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Belletristik
Buch Leseprobe Im Schatten des Eroberers, Adda Rieck
Adda Rieck

Im Schatten des Eroberers



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1.Paris Man schrieb das Jahr 1792, ein Schicksalsjahr für Frankreich. Mit der Erstürmung der Tuilerien hatte die Monarchie ausge­dient. Den brutalen Schlussstrich vollzog der Henker. Das auf­gehetzte Volk jubelte, als König Ludwig das Blutgerüst besteigen musste und später auch seine Gemahlin Marie- Antoinette. Unzählige andere folgten. Kein Adeliger war mehr seines Lebens sicher! Die Revolution wurde zu einem Flächenbrand, der im ganzen Land wütete. ... Orlandos Theater stand mitten im Schauplatz des Gesche­hens, in Paris. Sein Erfolg gründete sich auf die Qualität seiner Stücke und die der Darsteller. Dazu kamen die Gastspiele auf den Schlös­sern, die ihm eine hübsche Summe einbrachten. Er verehrte Shakespeare und spielte mit Vorliebe seine Komödien. Und so war es eine Eigenheit der Truppe, sich ihrer Namen zu bedie­nen. So wurde oft geglaubt, sie kämen aus Italien. Als die Revolution ausbrach, rief er die Truppe zusammen und erklärte: »Jetzt zeigt, ob ihr echte Komödianten seid. Wir müssen mit den Wölfen heulen, um zu überleben.« Keiner wi­dersprach, allen saß die Angst im Nacken. Und so gab es derbe Possen, die kräftige Hiebe auf den Adel und Klerus austeilten. Orlando schrieb die Stücke selbst, die der Pöbel mit derben Zurufen kommentierte. Orlando verachtete sich dafür, aber die Vorstellungen waren ausverkauft und die Kasse stimmte. Mit der Zeit wurden es die Schauspieler leid, ihre Talente zu vergeuden. Besonders Rodriges, einer der Hauptdarsteller, litt darunter und fragte seinen Kollegen Tino: »Wann werden wir wieder etwas Vernünftiges auf die Bühne bringen? Ich bin es leid, den Hanswurst zu spielen.« Der alte Mime zuckte die Schultern. »Meinst du, dir geht es allein so?« Dann fing er an zu lächeln. »Du hast mich soeben auf eine grandiose Idee ge­bracht.« Welche, verriet er nicht. Als Orlando seinen Vorschlag hörte, meinte er: »Wir können es ja versuchen.« Und so trat Tino vor jeder Vorstellung im bunten Narrenkleid auf und kommentierte das Tagesgeschehen. Es wurde ein ungeahnter Erfolg und es gab Zuschauer, die nur seinetwegen kamen. Orlando hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, als Letzter noch einmal durch das Theater zu gehen. Er wollte gerade die Lampen löschen, als er im Zuschauerraum ein jämmerliches Weinen hörte. Das Kind lag, in eine Decke gehüllt, auf einem Kissen, dabei war ein Brief mit einem Wappen. Aber die Schrift war unbeholfen. Er las: »Um der Barmher­zigkeit willen, nehmt euch der Komtesse an. Claire ist die ein­zige Überlebende der Familie. Claire de Goubert hat einen Paten in Wien, Graf Stephan von Althany.« Die Unterschrift fehlte. »Dieser Pate in Wien nützt mir herzlich wenig«, murmelte Orlando. Dabei stellte er fest, dass die Kleine mit dem Weinen aufgehört hatte und ihn mit großen Augen anblickte. Er strich über das Köpfchen und brummte: »Dann will ich hoffen, Prin­zesschen, dass du keine Scherereien machst; um sicher zu ge­hen, werde ich dich als meine Nichte ausgeben.« Die Geschichte von der verwaisten Nichte wurde ihm von der Truppe jedoch nicht abgenommen. Alle hielten ihn für den Vater, dem "Das ausgebrütete Ei vor die Tür gelegt" wurde, wie Rodriges es ausdrückte. Orlando ertrug die Anspielungen mit Gleichmut. Er sorgte als erstes für eine saubere Amme und ließ die Kleine ihre ersten Laufversuche auf der Bühne machen. Von da an war für Claire das Theater der Gipfel aller Seligkei­ten. Die Schauspieler sahen in ihr ein Maskottchen, welches sie vor Ungemach schützte; denn eine Verleumdung reichte schon aus, um verhaftet zu werden. Am liebsten sah Claire der Haupt­darstellerin Bianca beim Schminken zu, der zahlreiche Män­nerherzen zu Füßen lagen. Worauf Narissa, ihre Rivalin, meinte: »So kann die Kleine gleich lernen, wie man die Falten vertuscht.« Als Bianca das zu Ohren kam, fauchte sie: »Diese Zigeune­rin schließt von sich auf andere.