Zeitzeugen - Marschbefehl ins Ungewisse

B�cher Zeitzeugen

Ernst Albrecht

Marschbefehl ins Ungewisse

Eine au�ergew�hnliche Lebensgeschichte

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Leseprobe

Klappentext

Rezension

Autor

Buchdetails

Meine Zeit beim Reichsarbeitsdienst
�..
Das Gl�ck war mir ein wenig hold. Nach ein paar Tagen wurde ich zum Zweiten Zug verlegt. Hier erhielt ich eine eigene Baracke. Das gefiel mir nat�rlich sehr gut. Au�erdem wurde ich am 1. Februar 1944 zum Obervormann bef�rdert. Das gab mehr Sold. Mehr Geld war immer gut, besonders in diesen Zeiten.
Sp�ter kam ich dann zum Dritten Zug in den Fledder, einem Ortsteil von Osnabr�ck, in eine Schrebergarten-Kolonie neben den Kl�ckner Werken. - Es war ein Hin- und Herwandern in dieser Flakabteilung.

Auf diesem Gartengel�nde war eine Batterie der 3,7 Zentimeter Flak platziert. Unmittelbar neben dem Zweiten Gesch�tz schlugen sp�ter Bomben ein.
Die Alliierten gestalteten ihre Luftangriffe auf zivile Objekte inzwischen mit der Taktik, zuerst Brandbomben, danach Sprengbomben abzuwerfen um so die L�scheinheiten mit zu vernichten.
Daraufhin zogen wir in unserer Stellung den Schluss wenigstens vor unseren Wohnbaracken Wassergr�ben auszuheben und die Erde als Schutzwall vor die Behausung anzusch�tten und mit Rasenplatten abzudecken.

Wie bereits beschrieben, lagen wir mit unseren vier Flakgesch�tzen in der N�he der Kl�ckner Werke. Die Gesch�tze waren rund herum im Kreis von einem Erdwall von zirka 1,50 Meter H�he umgeben.
Die Zentral-Leitstelle k�ndigte uns eines Tages einen schweren Luftangriff aus Richtung Enschede an. Ein gro�er Pulk Bomber befand sich im Anflug auf Osnabr�ck. Das bedeutete nichts Gutes. Sofort ert�nte das Kommando:
� Alle Mann an die Gesch�tze!�
Dort hatten wir wenigstens durch die Splitterschutzw�lle Schutz vor den Sprengbomben.
Der vorangek�ndigte Bomberverband flog von S�den Osnabr�ck an. Er musste auf den Fledder zukommen.
Es herrschte klares Wetter, Sonnenschein. Bald erblickten wir die nahenden Flugzeuge am Himmel. Wir konnten sogar erkennen, wie die Bomben �ber den Schreberg�rten ausgeklinkt wurden. Es waren kleine Bombengr��en. Gleich darauf stellten wir fest, dass Phosphor-Brandbomben abgeworfen wurden. Diese sind mit selbstentz�ndlichem, schwer l�schbarem und hohe Temperaturen entwickelndem fl�ssigem Phosphor gef�llt.
In den Schreberg�rten sowie in unserer Stellung waren die ersten Einschl�ge zu verzeichnen. In unserer Stellung brannte es �berall. Wie durch ein Wunder blieben unsere Wohnbaracken vom Flammenmeer verschont. Explodierende Phosphor-Bombenteile flogen unberechenbar durch die Luft. Jeder versuchte sich zu sch�tzen, so gut es ging. Einige unserer Leute, darunter auch ich selbst, wurden von Phosphorteilen getroffen. Die Kleidung fing sofort Feuer, das sich immer wieder von selbst entz�ndete, sobald man glaubte es gel�scht zu haben. Die einzig wirksame Methode, die Flammen zu ersticken, war, sich l�ngere Zeit im losen Sand zu w�lzen. Danach schnell die Kleidung ausziehen. Etwas Derartiges hatte ich noch niemals erlebt.
In weiser Voraussicht hatten wir in allen wichtigen Bereichen losen Sand und gef�llte Sands�cke deponiert. �berall in unseren Batteriebereichen wurde herumgeschrieen und kommandiert.
Wie bereits erw�hnt, unsere Stellung war von Schreberg�rten umgeben. In mehreren G�rten brannten die Gartenh�user. Auch der H�hnerstall mit Gartenlaube unserer Nachbarn, einem �lteren Ehepaar, dem ich immer bei der Gartenarbeit geholfen hatte, war getroffen und brannte lichterloh. Ihre H�hner verbrannten im lodernden Feuer.
Das war aber noch nicht alles, das Schlimmste stand uns noch bevor. Wenige Augenblicke sp�ter entdeckten wir erneut den Anflug eines Pulks Bomber. Dieser warf nun Sprengbomben ab. Deutlich konnten wir wieder das Ausklinken der Bomben erkennen. Die Maschinen flogen n�rdlichen Kurs, aber mehr zu den Kl�ckner Werken. Ein Teppich von acht bis zehn Bomben fiel heulend in unsere Stellung und schlug einige Meter vom Zweiten Gesch�tz entfernt ein, wo sie explodierten und m�chtige Bombenkrater hinterlie�en. Die Mannschaft lag im Gesch�tzbereich hinter dem Schutzwall. Zahlreiche Bomben gingen in Richtung Kl�ckner Werke herunter.

