mit Gloria und früher mit Carmen auch toll gemacht“, entgegnete Herr Bösken. „Außerdem habe ich mitgekriegt, wie du das Zirkuspferd Korrektur geritten hast. Ich habe mich mit Herrn Stroo, Frau Allenfels und deinem Vater unterhalten. Wir alle vier sind der Meinung, dass du das mit etwas Anleitung hinbekommst.“ „In drei Tagen haben Sie gesagt?“, wiederholte Kerstin die Worte des kaufmännischen Leiters. Der nickte. „Extra am späteren Nachmittag, dass du auch sicher hier sein kannst. Dann lernst du gleich Pferd und Besitzer kennen und kannst dich ein bisschen mit Liberty vertraut machen.“ „Bekommt Gloria einen schönen Platz?“, wollte Kerstin noch wissen. Herr Bösken nickte. „Sie soll auch weiterhin Turniere gehen, aber in der Sparte der körperlich beeinträchtigen Menschen. Ich denke, mit ihrer Sensibilität ist sie dafür genau das richtige Pferd.“ „Dann bin ich beruhigt. Natürlich werde ich es mit Liberty versuchen.“


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