« Narissa hatte tatsächlich von ihrer Mutter Zigeunerblut geerbt und konnte aus der Hand le­sen. Doch das tat sie nur, wenn sie dafür bezahlt wurde. Was keiner wusste, sie sah auch manche Ereignisse voraus, aber sie waren mit Tod und Schrecken verbunden. Eines Abends wartete eine Fremde in der Garderobe auf Narissa. Sie war unauffällig gekleidet, aber keiner hätte sie für eine Bürgerfrau gehalten. Sie sagte: »Wie ich hörte, können Sie die Zukunft voraussa­gen, es ist sehr wichtig für mich.« Damit legte sie ein Goldarm­band mit Rubinen auf den Schminktisch. Narissa nahm ihre Handfläche und sagte nach einer Weile: »Madame, Sie befin­den sich in großer Gefahr! Aber wenn Sie dieses Jahr überle­ben, haben Sie ein hohes Alter vor sich.« Die Unbekannte erbleichte. »Was soll ich tun? Raten Sie mir doch!« Narissa hielt ihren Blick fest. »Halten Sie sich von ihrer Freundin fern.« »Von Charlotte?«, murmelte sie und wollte Fragen stellen, aber Narissa winkte ab. »Mehr weiß ich nicht.« Es klang end­gültig. Einige Tage später sagte Orlando: »Stellt euch vor, dieser Marat ist in der Badewanne erdolcht wurden, und zwar von einem Mädchen, Charlotte Corday. Auf sie wartet der Henker.« »Wollte er sich an ihrer Tugend vergreifen?«, erkundigte sich Rodriges. »Nein, sie tat es aus Königstreue, sie gehört zu den Girondisten.« »Auch ein Grund«, versetzte Rodriges trocken. »Gründe gibt es ja immer, damit der Henker zu tun hat. Viel lieber wäre mir Robespierre, er wird uns noch alle überleben.« Doch er irrte sich! Ein Jahr später schlug auch für einen Robespierre die Schicksalsstunde, er bestieg das Blutgerüst. Wie immer gab Tino als Narr seinen Kommentar dazu ab. Er lästerte: »Allerdings wartete der Henker vergebens auf den Maler David, der mit ihm sterben wollte, er hatte wohl noch ein Bild zu malen.« Alles lachte! Es war ein befreites Lachen. Jeder hoffte, dass mit dem Tod des Gefürchteten die Revolution ihren letzten Seufzer getan hatte. Und so war es auch! Auf einmal kamen auch die Royalisten aus ihren Winkeln. Anmaßend und aufge­putzt machten sie sich unbeliebt, wo sie auftauchten. Es gab Händel und die Gendarmerie hatte alle Hände voll zu tun. Aber auch das gesellschaftliche Leben blühte wieder auf, sehr zur Freude der Schneider und Putzmacherinnen. In den Kassen herrschte nämlich Ebbe. Was kein Wunder war, hatten sie doch ihre wohlhabende Kundschaft aufs Schafott geschickt. Aber es gab unter den Adeligen auch Überlebende. Sie trafen sich in den eleganten Salons, wie bei Madame Tallien, der schönen Geliebten des Grafen Barras. Und wieder funkelten Juwelen, Seide raschelte. Man war gedemütigt doch ungebrochen. Das Leben hatte auf einmal einen anderen Stellenwert erhalten. Umso mehr galt es jetzt, die Unbilden zu vergessen. Und dann betrat eines Tages ein Mann die Weltbühne, der sie verändern sollte. Napoleon Bonaparte! Auf den jungen Ge­ne­ral setzten viele ihre Hoffnungen. Die Kriegslage hatte sich stark zu Ungunsten Frankreichs verändert. So hatten die Russen sich mit den Österreichern verbündet und die Franzosen aus Italien vertrieben. Dazu kam die völlige Unfähigkeit des Di­rektoriums, das Land zu regieren. Überall herrschte Unmut, und jeder wünschte sich eine starke Hand. Sie sollten sie bekom­men! Napoleon erkannte seine Chance. Er setzte alles auf eine Karte, und sorgte mit einem kurzen Staatstreich für den Regie­rungswechsel. Zu seinen Verbündeten gehörten Fouché und Talleyrand. Beides mächtige Minister, die an ihn glaubten und die Gunst der Stunde für sich erkannten. Nur einer sollte ihm die Treue halten. Napoleon hatte die Grenadiere Murats im Rücken und doch verdankte er das Gelingen der Machtübernahme seinem Bruder Lucien, der die Nerven behielt, als es kritisch wurde. Und so erreichte er sein Ziel! Er schüchterte die Abgeordneten dermaßen ein, dass sie einer neuen Verfassung zustimmten. Frankreich sollte von nun an von drei Konsuln regiert werden, von denen er der erste war. Als Napoleon bald darauf in den Tuilerienpalast einzog, konnte keiner voraussehen, dass er nach der Krone strebte. Claire bekam von diesen Ereignissen nichts mit. Ihr Leben spielte sich mehr oder weniger im Theater ab. Orlando stellte einen Privatlehrer an, der sie unterrichtete, und sie hatte außer Englisch auch Deutsch zu lernen. Der Theaterdirektor dachte an den Paten in Wien. Und er nahm sich vor, wenn der Krieg mit Österreich vorbei war, Nachforschungen anzustellen. Es eilte nicht, Claire war ja noch ein Kind ...

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