Bei der guten Sicht, dem Erkennen der einzelnen Flugzeuge im Pulk, h�tte ein Zielbeschuss mit der 10,5 cm Flak, wie ich sie von der Heimatflak in Wilhelmshaven kannte, zum erfolgreichen Abschuss f�hren k�nnen. Mit einer 3,7 cm Kanone auf hochfliegende Objekte schie�en zu wollen, bleibt erfolglos. Der Einsatz dieser Flak-Batterien der Abtlg. 2/194 in Osnabr�ck war ein Witz. Man muss davon ausgehen, dass sie lediglich aufgestellt wurden um der Bev�lkerung Beruhigung zu bieten. In den vier Monaten meines Aufenthaltes bei dieser Flak-Abteilung war keines der Gesch�tze jemals zum Schuss gekommen.

Der diensttuende Flugmelder wurde zum Gl�ck nur leicht verwundet. Rasch hatten wir in unserer Batterie alles unter Kontrolle und konnten uns den Schaden ansehen. Soweit wir erkennen konnten, war unsere Umgebung noch glimpflich davongekommen. Neben unserer Zug-Befehlsstelle (ZB) war ein Mann in seinem Garten von den Phosphorbomben getroffen worden und verbrannt. Er lag als gekr�mmte, nackte, braune Leiche auf dem Boden.

Nie zuvor hatte ich so etwas gesehen. Warum mussten Menschen so elendig sterben?
Wir bekamen keine Zeit, diesen Gedanken zu Ende zu f�hren. Am Sch�ler Berg, s�dwestlich vom Fledder war eine am Hang gelegene Wohnhausreihe von den Bomben getroffen worden. Wir erhielten den Befehl, uns sofort dorthin zu begeben um Versch�ttete aus den Tr�mmern zu bergen.
M�hsam hatten wir uns an einem von Bomben getroffenen Wohnhaus bis in einen Keller vorgearbeitet. Mit vereinten Kr�ften gelang es uns, mehrere Personen wohlbehalten zu retten. Ein grauer Staub- und Brandschleier mit modrigem Geruch erf�llte den d�mmerigen Raum. �..

Meine Milit�rzeit
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Am Karfreitag, den 30. M�rz, konnten wir mit ansehen, wie bei klarem Himmel ein gro�er Bomberpulk der Alliierten in Richtung Wilhelmshaven flog. Als ich sp�ter, Ende 1945, Kontakt zu meiner Familie aufnehmen konnte, erfuhr ich, dass an jenem Tag tats�chlich der letzte und schrecklichste Angriff auf Wilhelmshaven stattfand.

Am Ostersonntagnachmittag, den 1. April 1945, verabschiedeten wir uns von der Familie de Bur. Auch von unseren Ausbildern und weiteren Vorgesetzten hie� es sich zu verabschieden. Wir mussten in offener Formation mit Vorsicht auf Jawos (feindliche Jagdflugzeuge) nach Apen zur�ckmarschieren. Hier stand ein G�terzug der Reichsbahn bereit, der uns am 2. April nach Huchting bei Bremen transportierte. Von dort marschierten wir durch Bremen zur�ck nach Sebaldsbr�ck. Weiter f�hrte uns die Fahrt mit dem Personenzug bis nach Ro�lau bei Dessau. Am 4. April erreichten wir in den Morgenstunden Rosslau. Im Kasernenbereich herrschte ein beim Milit�r un�bliches Durcheinander.
In Rosslau wurden wir irgendwie zu neuen Kompanien zusammengebastelt. Es entstanden die drei Divisionen Ulrich von Hutten, Potsdam und Scharnhost. Unsere Offiziersschule L�beck wurde der Division Scharnhorst, Regiment Langmeier zugeteilt, deren Kommando Oberst G�tz inne hatte.
Noch am Abend mussten wir mit ganzem Marschgep�ck nach dem etwa sechzehn Kilometer entfernten Zerbst marschieren. Am 5. April, morgens gegen drei Uhr erreichten wir die Gneisenau-Kaserne in Zerbst, wo wir unsere Unterkunft auf dem Dachboden erhielten.

