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Belletristik
Buch Leseprobe Lebendgeburt, Alexandra Wirth
Alexandra Wirth

Lebendgeburt



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Lesenacht


Ein Abend im Juni 1980


 


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Auf dem Nachttisch brannte ein Teelicht, eine Mischung Knabberzeug stand daneben und Hanna hatte sich frischen Orangensaft gepresst. Ihr Rendezvous mit Victors Buch war bestens vorbereitet.


Hanna rückte sich die Kissen auf ihrem Bett zurecht und nahm den blauen Band in die Hand. Als sie zu lesen aufgehört hatte, war Maria eine alte Ägypterin mit zahlreicher Nachkommenschaft gewesen.


 


...die Monate, Wochen und Tage, die mir noch blieben. Imhotep und ich hatten uns darüber unterhalten, wie es wohl sein möge, wenn einer von uns zuerst gehen würde. Die Liebe zwischen uns war immer noch tief. Wir wussten, wir würden trauern, aber zugleich waren wir auch dankbar für die vielen reichen Jahre, die uns geschenkt worden waren.


Imhotep ging als erster. Eines Morgens wachte er nicht mehr auf. Ich hatte ihm versprochen, mein Leben für ihn weiter zu leben und so tat ich das. Doch es kam unweigerlich der Tag, an dem auch meine Zeit abgelaufen war. In Frieden schloss ich die Augen, nachdem ich mich von meinen Kindern und Enkeln verabschiedet hatte.


 


Irritiert schaute Hanna von ihrer Lektüre auf. Das Buch war noch nicht einmal zu einem Viertel gelesen und die Ich-Erzählerin soeben gestorben. Was sollte das? Sie nahm einen Schluck von ihrem Orangensaft und blätterte neugierig weiter.


 


Das nächste Leben, an das ich mich erinnere, war das eines römischen Händlers in Pompeji. Ja, richtig, ich kam als Knabe zur Welt. Sohn eines Kaufmannes war ich und ein Kaufmann wurde ich selbst.


Meine Kindheit war eine sehr normale, mit einer Mutter, die liebevoll und klug und einem Vater, der, auch wenn er Mutter und mich liebte, streng und unbeugsam war. Schläge waren für ihn ein adäquates Mittel zur Disziplinierung und ich bekam einige davon ab. Dennoch bestand nie ein Zweifel an seiner Liebe und seinem Wohlwollen. Es waren wohl andere Zeiten damals und Gehorsam eine der höchsten römischen Tugenden.


Als ich um die fünfzehn Jahre alt war begannen die Träume, in denen ich ein Mädchen war. Und es waren nicht nur die Träume. Ich war zur großen Freude meines Vaters bei den Mädchen sehr beliebt. Meine Mutter, die mehr von den Gründen dafür mitbekam, ängstigte das eher. Oft beobachtete sie mit finsterer Miene, wie ich im Kreis der Nachbarmädchen mit ihnen zusammen kicherte und mich ganz und gar nicht mannhaft benahm. Unbewusst wird sich damals schon mein Bewusstsein aus meinem Leben zuvor gezeigt haben.


Mehr und mehr Erinnerungsbruchstücke kamen mir in den Sinn und irgendwann zwischen dem einundzwanzigsten und zweiundzwanzigsten Lebensjahr erwachte das Wissen um mein früheres Leben vollends. Man kann sich vorstellen, wie ich mich bis dahin mit den so fremd anmutenden Er-innerungen geplagt hatte, wie mich die Bilder dieses mir unbe-kannten Lebens verwirrt und verstört haben müssen. Es war eine Erleichterung, als mein Bewusstsein schließlich ganz erwachte.


Mir war klar, dass ich mein Wissen um mein früheres Leben verheimlichen musste. Zu seltsam war das und wenn es mich nicht Kopf und Kragen gekostet hätte, so doch den Ruf und die Reputation eines seriösen Geschäftsmannes. Das konnte sich auch im alten Rom kein Kaufmann leisten.


In den wenigen stillen Momenten, in denen ich alleine war, weinte ich um Imhotep und meine Kinder und deren Kinder, die nun auch schon lange tot sein mussten. War ich in Gesellschaft, so achtete ich sehr darauf, den weiblichen Teil meines Bewusstseins nicht zu vordergründig auftreten zu lassen. Oh, sicher, es gab Vorteile. Die Damenwelt himmelte mich an, war ich doch in der Lage, ihre Gefühle und Ge-danken zu verstehen. Ich gebe zu, dass mir das die ein oder andere wirklich ansprechende Bettgenossin beschert hat. Unnötig zu erwähnen, dass die Damen, die einmal in mein Bett hinein gefunden hatten, es nur ungern wieder verließen.


 


Hanna fiel auf, dass Marias Schilderungen ihres zweiten Lebens weitaus distanzierter wirkten als die Ge-schichte, die sie von ihrem ersten Leben erzählt hatte. Ihr Eindruck wurde wenige Zeilen später bestätigt.


 


Nein, so recht wohl fühlte ich mich nicht in meiner Haut. Ich kam mir vor, als habe man mich verurteilt in einem Schauspiel eine Rolle zu spielen, die mir gar nicht lag. Aber wir alle können uns nicht das Leben aussuchen, in das wir hinein geboren werden. Wir haben lediglich die Macht, es so zu lenken, dass es für uns erträglich wird. Aber bis ich das verstand, war ich fünfundzwanzig.


Als ich zweiundzwanzig war, gab es anlässlich einer Veranstaltung im Theater ein Gemenge zwischen Einwohnern Pompejis und Gästen aus Nuceria, das sich zu handfesten Krawallen ausweitete, die die ganze Stadt heimsuchten. Ich selbst hielt mich von den Scharmützeln fern, konnte aber ein junges Geschwisterpaar, das von einigen meiner Mitbürger durch unsere Straße gehetzt wurde, dadurch retten, dass ich sie rasch in unser Haus zog, als sie sich im Eingang zu ver-stecken versuchten. Die beiden kamen aus Nuceria. Wahr-scheinlich hatte ich ihnen das Leben gerettet.


Marcus und Carina blieben als Gäste in unserem Haus, bis sich die Krawalle nach einigen Tagen gelegt hatten. Meine Mutter hatte einen Boten nach Nuceria geschickt, der ihren Angehörigen mitteilen sollte, dass es ihnen gut gehe.


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