CHRISTINA - Stunde des Glücks
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»H ey, welche Laus ist uns denn über die Leber gelaufen?«Lorenz Berghammer sah aus wie das strahlende Leben, als er die Wohnung seines besten Freundes in München betrat. Er war leger gekleidet, ganz den frühsommerlichen Temperaturen entsprechend. Die dunkle Cordhose, das T-Shirt und die Turnschuhe fügten sich nahtlos in das Gesamtbild, das Lorenz abgab. Heute ebenso wie fast an jedem anderen Tag auch. Ben Freisinger begrüßte den Freund mit nicht ganz so strahlender Miene. Er wirkte völlig übernächtigt, hatte sich nicht rasiert und bot keinen berauschenden Anblick.»Hallo, Lorenz. Komm rein.«Als Lorenz das Wohnzimmer betrat, das nicht gerade durch übertriebene Ordnung glänzte, erfasste er sofort den Grund für Bens trübe Stimmung. Die Fotos. Er hatte sie doch wieder ausgegraben. Dabei waren mittlerweile schon Monate vergangen! Und es war Benjamin eine zeitlang auch wirklich gelungen, den Eindruck zu erwecken, er sei über die Sache hinweg.Lorenz zog die Augenbrauen hoch und grinste lausbübisch.»Ich weiß nicht, ob dieses ewige Singledasein deiner Wohnung wirklich gut tut. Vielleicht sollte ich dich mal mitnehmen. Du gehst in letzter Zeit zu wenig unter die Leute. Ich könnte dir ein paar wirklich hübsche Madln vorstellen, die-«Ben winkte bei diesen Worten direkt ab.»Doch!«, beharrte Lorenz auf seinem Vorschlag. »Du musst unbedingt wieder auf andere Gedanken kommen! Das geht doch so nicht weiter.« Lorenz deutete auf die Fotos, die überall verstreut lagen, während er vorsichtig einige beiseite schob und auf der Couch Platz nahm. Da war Christina in Farbe, Christina in schwarzweiß, Christina in sepia. Links, rechts, auf der Couch, auf dem Glastisch in der Mitte des Raums, auf der Stereoanlage, auf dem Fußboden ...»Es hat einfach keinen Zweck«, murmelte Freisinger niedergeschlagen und ließ sich Lorenz gegenüber in den Ledersessel sinken. »Sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann sie einfach nicht vergessen, Lorenz. Kannst du das nicht verstehen?«Lorenz betrachtete seinen Freund eine Sekunde lang, ohne ein Wort zu sagen. Er selbst war eher ein Draufgängertyp. Es gab kaum eine Party, die er ohne weibliche Begleitung wieder verließ. Er hatte nämlich keinerlei Schwierigkeiten damit, Frauengesichter hinterher einfach wieder zu vergessen. Aber die Sache zwischen Ben und Christina ... das war ernst. Das war keine nichtssagende Wochenendbekanntschaft. Hier waren ernsthafte Gefühle im Spiel, die ebenso ernsthaft verletzt worden waren.Es schien Lorenz nicht angebracht, einen weiteren lockeren Spruch von sich zu geben. Ben brauchte jetzt seine Hilfe als Freund. Lorenz nickte verständnisvoll.»Weißt du«, fuhr Benjamin fort, »wenn ich wenigstens einmal mit ihr reden könnte! Aber jedes Mal, wenn ich versuche anzurufen, wird sofort die Leitung unterbrochen. Ihr Vater schottet sie systematisch vor mir ab. – Er gibt mir nicht einmal die Chance, das Missverständnis aufzuklären! Selbst wenn es etwas wieder gutzumachen gäbe – keine Chance!«»Scheint ein echter Sturkopf zu sein, dieser Herr Papa ...