In schlechter Unterbringung mit noch schlechterer Verpflegung lagen wir hier eine Woche in lockerer Alarmbereitschaft. F�r unsere n�chste unbekannte Zukunft erhielten wir einige Dosen Schokakola und eine kleine Dose, zirka einhundert Gramm Schweinefleisch als Gefechtsverpflegung.

Es war sogar erlaubt, gelegentlich in die Stadt zu gehen. Das war erheblich von Vorteil, denn auf diese Weise erfuhren wir von Zerbster Einwohnern Neuigkeiten �ber die Kriegslage in Deutschland, zum Beispiel, dass der Ami bereits vor der Elbe stand. Dies war unsere einzige Informationsquelle. In Zerbst war den Leuten zwar bekannt, dass wir zur neuen Kampfeinheit zusammengestellt wurden. Hoffnung und Zuversicht stand allerdings nicht in ihren Gesichtern. �..

Das Unheil von G�tergl�ck
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Bis zum Beginn eines Angriffs auf G�tergl�ck mussten wir an der Bahnlinienb�schung ausharren. Morgens gegen f�nf Uhr des 16. April begann der Angriff. Unsere Kompanie ging parallel der Eisenbahnlinie in Sch�tzenreihe bis zum Bahnhof etwa f�nfhundert Meter weit vor. Allen voran der Kompanief�hrer. Es dauerte nicht lange, da kam Leutnant Meindel uns schon wieder entgegen. Sein linker Unterarm blutete. Er hielt den Arm hoch. Bei uns angelangt, ert�nte abermals sein Schlagwort:
�Schlagt euch gut!�
Wir hatten den Eindruck, dass er erleichtert war, den R�ckzug antreten zu k�nnen. Irgendwie kam uns das Ganze recht fragw�rdig vor. Ab und zu h�rten wir sto�weises Maschinengewehrfeuer, kannten jedoch weder die Lage noch die Angriffstaktik. So bewegten wir uns nichts ahnend am Rande eines Abgrundes. Diesen Bl�dsinn h�tten wir mit Bubi (unserem F�hnrichsvater) nicht erlebt. Der h�tte uns gesagt, worum es geht und was getan werden musste.
Mittlerweile hatten wir den Bahnhof passiert und bogen unter Deckung in eine Bahnunterf�hrung auf das Dorf zu. Eigentlich war es mehr eine H�userreihe. Pl�tzlich war Maschinengewehrfeuer zu h�ren. Ein Sturmgesch�tz stand vor uns auf der Stra�e. Ab und zu bewegte es sich langsam vorw�rts. Es musste wohl bereits vor unserem Eintreffen einen Ami-Panzer au�er Gefecht gesetzt haben, denn dieser stand quer auf der Dorfstra�e und brannte noch. Entlang der meisten Geb�ude, die sich auf der rechten Stra�enseite befanden, gingen wir unter Deckung vorw�rts. An einer Scheune erblickten wir abermals einen Ami-Panzer, der gleichfalls vom Sturmgesch�tz getroffen war. Beim weiteren Vorgehen wurde Unteroffizier Burgard leicht verwundet. Wir konnten ihn f�rs Erste verarzten und in Richtung Bahnhof zur�ckschicken.
Das Sturmgesch�tz fuhr bis auf ungef�hr drei�ig Meter auf den abgeschossenen Ami-Panzer zu, blieb stehen und hielt die Stra�e unter Kontrolle. Wir zogen unter Deckung, auf der rechten Stra�enseite entlang nach vorne, wo der Ami-Panzer auf der Stra�e stand. Auf der linken Seite bot ein langes, freies Feld keinerlei Schutz. Vor dem Ami-Panzer reihten sich auf der linken Stra�enseite einige Bauernh�user mit Scheunen oder �hnlichen Geb�uden. Beim ersten Bauernhaus auf der linken Seite gingen wir zun�chst auf einem Feldweg neben einem Garten, dann auf einem Acker, der zwischen dem Bahndamm und der Dorfstra�e sowie dem Geh�ft lag, von hinten durch einen kleinen Kuhstall. Danach immer in Deckung �ber den Hof bis zur Stra�e. Rechts neben dem Ami-Panzer rannten wir in eine offene Toreinfahrt in ein gegen�berliegendes kleines Geh�ft auf der rechten Stra�enseite. Hier standen einige Pferdekutschen unter Dach. Man konnte gerade so eben an den Kutschen vorbei bis zu einer Geh�fteinfriedigungsmauer gelangen. Eine gemauerte T�r�ffnung f�hrte zu einem gro�en Garten. Ehe wir uns versahen, war G�nter Jack, der auch mit uns in L�beck war, dort hineingelaufen oder gesprungen. Augenblicklich traf ihn eine MG-Garbe (Salve). Also mussten die Amis uns schon genau gesehen oder geh�rt haben. G�nter schrie:
�Mein Arm, mein Arm!�
Durch diesen Vorfall gewarnt, wollte ich wissen, wo sich der Feind aufhielt. Vorsichtig guckte ich neben der Wand in den Garten nach links. Die Amis sahen dies und ballerten sofort auf die Mauer zu, dass uns die Steinsplitter nur so um die Ohren flogen. Diesen Vorgang wiederholte ich mit dem Stahlhelm in der Hand. Abermals Sch�sse. Dasselbe noch einmal, allerdings f�nfzig bis sechzig Zentimeter �ber dem Boden. Keine Reaktion. Das hatten die Amis wohl nicht sehen k�nnen. Also robbten zwei von uns zu G�nter hin und zogen ihn hinter die Mauer zur�ck.
Wir brachten ihn in den gegen�berliegenden Kuhstall, von wo wir zuvor gekommen waren. Behutsam legten wir ihn auf das Stroh und untersuchten seine Verletzung.
Der linke Unterarm war vollkommen zerfetzt. Ein Explosivgeschoss, das nach dem Einschuss explodiert und das K�rperteil von innen auseinander rei�t, hatte dies verursacht. �..

Gefangen im Todeslager
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Obwohl gerade erst zwei Tage vergangen waren, kam uns die Zeit der trockenen Gefangenschaft unendlich lange vor, bis schlie�lich Bewegung in unser stumpfsinniges Dasein kam. An einem Nachmittag, gerade mal zwei Tage nach der Gefangennahme, es war der 18. April, wurden wir auf Milit�rlaster verladen. Ich erinnere mich, dass es drei Lkws waren. Unterwegs gen Westen in einem abseits gelegenen Dorf an der Weser wurden wir nach stundenlanger Fahrt in eine Scheune geschleust, in der wir �bernachteten. Ob wir am n�chsten Morgen etwas zu trinken fanden, wei� ich nicht mehr so genau. Zu essen gab es jedenfalls nichts.
Abermals wurden wir auf die Lkws geschickt. Jetzt waren wir vier Kameraden nicht mehr zusammen. Christel Bollmann und Horst Peters befanden sich auf dem vorausfahrenden Wagen. Gemeinsam mit Werner L�tzer wurde ich auf dem nachfolgenden Fahrzeug transportiert. Dort entdeckten wir zwei Ami-Decken, die wir uns kurzerhand zum Schutz gegen den eisigen Fahrtwind aneigneten.
Sp�t abends erreichten wir die vollkommen zerst�rte Stadt Wesel. Wir �berquerten den Rhein auf einer Pontonbr�cke und kamen am 19. April nachts in Rheinberg an. Hier waren mit Stachel-drahtrollen Lagerfelder abgeteilt worden, worin man uns beorderte. Beim Absteigen vom Lkw nahmen wir unter aller Vorsicht die beiden Ami-Decken mit. Das war gut, denn sie sollten in der n�chsten Zeit unser einziger Schutz gegen Wind und Wetter sein.
Es war ein kalter, unangenehmer April mit h�ufigem Schneefall, Regen und Nachtfr�sten. In der Morgend�mmerung sahen wir, dass wir in der N�he einer Bahnlinie �bernachtet hatten. �bernachtet? Gestanden, zusammengehockt, wie das so m�glich war auf freiem Feld. An Schlaf war in dieser Situation �berhaupt nicht zu denken.
Am Tage stellten wir fest, dass Gefangene � Prisoner of War (PW) � an anderen Stellen im Gel�nde Z�une errichteten. Zwei oder drei Wacht�rme waren bereits erbaut, die jeweils mit zwei Amis besetzt waren. Un�bersehbar ragte ein Maschinengewehr �ber die Br�stung des Turmes, wachsam und lauernd. Wer sich dem Zaun zu sehr n�herte, konnte damit rechnen, dass ein schie�w�tiger Ami gnadenlos auf ihn ballerte. Der Gedanke an Flucht wurde damit schon im Keim erstickt. �..