«, erwiderte Lorenz nachdenklich.»Allerdings«, bestätigte Ben diese Vermutung. »Und jedes Mal, wenn ich glaube, ich könnte die ganze Geschichte einfach vergessen, erwacht wieder dieses Gefühl in mir. Diese felsenfeste Überzeugung, dass wir beide, Christina und ich, füreinander bestimmt sind. Dass wir wirklich zusammengehören. Und dass ich dringend irgendetwas unternehmen muss, um sie zurückzugewinnen!«Lorenz nickte und sagte plötzlich: »Und ganz genau das werden wir auch tun! – Wo genau lebt deine Traumfrau noch gleich?«»In St. Lilienau, Richtung österreichische Grenze.«»Gut. Wir fahren hin.«Benjamin sprang wie von der Tarantel gestochen auf.»Was?«»Wir fahren hin, mieten uns in einer günstigen Pension ein und klären diese Sache ein für alle Mal!«»Sag mal, weißt du eigentlich, was du da redest?«, fuhr Ben seinen Freund wütend an. »Ich kann ihrem Vater unmöglich gegenüber treten! Er würde mich schon vom Hof vertreiben, noch ehe ich einen Fuß auf sein Grundstück gesetzt hätte!«»Aber du und Christina, ihr müsst unbedingt miteinander reden«, wehrte Lorenz den Einwand ab. »Und ich lasse es nicht zu, dass das Lebensglück meines besten Freundes durch den Sturkopf eines uneinsichtigen Schwiegervaters zerstört wird!«Jetzt war auch Lorenz aufgestanden und fasste Benjamin bei den Schultern. »Verstehst du mich? Wir werden einen Weg finden, und nicht länger tatenlos hier in München sitzen, während du von Tag zu Tag unglücklicher wirst.«»Lorenz, du bist wirklich der beste Freund, den man sich wünschen kann – aber du hast mir scheinbar nicht zugehört. Ich darf es nicht einmal wagen, daran zu denken, mich in der Nähe des Sternberger-Hofs blicken zu lassen. Mein Gesicht ist für den alten Max wie ein rotes Tuch!«Jetzt grinste Lorenz Berghammer seinem Freund breit entgegen, und in seinen Augen blitzte es schelmisch. »Dein Gesicht vielleicht. Aber mein Gesicht kennt der alte Sternberger nicht. Du wirst sehen: Bald gibt es keinen Grund mehr, sich all diese Fotos hier anzuschauen. Denn du wirst die Liebe deines Lebens auf Händen tragen, und ihr direkt in die Augen sehen!«Ben kniff die Lippen fest zusammen, schluckte schwer und nickte Lorenz zu. Die Worte seines Freundes hatten ihm neue Hoffnung gegeben. Und das war schon eine ganze Menge wert. Er nahm eines der Fotos in die Hand, betrachtete es für einen Moment – und zum ersten Mal schlich sich die Andeutung eines Lächelns in seine Gesichtszüge. »Okay«, sagte er. »Wann fahren wir los?« »J a – die Christina! Das ist aber eine freudige Überraschung!«Johann Aigner, der Prälat von Sankt Lilienau, strahlte übers ganze Gesicht, kaum dass Christina Sternberger sich vom Sattel ihres Drahtesels geschwungen hatte. Sie trug ein schickes hellblaues Kleid, das ihren jungen Körper angemessen betonte.»Was führt dich denn hierher, Christina?«, fragte der Prälat und reichte dem Mädchen zur Begrüßung die Hand.»Einen schönen guten Morgen, Hochwürden«, grüßte Christina zurück. »Wie geht es Ihnen?«»Wann immer ich die Sternberger Christina antreffe, geht es mir ganz ausgezeichnet!«, erwiderte Prälat Aigner verschmitzt. »Viel zu selten lässt du dich hier bei uns blicken. Droben auf der Alm gibt es wohl immer reichlich zu tun, wie?«»Nun ja«, sagte Christina und erweckte einen leicht verlegenen Eindruck. »Es ist halt schon viel Arbeit. Aber ich mache sie mit Freude. Und wenn es dem Vater hilft – er ist ja nun auch nicht mehr der Jüngste.