Auf nach Frankreich
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Innerhalb k�rzester Zeit war ein G�terzug-Transport mit vielen hundert Gefangenen zusammen-gestellt. Wir wurden eng mit den anderen Soldaten in einen Waggon gepfercht. Traten menschliche Bed�rfnisse auf, blieb uns nichts anderes �brig als in eine Konservendose die Notdurft zu zielen, die w�hrend der Fahrt durch die schmalen Luken hinausbef�rdert wurde. Was sollten wir sonst machen?
Unsere F��e schmerzten so schlimm, dass wir die Schuhe auszogen. Dabei konnten wir zusehen, wie sie anschwollen. Jedoch konnten wir nichts dagegen unternehmen. Zur Abk�hlung zogen wir lediglich unsere Str�mpfe aus um etwas Luft an die F��e zu lassen. Stehen konnten wir schon nicht mehr, also hockten wir uns in eine Ecke des Waggons, sobald wir eine ergattern konnten.
Als angehende Arbeiter f�r Frankreich erhielten wir zu Beginn der Fahrt eine Sonderration der Verpflegung, die wir uns entsprechend einteilten.
Der Transport durch Belgien und Frankreich bis zum f�nfhundert Kilometer entfernten Attichy (zwischen Paris und Reims) war derma�en entw�rdigend und niederschmetternd, fast vergleichbar mit einem Spie�rutenlauf, dass uns ein sehr unbehagliches Gef�hl �berkam. Die vier Waggon-Luftklappen waren mit Rundeisenstangen versperrt, damit normalerweise Tiere oder jetzt auch wir Menschen nicht hinaus konnten. Wiederholt flogen Steine durch diese �ffnungen, besonders dann, wenn der Zug zum Stillstand kam oder durch einen Bahnhof fuhr. Zum Gl�ck hatten wir einen geschlossenen Waggon, sonst h�tte es ganz �bel f�r uns ausgesehen. Von Br�cken aus zielte die aufgebrachte Bev�lkerung mit verschiedenen Geschossen auf diese L�cher. Manch einer von uns wurde von Steinen getroffen und verletzt.
Die Gestik der Leute sowie ihre Beschimpfungen, wovon wir nur �Hitler� und �Nazis� verstanden, spiegelten eine unendliche Wut wider, die uns absolut unverst�ndlich war. Sogar das Ausgie�en von Jaucheeimern �ber die Waggons mussten wir ertragen. Ein Bild vergesse ich mein Leben lang nicht: Auf einer Br�cke zog eine alte Frau ihre Hose herunter und pinkelte auf uns herab. Diese extremen Szenen traten dann angeh�uft auf, wenn der Zug langsam fuhr oder anhielt. Wir gewannen den Eindruck, dass die Amis, die als Wachpersonal mitfuhren, diese Vorkommnisse regelrecht herausforderten.
F�r uns junge Soldaten war dieses Verhalten v�llig schweinisch, erniedrigend und unverst�ndlich. Wir f�hlten uns getroffen und wussten nicht einmal wof�r. Immer wieder fragten wir uns, was wir oder �berhaupt die Deutschen dem Volk angetan hatten. Erst nach dem Kriege erfuhren wir, was deutsche Spezialeinheiten in verschiedenen L�ndern angerichtet hatten. Aufgrund unseres jugendlichen Alters kamen wir gottlob nie zu derartigen Kommandos. Waren wir froh und erleichtert, als diese schreckliche Fahrt ihr Ende fand.
Vom Bahnhof Attichy war es noch ein langer, beschwerlicher Fu�weg bis zum Gefangenenlager, das auf einem H�gel-Plateau lag. Mit viel M�he zogen wir wieder unsere Schuhe, ohne Str�mpfe, an und qu�lten uns mit gro�er Anstrengung und gewaltigen Schmerzen bis zum Lager. Manch einer unserer Mitgefangenen schaffte es nicht mehr und blieb v�llig entkr�ftet am Wegesrand liegen. Hinterher erfuhren wir, dass dieser Transport vielen Kriegsgefangenen das Leben gekostet hatte.
Restlos ersch�pft und kraftlos erreichten wir abends in der D�mmerung das Lager. Die erste Nacht mussten wir im Vorlager verbringen. Ein bestimmter Bereich durfte von uns Gefangenen nicht �berschritten werden. Damit das eingehalten wurde, sollten sich drei von uns Neulingen melden, die darauf achteten. Ich war sofort dabei, denn daf�r erhielten wir ein halbes Wei�brot, ungef�hr 500 Gramm und eine Dose Thunfisch. Das Brot brachen wir in vier gleiche Teile, wozu jeder etwas von dem Fisch bekam. Viel war es nicht, aber besser als gar nichts. �..

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