«Prälat Aigner nickte verständnisvoll. »Ja, der gute alte Max ... Manchmal befürchte ich, er übernimmt sich ein wenig. Aber er hört es nicht gern, wenn man ihn auf sein Alter anspricht. Und wann immer ich versuche, ihm die Vorzüge des Ruhestands nahe zu bringen-«»Oha!«, lachte Christina plötzlich und winkte ab. »Um Gottes Willen, Herr Prälat! Machen Sie das bloß nicht! Dann bürdet er sich gleich noch mal soviel auf und versucht zu beweisen, dass er noch allemal so stark ist wie ein junger Bursche! - Nein, daran sich zur Ruhe zu setzen, daran verschwendet mein lieber Herr Papa keinen einzigen Gedanken!«»Ja, was sind denn das für Manieren?«, erklang plötzlich eine Stimme hinter dem Rücken des Prälaten. Überrascht blickten sich Christina und Prälat Aigner an, wobei der Prälat eine schuldbewusste Miene aufsetzte. Im Türrahmen des Hauses war die gedrungene Gestalt seiner Haushälterin erschienen.»Frau Säxinger kennst du ja sicher noch, gell?«, zwinkerte Prälat Aigner der jungen Besucherin zu.Mina Säxinger war die gute Seele des Hauses. Auch wenn sie im Moment, mit entrüstet in die Hüften gestemmten Fäusten, eher wie eine strenge Studienrätin wirkte.»Ja, hat man so was denn schon einmal gesehen?«, rief sie in gespielter Empörung. »Lässt das Madl einfach vor der Türe stehen, statt es hereinzubitten und ihm ein Tässchen Kaffee anzubieten! – Komm nur, Christina! Der Johann bringt es fertig und redet den ganzen Tag mit dir draußen vor der Türe!«»Ja, also gerne ... wenn es Ihre Zeit zulässt ...?«, wandte sich Christina Sternberger an den Herrn Prälat.»Aber immer doch! Soviel Zeit muss schließlich sein! – Ach, und Frau Säxinger?«»Hm?«, gab die Haushälterin von sich.»Es wäre mein nächster Gedanke gewesen, die liebe Christina zu uns in die Stube zu bitten!«»Ja, ja – aber sicher doch!«Frau Säxinger winkte ab und verschwand wieder im Haus. Aber Johann hatte noch deutlich das verstohlene Lächeln auf den Lippen Minas bemerkt, ehe sie sich umgedreht hatte.»Also, Fräulein Sternberger – wenn ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen dürfte?«»Aber immer, gerne!«, antwortete Christina fröhlich. »Nur – den hier«, mit diesen Worten nahm sie den großen Einkaufskorb von ihrem Fahrrad, »den darf ich nicht vergessen!« »Was hast du denn da drin?«, fragte Johann, als sie die urgemütliche Wohnstube betraten. Christina versuchte ein geheimnisvolles Gesicht zu machen, was ihr aber nicht ganz gelingen wollte. Denn die Grübchen auf ihren Wangen verrieten, dass sie spaßte. »Das ist ... ein großes Geheimnis!«
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Ein romantischer Liebesroman
Der alljährliche Maiball von Sankt Lilienau entpuppt sich für Christina Sternberger als Feuerwerk der Gefühle!
Am Fuße der bayerischen Alpen, zwischen grünen Berghängen, Wäldern und idyllischen Seen, scheint das Liebesglück, auf das sie schon so lange hofft, endlich greifbar zu werden.
Als eines Tages ein unerwarteter Brief in Sankt Lilienau eintrifft, steht ihr beschauliches Leben plötzlich Kopf - und das wirbelnde Liebeskarussell beginnt sich immer schneller um die schöne Christina zu drehen ...
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